Doch die Unterstützung des einen kann zur Belastung des anderen werden: Rund 20 Prozent aller pflegenden Angehörigen in Deutschland leiden unter einer Depression. Auch Angst- oder Schlafstörungen kommen gehäuft vor. Insgesamt leidet etwa die Hälfte aller Pflegepersonen an psychischen Problemen, deutlich mehr als nicht-pflegende Menschen. Auch körperlich sind pflegende Angehörige belastet: Jede sechste Pflegeperson musste 2014 wegen Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen zum Arzt, bei nicht-pflegenden Personen war nur jeder Zehnte betroffen.
Die eigene Belastung ist hoch oder sehr hoch
In Deutschland gibt es derzeit rund 2,6 Millionen Pflegebedürftige. Deren Zahl könnte sich den Demografen zufolge bis 2050 verdoppeln. In Heimen lebt derzeit nur ein Fünftel aller Pflegebedürftigen. Stattdessen werden 70 Prozent aller Pflegebedürftigen nach wie vor zu Hause versorgt. Als Pflegende springen die Kinder oder die Partnerinnen und Partner der Betroffenen ein. Ohne sie würde das Pflegesystem zusammenbrechen, sagte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Zusätzlich zur Datenanalyse hat die DAK-Gesundheit eine repräsentative Forsa-Befragung in Auftrag gegeben. Danach schätzt über die Hälfte der pflegenden Angehörigen die eigene Belastung als hoch oder sehr hoch ein. Viele fühlen sich manchmal körperlich (50 Prozent), psychisch (68 Prozent) oder zeitlich (71 Prozent) überfordert von der Pflege. Sowohl Belastung als auch Überforderung steigen an, wenn die gepflegte Person dement ist. Bei jedem dritten Befragten ist das der Fall.
DAK startet Pflegecoach
Trotzdem sind externe Hilfsangebote nur zum Teil bekannt und werden verhältnismäßig selten genutzt: So wissen laut Forsa-Befragung zwei von drei Angehörigen, dass die Pflegekassen kostenlose Kurse anbieten. Nur ein Fünftel jedoch hat diese Möglichkeit bereits genutzt. „Dass solche Angebote in so geringem Maße in Anspruch genommen werden, stimmt nachdenklich“, sagt der Gesundheits- und Rechtswissenschaftler Thomas Klie von der Universität Klagenfurt.
Laut Klie nimmt die Bereitschaft ab, sich über Jahre hinweg alleine um die Pflege eines Angehörigen zu kümmern. Stattdessen seien andere Optionen zu denken, wie zum Beispiel das Modell der „sozialen Nachbarschaft“. Hier helfen sich Angehörige, Nachbarn und andere gesellschaftliche Gruppen gegenseitig. DAK-Vorstand Rebscher kann sich auch generationenübergreifende Quartiere oder gar ganze Dörfer, in denen Alte und Junge zusammen leben und sich umeinander sorgen vorstellen.