Alzheimer
In Erlan­gen ist man dem Geheim­nis der Alzhei­mer-Krank­heit auf der Spur

Ein mögli­cher neuer Thera­pie­an­satz könnte die Lebens­be­din­gun­gen und langfris­tige Perspek­tive von Alzhei­mer-Patien­ten entschei­dend verbes­sern: Ab sofort läuft am Univer­si­täts­kli­ni­kum Erlan­gen eine zweijäh­rige Studie, die eine Kombi­na­ti­ons­the­ra­pie aus zwei verschie­de­nen Wirkstof­fen im Kampf gegen den schritt­wei­sen Gedächt­nis­ver­fall erprobt. Dabei handelt es sich einer­seits um Galan­ta­min, der bereits für die Behand­lung einer leich­ten bis mittel­schwe­ren Alzhei­mer-Demenz einge­setzt wird.

Es hemmt den Abbau des wichti­gen Boten­stoffs Acetyl­cho­lin, der zum Erhalt der Nerven­zel­len im Gehirn beiträgt. Neu ist die Kombi­na­tion des Medika­ments mit dem pflanz­li­chen Wirkstoff Cotinin: Dieser sorgt dafür, dass die Nerven­zel­len den Boten­stoff Acytyl­cho­lin gut erken­nen können und unter­stützt dadurch die Kommu­ni­ka­tion zwischen den Nerven­zel­len. Beide Wirkstoffe reduzie­ren außer­dem die für die Krank­heit so typischen schäd­li­chen Ablage­run­gen des Prote­ins Beta-Amyloid.

Gemein­nüt­zige Stiftung unter­stützt Forschungs­ar­bei­ten mit Förde­rung

Leite­rin des Forschungs­pro­jekt ist Johanna Haber­meyer, Mitar­bei­te­rin der Experi­men­tell-Thera­peu­ti­schen Abtei­lung des mittel­frän­ki­schen Univer­si­täts­kli­ni­kums. Sie will unter­su­chen, ob sich die beiden Medika­mente in ihrer Zusam­men­wir­kung gegen­sei­tig ergän­zen. „Trotz inten­si­ver Forschung sind die verfüg­ba­ren Medika­mente nur für einen gewis­sen Zeitraum wirksam und helfen vor allem bei sehr langer Behand­lungs­dauer immer weniger. In meinem Projekt möchte ich unter­su­chen, ob die Kombi­na­tion aus dem Medika­ment Galan­ta­min und dem Wirkstoff Cotinin das Poten­tial hat, den Patien­tin­nen und Patien­ten länger und nachhal­tig helfen zu können“, erklärt die Wissen­schaft­le­rin.

Für die Langzeit­stu­die gibt es eine große finan­zi­elle Unter­stüt­zung: Die gemein­nüt­zige Alzhei­mer-Forschung-Initia­tive fördert das Forschungs­pro­jekt mit 48.133 Euro. Die 1995 gegrün­dete gemein­nüt­zige Organi­sa­tion mit Sitz in Düssel­dorf hat sich dem Kampf gegen Alzhei­mer, die bei weitem häufigste Demenz­form, sowie der Infor­ma­tion von Betrof­fe­nen und Angehö­ri­gen verschrie­ben und hat bis heute 327 Forschungs­ak­ti­vi­tä­ten mit insge­samt 13,3 Millio­nen Euro unter­stützt, sowie über 900.000 Ratge­ber und Broschü­ren an Betrof­fene und Angehö­rige verteilt.

Mit Beginn der Förder­runde 2022 kann die AFI zwölf neue Forschungs­pro­jekte mit insge­samt 1.066.703 Euro unter­stüt­zen – darun­ter ist die Studie am Unikli­ni­kum Erlan­gen, sowie elf weitere. Damit ist die AFI ist der größte private Förde­rer der Alzhei­mer-Forschung an deutschen Univer­si­tä­ten und öffent­li­chen Einrich­tun­gen.

Alzhei­mer seit weit über 100 Jahren bekannt – Langsa­mer geisti­ger Verfall als Kennzei­chen

Auch weit mehr als 100 Jahren nach ihrer Entde­ckung ist die Alzhei­mer-Erkran­kung bis heute nicht heilbar. Die Symptome können nur gelin­dert, das Voran­schrei­ten der Erkran­kung durch gezielte Medika­tion verzö­gert werden. Erstmals im Jahr 1906 durch den Namens­ge­ber, den deutschen Neuro­lo­gen Dr. Alois Alzhei­mer, beschrie­ben, hatte die Wissen­schaft Jahrzehnte gebraucht, um den Ursachen des geisti­gen Verfalls vollends auf die Spur zu kommen.

Typisch für diese tücki­sche Krank­heit ist das Abster­ben von Nerven­zel­len und Entste­hen der Beta-Amyloid-Prote­in­ab­la­ge­run­gen im Gehirn, was bei Patien­ten zu zuneh­men­der Vergess­lich­keit, Verwir­rung und Orien­tie­rungs­lo­sig­keit führt; Urteils­ver­mö­gen und Sprach­fä­hig­keit lassen nach – verbun­den mit häufi­gen Wortfin­dungs­stö­run­gen.

Auch Persön­lich­keit und Verhal­ten können sich im Verlauf der Erkran­kung drama­tisch ändern, in Richtung von Unruhe, Aggres­sion und depres­si­ven Tenden­zen. Vor allem das Kurzzeit­ge­dächt­nis ist betrof­fen – während sich Patien­ten relativ lange an Ereig­nisse etwa in ihrer Kindheit zurück­er­in­nern können. Im Durch­schnitt haben Betrof­fene eine Lebens­er­war­tung von sieben Jahren ab der ersten Diagnose.

Unter dem Sammel­be­griff Demenz, der mehr als 50 einzelne Erkran­kungs­bil­der zusam­men­fasst, ist Alzhei­mer die mit Abstand häufigste Diagnose: Sie umfasst rund zwei Drittel der Fälle. Rund 1,2 Millio­nen Menschen leben schon heute in Deutsch­land mit Morbus Alzhei­mer; jährlich erhal­ten rund 200.000 Menschen die Diagnose. Es ist zu erwar­ten, dass die Zahl der Betrof­fe­nen in den kommen­den Jahrzehn­ten stark ansteigt. Ursache ist der demogra­fi­sche Wandel und die zuneh­mende Überal­te­rung.

Alter ist größter Risiko­fak­tor

Denn Alter ist der bei weitem größte Risiko­fak­tor für das Entste­hen dieser Erkran­kung; die Erkran­kung gilt jedoch als nicht, bezie­hungs­weise nur in absolu­ten Ausnah­me­fäl­len, als erblich. Alzhei­mer lässt sich zwar nicht vorbeu­gen, das Erkran­kungs­ri­siko jedoch entschei­dend vermin­dern. Wichtige Fakto­ren, um einer späte­ren Erkran­kung im Alter entge­gen­zu­wir­ken, sind ausrei­chende Bewegung, das Pflegen von sozia­len Kontak­ten, gesunde Ernäh­rung sowie regel­mä­ßige Übungen zur geisti­gen Fitness. Weitere Präven­ti­ons­tipps, sowie Infor­ma­tio­nen für Betrof­fene, hält die Alzhei­mer-Forschung-Initia­tive auf ihrer Website bereit.