Bürokratie belastet Betriebe in ohnehin angespannter Wirtschaftslage
Die Liste der im vergangenen Jahr erlassenen Gesetze der Bundesregierung, aber auch der Europäischen Kommission, ist lang. Sehr lang.
Was das gerade für mittelständische Betriebe bedeutet, wird erst klar, wenn man sich die Umsetzungspflichten anschaut, die sie zu stemmen haben. Viele davon betreffen jede einzelne Stufe der Lieferkette bis hin zu den Gesundheitseinrichtungen selbst.
Es ist daher nicht überraschend, dass gerade aus dem Mittelstand die Forderung nach einer Bürokratieentlastung immer lauter wird. Das Wort Bürokratie geistert immer häufiger durch die Medien. Aber bedeutet es konkret?
Schauen wir uns ein paar Beispiele an: Aktuell heiß diskutiert wird das so genannte Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz bzw. die entsprechende europäische Richtlinie dazu, die CSRD. Das Ziel des Gesetzes ist nachvollziehbar – Menschenrechte und Umweltschutz sollen entlang der gesamten Lieferkette beachtet und durchgesetzt werden.
Aktuell müssen nach dem deutschen Lieferkettengesetz alle Unternehmen ab 1.000 MitarbeiterInnen entsprechende Maßnahmen einführen, Das bedeutet:
- Berichtspflichten
- Dokumentationspflichten
- Präventionsmaßnahmen
- Einrichtung eines Risikomanagements.
Der Entwurf der europäischen Richtlinie CSRD würde diese Pflichten auch auf kleinere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ausweiten.
Nachweispflichten zusätzliche Belastung
All diese Nachweispflichten sind eine zusätzliche Belastung, es müssen teilweise neue MitarbeiterInnen eingestellt werden, die sich nur damit beschäftigen.
Der DTV setzt sich hier für eine einfache, unbürokratische und standardisierte Berichterstattung ein, insbesondere für die kleineren und im europäischen Markt tätigen Unternehmen, die ohnehin wenig Einfluss auf die internationalen Lieferketten haben und an die europäischen Gesetze gebunden sind.
Ende 2023 wurde zudem das Energieeffizienzgesetz verabschiedet. Auch aus diesem Gesetz ergeben sich weitere Belastungen: Je nach Unternehmensgröße müssen sie Energiemanagementsysteme einführen mit den dazugehörigen Berichtspflichten: das Durchführen von internen und externen Audits, Messungen von Abwärme in der Produktion, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und Investitionen in Energiesparmaßnahmen – all das wird viel Geld und Personalaufwand, bei überschaubarem Effekt/fragwürdigem Nutzen kosten. Auch die Gesundheitseinrichtungen selbst!
Ebenfalls im vergangenen Jahr trat das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten, ein internes Hinweisgebersystem einzurichten, durch das MitarbeiterInnen vertraulich Verstöße gegen Gesetze oder andere verbindliche Regelungen melden können.
Diese Beschäftigten werden so vor Repressalien geschützt. Sicherlich ein gutes (lobenswertes?) Ziel, allerdings sind die Rechtsverstöße in Unternehmen in der Regel nicht so zahlreich und die Unternehmensstrukturen oft nicht so, dass es eines solch aufwendigen Systems bedarf. Dennoch: Alle Unternehmen haben nun diesen zusätzlichen Aufwand oder müssen ein System extern einkaufen.
Aufwand steigt und steigt
Dies sind nur drei Beispiele dafür, wie durch neue Gesetze der bürokratische Aufwand für die meisten Unternehmen stetig gewachsen ist. Es gibt noch viele weitere.
Auch die Gesundheitseinrichtungen sind wie ihre Dienstleister davon betroffen. Und das in einer Situation, in der ohnehin die Bürokratie und die damit verbundene Belastung in der Pflege und Medizin schon enorm hoch sind. Entlastung ist nicht in Sicht, weitere Gesetze auch für dieses Jahr geplant.
Der DTV fordert daher einen Stopp der weiteren Bürokratie-Belastung und den Abbau so mancher überflüssiger Gesetze und Vorschriften.
In einer wirtschaftlichen Lage, die man – gerade für den Gesundheitssektor – als deutlich angespannt bezeichnen kann, sollten solche zusätzlichen externen Belastungen deutlich reduziert werden. Zum Wohle des Pflegepersonals, der Patienten, aber auch der gesamten Gesundheitswirtschaft.
Das vor vielen Jahren einmal propagierte Ziel des „one in, one out“ – also dass beim Erlassen einer neuen Vorschrift eine alte wegfallen muss – ist vollständig in Vergessenheit geraten und Brüssel und Berlin wetteifern inzwischen um die schärferen und schnelleren Gesetze. Das lähmt die Wirtschaft und schadet dem für Deutschland so wichtigen Mittelstand.
Ohne Fach- und Arbeitskräfte droht ein Pflege- und Versorgungsnotstand
Dem Gesundheitswesen fehlt es an Fach- und Arbeitskräften. Das ist nun seit Jahren hinlänglich bekannt. Und es fehlt an Geld. Und auch den textilen Dienstleistern fehlen inzwischen Arbeitskräfte.
Die Bundesarbeitsagentur rechnet selbst bei konstanter Migration und steigenden Erwerbsquoten – beispielsweise durch mehr Frauen in Arbeit – dennoch mit einer Abnahme der Erwerbspersonen um 6 Prozent.
Zwar werden gerade für die Pflege enorme Anstrengungen getätigt, um in verschiedenen Ländern der Erde Pflegekräfte zu gewinnen. Dennoch ist es ein Wettlauf mit der Demografie in Deutschland. Und den textilen Dienstleistern geht es ebenso.
Gerade die bürokratischen Hürden bei der Einstellung von Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland sind in Deutschland immer noch enorm.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz geht zwar in die richtige Richtung. Gerade für das Gesundheitswesen und ihre Zulieferer muss aber noch mehr getan werden, um die Lücken zu füllen. So muss beispielsweise die Visum-Vergabe deutlich schneller werden – in einigen Ländern warten qualifizierte Fachkräfte monatelang auf ihr Visum.
Außerdem sollten Arbeitsagenturen Einrichtungen und Dienstleister aktiv bei der Fachkräftegewinnung im Ausland unterstützen. Um die immer größeren Lücken in der Belegschaft zu füllen, brauchen die Einrichtungen ebenso wie die Unternehmen jetzt dringend Qualifizierungsprogramme, schnellere Integration in den Arbeitsmarkt, aber auch mehr Betreuungsangebote.
In Ausbildungsprogramme und ‑einrichtungen muss der Staat deutlich stärker investieren, insbesondere auch in deren Digitalisierung.
Die Auszubildenden von heute sind die Modernisierungs- und Transformationsfachkräfte der Zukunft. Fachkräftesicherung ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Denn Voraussetzung für alle anderen Transformationen– Klimawende, Energiewende, Verkehrswende – ist eine Bildungswende hin zu gleichwertiger gesellschaftlicher Anerkennung von beruflicher und akademischer Bildung – auch in der Pflege und im Handwerk.
Sichere Energieversorgung und Investitionen in die Energieinfrastruktur
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Energiepreise in Deutschland ein Fallstrick für die industrieorientierte deutsche Wirtschaft sein können.
Die Energiepreise hierzulande sind deutlich höher als in vielen, auch angrenzenden Ländern. Zwar schreitet der Ausbau der erneuerbaren Energien voran, allerdings müssen wir in den kommenden Jahren noch sehr viel mehr tun, um zu einer verlässlichen und wettbewerbsfähigen Energieversorgung zu kommen. Sowohl durch den Aufbau von Speicherkapazitäten, den Aufbau von Wasserstoffkraftwerken für eine wetterunabhängige Versorgung und insbesondere einen Ausbau der notwendigen Netzstruktur für die Energieversorgung, beispielsweise in bessere Stromnetze.
Der DTV fordert eine Kraftwerksstrategie inklusive des Neubaus wasserstoff-fähiger Gaskraftwerke und verlässliche Rahmenbedingungen für eine sichere Energieversorgung auch der Wäschereien, die auf bezahlbare Energie dringend angewiesen sind, um die Hygiene auch in Zukunft sicherstellen zu können.
Kreislaufwirtschaft nicht nur denken, sondern auch umsetzen
Gerade dort, wo bereits nachhaltige und kreislauforientierte Geschäftsmodelle bestehen, sollte der Staat als Vorbild agieren. Schon heute könnten in vielen Bereichen recyclingfähige statt Wegwerf-Produkten ausgeschrieben werden.
Der Textilservice ist dafür das beste Beispiel: Mit seinem Product-as-a-service Modell bietet er ein großes Potenzial nicht nur der Ressourceneinsparung, sondern auch einen wirklichen Kreislauf der Produkte zu erreichen. Ausschreibungen im textilen Bereich sollten daher wo immer möglich, solche Produkte bevorzugen. In Italien gibt es inzwischen ein Gesetz, das besagt, dass bei einer öffentlichen Ausschreibung das Mehrwegprodukt der Einweglösung immer vorgezogen werden muss, beispielsweise im Bereich der OP-Textilien.
Ein stringentes Umsetzen von Kreislaufwirtschaft würde das Geschäftsmodell der textilen Dienstleister stärken. Denn sie sorgen dafür, dass Textilien so lange wie möglich genutzt, repariert und dann gesammelt einem Recycling zugeführt werden. Berge an Einwegprodukten würden so ersetzt, für deren Produktion und Transport aus aller Welt erheblich mehr CO2 entsteht.
Forderung: Rahmenbedingungen schaffen
In all diesen Punkten ist die Politik gefordert, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen – aber auch, die Einrichtungen und Unternehmen von unnötiger Bürokratie wo immer möglich zu entlasten, statt immer neue Gesetze aus der Taufe zu heben. Für die es immer mehr Beschäftigte in Behörden geben muss statt beispielsweise in den Gesundheitseinrichtungen und bei den textilen Dienstleistern, denen die Arbeitskräfte zunehmend fehlen.
Von Beate Schäfer