Sachverhalt
Fixierung im Fokus: Der Betroffene liegt auf der Intensivstation eines Klinikums und leidet an den Folgen eines schweren offenen Schädel-Hirn-Traumas.
Nach dem ärztlichen Zeugnis der behandelnden Krankenhausärztin ist er zeitweise delirant, hat zurzeit keine ausreichende Krankheitseinsicht, ist zu keiner freien Willensbildung hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit seiner Verletzung in der Lage und vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht zu erkennen.
Die den Betroffenen gemäß § 1358 BGB vertretende Ehegattin beantragt beim AG Offenburg dessen Fixierung mittels Drei- oder Fünfpunkt, das Anbringen eines Bettseitenteils und das Anbringen eines Gurtes und/oder Tischbrettes an der Sitzgelegenheit gerichtlich zu genehmigen.
Entscheidung
Dem Antrag ist insgesamt zu entsprechen. Die Einwilligung der vertretenden Ehegattin in folgende freiheitsentziehende Maßnahmen:
- Anbringen eines Bettseitenteils
- 3- oder 5‑Punkt-Fixierung im Bett
- Anbringen eines Gurtes und/oder Tischbrettes
an der Sitzgelegenheit wird bis längstens 17. April 2023 vorläufig genehmigt, wobei sich in Bezug auf die Fixierung der Arzt bzw. die Ärztin vor und während der Maßnahme von deren Unbedenklichkeit überzeugen muss, durch eine Eins-zu-Eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal die Sicherheit für den Betroffenen gewährleistet sein muss, sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß erstrecken darf und eine schriftliche Aufzeichnung der maßgeblichen Gründe der Maßnahme, ihrer Durchsetzung, Dauer sowie der Art der Überwachung zu erstellen ist.
Soweit die Freiheitsentziehung nicht mehr erforderlich ist, hat die Ehegattin sie zu beenden. Ansonsten wird die Anordnung spätestens mit Fristablauf wirkungslos.
Fixierung zur Abwendung von Selbstgefährdung
Die zeitweise Fixierung ist zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Selbstgefährdung des Betroffenen erforderlich. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten ärztlichen Zeugnis der behandelnden Krankenhausärztin vom 3. April 2023 und dem persönlichen Eindruck, den sich das Gericht von dem Betroffenen am 4. April 2023 auf der Intensivstation des Klinikums gemacht hat.
Hiernach leidet der Betroffene an den Folgen eines schweren offenen Schädel-Hirn-Traumas und ist zeitweise delirant.
Er hat zurzeit keine ausreichende Krankheitseinsicht, ist zu keiner freien Willensbildung hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit seiner Verletzung in der Lage und vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht zu erkennen.
Betroffener darf sich keine Schläuche ziehen
Es muss verhindert werden, dass sich der Betroffene im Delir lebensnotwendige Versorgungsschläuche und Drainagen zieht. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich.
Zum Wohle des Betroffenen ist daher eine Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß §§ 1358, 1831 Absatz 1, 4 BGB, 331, 332 FamFG erforderlich. Auf die Bestellung eines Verfahrenspflegers wurde verzichtet, weil der Schutzbedarf in Bezug auf die zeitweise Fixierung des Betroffenen offensichtlich ist, wovon sich das Gericht am 4. April 2023 im Klinikum persönlich überzeugt hat.
Auch ist das Maß der freiheitsentziehenden Wirkung der Maßnahmen aufgrund der gesundheitlichen Verfassung der Betroffenen überschaubar.
Schließlich könnte sich ein Verfahrenspfleger derzeit nicht mit dem Betroffenen über Sinn und Zweck der Fixierung austauschen, sodass der gesetzliche Zweck einer Verfahrenspflegerbestellung, nämlich der Austausch mit dem und die Begleitung des Betroffenen derzeit nicht erreicht werden kann. Eine etwaige Bestellung erwiese sich somit als Förmelei.
Die Notwendigkeit von Bettseitenteil und einer Fixierung des Betroffenen am Stuhl ergeben sich ebenfalls aus dem ärztlichen Zeugnis. Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 324 Absatz 2 Satz 1 FamFG. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
1 Kommentar
ein Positivbeispiel und Beleg dafür, dass es auch im Krankenhaus möglich ist, geltende Schutzrechte einzuhalten.