Sachverhalt
Eine mittlerweile 54-jährige Patientin, die an einer Magenanomalie litt, ließ sich 2009 wegen der anhaltenden Magenbeschwerden in einem Recklinghausener Krankenhaus operieren. Bei dieser Operation wurden allerdings die Nähte derart fehlerhaft gesetzt, als dass es erneut zum Abkippen sowie zu einer Verdrehung des Magens kam. Daher war eine erneute Operation von Nöten, die in einer Klinik in Herne durchgeführt wurde. Bei diesem Eingriff hat der Operateur die Nähte gelöst, bedauerlicherweise jedoch erneut falsch gesetzt, sodass der Magen der Klägerin nach wie vor falsch befestigt war. Die deshalb erforderliche Magenteilresektion (teilweise Entfernung des Magens) hatte eine Magentransportschädigung sowie Wundheilungsstörungen zur Folge. Bis zum Jahr 2013 musste sich die Klägerin daher mehrfach stationär behandeln und operieren lassen.
Die Patientin forderte von dem zuerst behandelnden Krankenhaus 70.000 Schmerzensgeld sowie einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 2.600 Euro pro Monat ab dem Zeitpunkt der ersten Operation.
Entscheidung
Das Landgericht Bochum hat entschieden, der Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro sowie einen dreimonatigen Haushaltsführungsschaden von je 4.680 Euro zuzusprechen. Das Landgericht begründete die Entscheidung damit, dass die zweite fehlerhafte Operation den Kausalzusammenhang unterbrochen hätte, sodass das erste Krankenhaus nicht für die Folgen einstehen könne, die aufgrund der zweiten fehlerhaften Operation eingetreten sind.
Die Klägerin legte Berufung ein und war in ihrer Sache erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm hat am 15.11.2016 entschieden (Az: 26 U 37/14), der Patientin die geforderten 70.000 Euro Schmerzensgeld zuzusprechen, ebenso wie einen Haushaltsführungsschaden von 30.160 Euro und Haushaltsführungskosten von monatlich 156 Euro ab dem Jahr 2013.
Die fehlerhafte Fixierung des Magens während der zweiten Operation wurde als einfacher Behandlungsfehler eingestuft. Dennoch haftet das Recklinghausener Krankenhaus auch für die weiteren Schadensfolgen, die auf aufgrund dieses Behandlungsfehlers eingetreten sind – der Kausalzusammenhang zwischen dem ersten Behandlungsfehler und den weiteren Folgen ist laut des OLG Hamm also nicht unterbrochen worden. Wenngleich bei der zweiten OP grob fehlerhaft behandelt wurde, so war diese nur aufgrund der ersten fehlerhaften Operation notwendig. Daher hat der erstbehandelnde Arzt für den weiteren Eingriff und die damit verbundenen Folgen zu haften.
Eine Ausnahme sei nur dann zu machen, wenn die Schädigungen nach der zweiten Operation zustande gekommen wären, weil der behandelnde Arzt in hohem Maße das gewissenhafte ärztliche Verhalten außer Acht gelassen hätte und entgegen aller ärztlichen Regeln und Erfahrungen gehandelt hätte. Ein derart grober Behandlungsfehler ist dem Arzt in dem vorliegenden Fall jedoch nicht unterlaufen, sodass er nicht haftungsrechtlich für den entstandenen Schaden einstehen muss.
Die Patientin musste sich im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 mehreren Operationen sowie stationären Aufenthalten unterziehen und ist nach wie vor erheblich beeinträchtigt. Ihr ganzes Leben wird sie unter Belastungsschmerzen leiden müssen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände wurde daher das hohe Schmerzensgeld von 70.000 Euro angesetzt.