Und zwar dann, wenn er den Patienten über eine echte Behandlungsalternative nicht aufgeklärt hat und die vom Patienten für den zahnärztlichen Eingriff erteilte Einwilligung deswegen unwirksam gewesen ist. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (Az.: 26 U 199/15) und damit das erstinstanzliche Urteil abgeändert.
Der Kläger gab an, Angstpatient zu sein
Der 1982 geborene Kläger suchte im Juli 2013 die Praxis des beklagten Zahnarztes in Bielefeld auf. Er litt unter Zahnschmerzen im Unterkiefer und gab an, Angstpatient zu sein. Der Beklagte erneuerte die Verplombung zweier Zähne im Unterkiefer und betäubte den zu behandelnden Bereich zuvor mittels Leitungsanästhesie, indem er dem Kläger eine Betäubungsspritze setze. Eine Behandlung mittels intraligamentärer Anästhesie zog der Beklagte nicht weiter in Betracht und klärte den Kläger insoweit nicht auf.
Zungennerv blieb nach Zahnbehandlung geschädigt
Am nächsten Tag teilte der Kläger dem Beklagten gegenüber mit, dass seine Zunge kribbeln würde und taub sei. In der Folgezeit hat der Kläger geltend gemacht, der Beklagte habe im Zuge der Injekion den Zungennerv geschädigt. Dadurch sei diese – mit Ausnahme der Zungenspitze – dauerhaft gefühllos geworden. Er sei auch nicht vor der Behandlung über die Möglichkeit einer Nervschädigung aufgeklärt worden. Vom Beklagten hat der Kläger deswegen Schadensersatz verlangt.
OLG: Kein Fehler, aber rechtswidrig
Die Klage war in zweiter Instanz nur in Teilen erfolgreich: Das Oberlandesgericht sprach dem Kläger zwar ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zu, stellte aber auch fest, dass das Vorliegen eines Behandlungsfehlers nicht ersichtlich sei. Denn auch bei einer fachgerechter Leitungsanästhesie, die im vorliegenden Fall auch indiziert war, könne eine Nervverletzung als Komplikation auftreten.
Allerdings hafte der Beklagte, weil seine Behandlung mangels wirksamer Einwilligung des Klägers insgesamt rechtswidrig gewesen sei, so das OLG weiter. Denn der Beklagte habe es versäumt, den Kläger über die neben der Leitungsanästhesie bestehende Möglichkeit einer intraligamentären Anästhesie aufzuklären. Hierbei wird der einzelne Zahn über eine gezielte Injektion eines Lokalanästhetikums direkt in den Desmodontalspalt betäubt.
Ein Arzt habe über mehrere gleichermaßen indizierte, übliche Behandlungsmethoden aufzuklären, wenn die Methoden unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufwiesen. In diesem Fall habe der Patient eine echte Wahlmöglichkeit, sodass ihm die Entscheidung überlassen bleiben müsse, auf welchem Weg die Behandlung erfolgen soll und auf welches Risiko er sich einlassen will.
Quelle: OLG Hamm