Fachkräftenachwuchs
Fachkräf­te­nach­wuchs: Vier Prozent mehr Auszu­bil­dende in der Pflege Bild: Desirée Gorges

Der Fachkräf­te­nach­wuchs scheint sich zu konso­li­die­ren: Rund 54.400 angehende Pflege­fach­frauen und Pflege­fach­män­ner, die 2023 ihre Ausbil­dung begon­nen haben, bedeu­ten im Vergleich zum Vorjahr etwa 2.200 mehr Auszu­bil­dende oder ein Anstieg um 4 Prozent.

Damit haben sich zwar immer noch weniger Menschen für einen beruf­li­chen Werde­gang in der Pflege entschie­den als im Jahr 2021, für welches das Statis­ti­sche Bundes­amt 56.300 neue Ausbil­dungs­ver­träge verzeich­net.

Doch zusam­men­ge­nom­men klingen rund 150.000 Menschen, die inner­halb von drei Jahren zu dringend benötig­ten Pflege­fach­kräf­ten ausge­bil­det werden, nicht wenig. Hinzu kommt der erste Abschluss­jahr­gang der 2020 einge­führ­ten genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung, welcher 33.600 Absol­ven­ten hervor­ge­bracht hat.

Mit Blick auf den demogra­fi­schen Wandel versprüht diese Tendenz aber keinen großen Hoffnungs­schim­mer.

„Das deutsche Gesund­heits­sys­tem wird trotz des aktuel­len Anstiegs bei den Ausbil­dungs­zah­len seinen Bedarf an Pflege­kräf­ten ohne Verän­de­rung mittel­fris­tig nicht mehr decken können“, kommen­tiert Gerald Gaß, Vorstands­vor­sit­zen­der der Deutschen Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG) die neues­ten Zahlen des Statis­ti­schen Bundes­amts.

Mehr Patien­ten als Fachkräf­te­nach­wuchs

Der demogra­fi­sche Wandel und seine Auswir­kun­gen sind hinrei­chend bekannt, die gebur­ten­starke Baby-Boomer Genera­tion führt es uns aktuell schon vor Augen: Eine alternde Gesell­schaft zieht nicht nur mehr ältere Patien­ten nach sich, es schei­den auch mehr Pflege­fach­kräfte aus dem Berufs­le­ben aus als Neue einstei­gen.

Im vergan­ge­nen Jahr erst kam das Statis­ti­sche Bundes­amt in einer Berech­nung zu dem Schluss, dass die Zahl pflege­be­dürf­ti­ger Menschen in Deutsch­land im Zeitraum 2021 bis 2055 von 5 Millio­nen auf 6,8 Millio­nen steigen wird. Demge­gen­über steht eine Statis­tik, nach der dann 280.000 bis 690.000 Pflege­kräfte fehlen werden.

Um dem demogra­fi­schen Problem zu begeg­nen, fordert die DKG grund­le­gende Refor­men und bemän­gelt vor allem das hohe Maß an Bürokra­tie, das mit der verschlepp­ten Digita­li­sie­rung Deutsch­lands und aufwän­di­gen Dokumen­ta­ti­ons­pflich­ten einher­geht und Pflege­kräfte „drei bis vier Stunden täglich“ an den Schreib­tisch bindet.

Gaß rechnet auf der Kranken­hau­se­bene vor, dass „wir die Arbeits­kraft von rund 70.000 Vollzeit­kräf­ten in der Pflege mehr für die Patien­ten­ver­sor­gung zur Verfü­gung“ hätten, wenn es gelänge, die Bürokra­tie­zeit für die Pflege zu halbie­ren. Damit wäre aus seiner Sicht das „Fachkräf­te­pro­blem mit einem Schlag gelöst“.

Die Kritik richtet sich allen voran an Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach: „Der Minis­ter scheint das immense Problem der Bürokra­tie, das die Beschäf­tig­ten frustriert und ihre wertvolle Arbeits­zeit mit den Patien­tin­nen und Patien­ten immer weiter zusam­men­schmel­zen lässt, schlicht zu ignorie­ren“.

Nach Auffas­sung der DKG würde sich die Bürokra­tiel­ast im Rahmen der umstrit­te­nen Kranken­haus­re­form eher noch verstär­ken.

Gesund­heit fördern, nicht Krank­heit

Frust und Stress am Arbeits­platz kann dazu führen, dass Beschäf­tigte ihre Arbeits­zeit reduzie­ren oder den Beruf komplett aufge­ben. Für eine Branche, die unter akutem Perso­nal­man­gel leidet, ist dies beson­ders fatal. So fordert die DKG auch „die grund­le­gende Umgestal­tung unserer Gesund­heits­vor­sorge auf ein präven­ti­ons­ori­en­tier­tes System“.

Die Quote vermeid­ba­rer Erkran­kun­gen sei in Deutsch­land höher als in vielen anderen europäi­schen Ländern. Ansätze zu einer gesün­de­ren Lebens­weise bis ins hohe Alter liegen hierzu­lande demnach in Maßnah­men, die grund­sätz­li­che Verhal­tens­än­de­run­gen fördern.

Denn in Deutsch­land wird Gaß zufolge „beson­ders ungesund geges­sen, beson­ders viel Zucker konsu­miert, beson­ders häufig das Auto statt der eigenen Füße oder des Fahrrads genutzt und beson­ders viel geraucht und Alkohol getrun­ken.“

Pflege­be­ruf wurde aufge­wer­tet

Die Forde­rung der DKG zeigt: Der Perso­nal­man­gel in der Pflege könnte auch einge­dämmt werden, wenn es schlicht­weg weniger Patien­ten gäbe. Der Pflege­be­ruf selbst wurde in den letzten Jahren mit der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung und besse­rer Bezah­lung aufge­wer­tet, Auszu­bil­dende erhal­ten die höchste Vergü­tung aller Ausbil­dungs­be­rufe.

Doch die besten Kondi­tio­nen nützen nichts, wenn das Arbeits­pen­sum nicht bewäl­tigt werden kann oder ein Übermaß an Bürokra­tie wertvolle Zeit für die wesent­li­chen Aufga­ben schluckt. Denn der Pflege­be­ruf zeich­net sich vor allem durch eins aus: die Arbeit mit und am Menschen.

FAQ

Wie hat sich die Anzahl der Auszu­bil­den­den in der Pflege entwi­ckelt?

Im Jahr 2023 haben laut Statis­ti­schem Bundes­amt in Deutsch­land rund 54.400 Menschen eine Ausbil­dung zur Pflege­fach­frau oder zum Pflege­fach­mann begon­nen.

Im Vergleich zum Vorjahr 2022 ist die Anzahl um 2.200 Perso­nen gestie­gen, was einer Steige­rung von 4 Prozent entspricht. Die Zahl der Neuver­träge lag mit 56.300 im Jahr 2021 aller­dings noch höher.

Wie wird diese Entwick­lung bewer­tet?

Die Deutsche Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG) sieht mit dem Anstieg der neu begon­nen Pflege­aus­bil­dun­gen das Problem des demogra­fi­schen Wandels nicht gelöst und geht davon aus, dass sich der Fachkräf­te­man­gel in der Pflege mittel­fris­tig weiter verschär­fen wird.

Was fordert die DKG?

Um dem Perso­nal­man­gel auf lange Sicht entge­gen­zu­wir­ken, fordert die DKG eine Reduzie­rung der Bürokra­tie in der Pflege und ein präven­ti­ons­ori­en­tier­tes Gesund­heits­sys­tem.

Fazit

In Deutsch­land haben im vergan­ge­nen Jahr mehr Menschen eine Ausbil­dung in der Pflege begon­nen als im Jahr zuvor.

Die Deutsche Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG) sieht in dieser Entwick­lung das Problem des mittel­fris­ti­gen Fachkräf­te­man­gels nicht gelöst und fordert von der Politik eine Entbü­ro­kra­ti­sie­rung in der Pflege und eine Umgestal­tung zu einem Gesund­heits­sys­tem, das die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung statt Krank­heit fördert.

Quellen: Statis­ti­sches Bundes­amt, DKG, Die Zeit