Eine auf change.org gestartete Petition fordert eine Abkehr von der generalistischen Pflegeausbildung und verlangt die Rückkehr der Kinderkrankenpflegeausbildung. Die Petition, die vor rund Monaten ins Leben gerufen wurde, hat inzwischen über 136.000 Mitzeichner gewinnen können.
Als Beweggrund erklärt der Petent, dass mit der Ausbildungsreform die Schaffung von mehr „Möglichkeiten des Arbeitens für Krankenpflegerinnen und Pfleger“ bezweckt werden sollte. Jedoch: „In der Realität ist das Ergebnis, dass sich weniger Pflegende für die Kinderheilkunde entscheiden. Dies war schon in den letzten beiden Jahren spürbar, und das Problem wird sich zukünftig noch weiter verschärfen“, so der Petent weiter.
Des Weiteren unterstellt der Petent, dass die Entscheidung für die Generalistik „aus der leider falschen politischen Meinung, dass Kinder lediglich kleinere Erwachsene sind und deren medizinische Versorgung sich nicht wesentlich von der Erwachsenenkrankenpflege unterscheidet“, entstanden sei.
Petition gegen die Generalistik: Pflegexpertinnen nehmen Stellung
Derartige Vorwürfen wollten sich die an der Umsetzung der Pflegeberufereform beteiligten Pflegebildungsexpertinnen Ingrid Darmann-Finck, Gertrud Hundenborn, Barbara Knigge-Demal und Sabine Muths nicht gefallen und unkommentiert im Raum stehen lassen.
Die Expertinnen standen den zuständigen Bundesministerien in den Jahren 2016 bis 2018 beratend zur Seite und halfen insbesondere bei der fachlichen Ausgestaltung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (PflAPrV).
Nach Auffassung der vier Pflegebildungsexpertinnen werden in den Petitionsgründen sowohl die Hintergründe der derzeitigen Personalsituation in der Pflege von kranken Kindern und Jugendlichen als auch die generalistische Pflegeausbildung falsch dargestellt. Um „sachgerecht [zu] informieren und dadurch allen Beteiligten eine informierte Bewertung ermöglichen“, wurde nun eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht.
Darin machen die Expertinnen unter anderem deutlich, dass sie die Besorgnis hinsichtlich des Fachkräftemangels in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege durchaus teilen. Diese ließe sich jedoch nicht, wie vom Petenten behauptet, auf die generalistische Ausbildung zurückführen – denn deren Absolventinnen und Absolventen standen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Petition noch gar nicht dem Markt zur Verfügung. Vielmehr sind gesundheitsökonomische Fehlanreize, wie beispielsweise die Einführung der Diagnosis Related Groups (DRG), die eine Unterfinanzierung und in der Folge einen Stellenabbau zur Folge hatte, als Ursache zu sehen.
Auch das BMG hat schon reagiert
Bereits im Februar hat auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Reaktion auf die vorbenannte Petition veröffentlicht. Darin wird unter anderem darauf hingewiesen, dass alle Auszubildenden ihre Ausbildung auch in der pädiatrischen Versorgung absolvieren und diesen Bereich für ihre spätere Berufstätigkeit in Betracht ziehen können.
Auszubildende, die bereits ihren Schwerpunkt in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen sehen, haben im Übrigen auch weiterhin die Möglichkeit, sich für einen gesonderten Berufsabschluss in der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu entscheiden, betont das Ministerium.
Ferner weist auch das BMG daraufhin, dass die neuen Ausbildungen überwiegend während des Jahres 2020 begonnen haben und deren Absolventinnen und Absolventen somit erst im weiteren Verlauf des Jahres 2023 ihre Berufstätigkeit aufnehmen könnten. „Insofern lässt sich aus der generalistischen Ausbildung kein verschärfter Mangel in der pflegerischen Versorgung von Kindern ableiten, weder für die Zukunft noch was die derzeitige Situation betrifft“.
Nicht die erste Petition gegen die Generalistik
Bereits in der Vergangenheit gab es verschiedene Anläufe, mittels Petitionen die EInführung der generalistischen Pflegeausbildung zu verhindern beziehungsweise eine politische Abkehr zu bewirken.
Hervorzuheben ist die Eingabe der Marburger Kinderkrankenschwester Monika Otte aus dem Jahre 2015, die ebenfalls den Erhalt der Kinderkrankenpflege als eigenständige Berufsausbildung zum Inhalt hatte. Diese Petition erreichte das zur Anhörung notwendige Quorum.