Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) fordert, diese endovaskuläre Therapie flächendeckend verfügbar zu machen. Spezialisierte Schlaganfalleinheiten böten dafür eine tragfähige Basis, so die DSG, bräuchten aber zusätzliche Expertise.
Was die neue Studienlage für die Schlaganfallversorgung bedeutet, wie Qualität und Verfügbarkeit der neuen Behandlung sichergestellt werden können und welche neuen Anforderungen sich daraus für zertifizierte „Stroke Units“ ergeben, diskutierten Experten zusammen mit Patienten Anfang Mai auf einer Pressekonferenz zum „Tag gegen den Schlaganfall“ in Berlin.
Statt Medikamentengabe mechanische Entfernung des Thrombus
Derzeit gibt es in Deutschland 264 von der DSG zertifizierte Stroke Units – spezielle Einheiten in Kliniken, die auf die Versorgung von Patienten mit Schlaganfällen spezialisiert sind. „Schlaganfall-Patienten, die in Deutschland rechtzeitig eine Stroke Unit erreichen, erhalten heute eine Behandlung auf sehr hohem Niveau“, erläutert Prof. Dr. Darius Nabavi, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Vivantes Klinikum in Berlin-Neukölln.
„Bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Patienten versuchen wir, das Blutgerinnsel durch die Infusion eines Medikaments in die Armvene aufzulösen“, so Professor Nabavi weiter. Dies gelinge aber nicht bei sehr großen Gerinnseln, also an Patienten mit besonders schweren Schlaganfällen. „Die endovaskuläre Thrombektomie, bei der mit einem Katheter das Gerinnsel aus der Hirnarterie gezogen wird, ist deshalb eine dringend benötigte Ergänzung für Schwerbetroffene“, sagt Prof. Nabavi. Der Experte schätzt, dass in Deutschland jährlich etwa 10.000 Patienten für die Behandlung in Frage kommen.
Qualitätssicherung ist vonnöten
Die neue Methode, die auch „mechanische Rekanalisation“ genannt wird, stellt allerdings besondere Anforderungen an die Ausstattung und die Ausbildung des ärztlichen Personals. Sogenannte Neuro-Interventionalisten müssen den Katheter-basierten Eingriff durchführen. Viele überregionale Stroke Units hätten in den vergangenen Jahren durch Kooperationen in Netzwerken die Katheterbehandlung für möglichst viele Patienten sichergestellt. In Ballungsgebieten würden geeignete Patienten schon jetzt häufig in ein spezialisiertes Neurozentrum mit überregionaler Stroke Unit transportiert. In ländlichen Gebieten seien diese Strukturen jedoch noch nicht so gut ausgebildet.
Die neue Behandlung erfordert große Expertise. „Wir benötigen hier eine Qualitätssicherung, die gewährleistet, dass kein Wildwuchs entsteht“, sagt Nabavi. Als ein Instrument der Qualitätssicherung schlägt er die Neurovaskulären Netzwerke (NVN) vor, die sich in den zurückliegenden Jahren in Deutschland gebildet haben. Diese Fachkonferenzen von Neuromedizinern und Gefäßexperten sollten künftig für die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten in der Anwendung des Spezialverfahrens sorgen. Zertifizierungskriterien sollten zudem Struktur und Qualität der NVN sicherstellen. Mitte 2015 wird die DSG auch die Zertifizierungskriterien für regionale und überregionale Stroke Units aktualisieren.