Die Tabaksteuer bringt dem Bund als zweitstärkste Verbrauchssteuer gemäß Artikel 106 Absatz 1 Nummer 2 GG nach der Mineralölsteuer jährliche Einnahmen von circa 14.100 bis 14.900 Millionen Euro. Es verwundert daher nicht, dass kaum eine andere Steuer in den vergangenen Jahren so häufig erhöht worden ist.
Während die Begründungen für die zahlreichen Anhebungen der Tabaksteuer in der Vergangenheit meist fiskalisch motiviert und ausdrücklich an die Hoffnung von zusätzlichen staatlichen Einnahmen geknüpft waren, wie etwa die gewünschten Mehreinnahmen zur Unterstützung der verstärkten Anstrengungen der Bundeswehr im Kampf gegen den Terrorismus im Anschluss an die Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001[1] oder die Konsolidierung des Bundeshaushalts durch die Rücknahme von Vergünstigungen für energieintensive Unternehmen bei der Energie- und Stromsteuer,[2] rückte in den vergangenen Jahren zunehmend die Lenkung des Verhaltens von Rauchern als gesundheitspräventiver Aspekt in den Vordergrund.
Die stufenweisen Anhebungen der Tabaksteuer sollen dieser Maxime entsprechend einerseits eine Reduktion des Tabakkonsums bewirken und zugleich die externen Kosten des Rauchens internalisieren,[3] das heißt die Reduzierung der finanziellen Belastung der von der Solidargemeinschaft getragenen Behandlungskosten, die für die Behandlung der Raucherkrankheiten von Rauchern und Passivrauchern aufgewendet werden, soll in der volkswirtschaftlichen Gesamtbilanz quasi positiv verbucht werden.
Grundlagen der Tabaksteuer
Auf nationaler Ebene prägt das Tabaksteuergesetz (TabStG) die europäischen Vorgaben aus[4] und bietet gemeinsam mit der Verordnung zur Durchführung des Tabaksteuergesetzes (TabStV) die juristischen Grundlagen für die Tabakbesteuerung.
Geregelt wird im Detail, welche Tabakwaren in welcher Höhe versteuert werden müssen. Gemäß § 1 TabStG unterliegen Zigarren, Zigarillos, Zigaretten und Rauchtabak (Feinschnitt und Pfeifentabak) sowie den Tabakwaren gleichgestellte Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, dem fiskalischen Zugriff, wobei die Steuertarife gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 TabStG für die einzelnen Produkte unterschiedlich ausgestattet sind.
In den letzten Jahren haben sich auf dem deutschen Absatzmarkt neben diesen konventionellen Tabakwaren neuartige Produkte wie E‑Zigaretten und Tabakerhitzer etabliert, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht sachgerecht in die historischen steuertariflichen Gruppierungen einsortiert werden konnten. Dies hat im Ergebnis dazu geführt, dass auf Tabakerhitzer der vergleichsweise niedrige Steuertarif für Pfeifentabak angewendet wird und E‑Zigaretten bisher gar keiner Tabaksteuer unterliegen.
Anhebung der Tabaksteuer für die alternativen Produkte?
Obwohl der Status von E‑Zigaretten und Tabakerhitzern nach der Richtlinie 2011/64/EU des europäischen Verbrauchssteuerrechts bislang noch unklar ist, hat das relativ schnelle Wachstum dieser Produkte einige Mitgliedsstaaten zur Annahme von Ad-hoc-Fiskalmaßnahmen in ihren nationalen Gesetzgebungen bewegt, wodurch eine erhebliche Fragmentierung des EU-Binnenmarktes zu beobachten ist.[5]
Ohne eine abschließende Klärung dieser Fragestellung auf EU-Ebene abzuwarten, liegt seit dem 11. Februar 2021 nun auch ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vor.[6] Im Einzelnen soll hiernach ab dem 1. Januar 2022:
- das Tabaksteuerniveau angehoben werden,
- erhitzte Tabakprodukte den Verbrennungszigaretten in der Besteuerung gleichgestellt werden und
- nikotinhaltige Substanzen zur Verwendung in E‑Zigaretten der Tabaksteuer unterliegen. Der Entwurf ignoriert dabei die Empfehlungen einer Mehrheit von wissenschaftlichen Experten, die in der Anhörung des Finanzausschusses zum Thema Tabaksteuer im September 2020 die Schaffung eigener Steuerkategorien für neuartige Produkte auf EU-Ebene und deren risikoproportionale Besteuerung empfahl. Im Vergleich zu herkömmlichen Tabakzigaretten wird die Schädlichkeit von E‑Zigaretten und Tabakerhitzern als deutlich niedriger eingeschätzt, weil sie keinen Tabak mehr verbrennen. Die Tabakverbrennung wiederum ist der Prozess, der den Großteil der Schadstoffe im Zigarettenqualm erst produziert.
Fazit
Die vorliegende Gesetzesinitiative signalisiert, dass die neuartigen Alternativprodukte in ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung den herkömmlichen Verbrennungszigaretten gleichgestellt sind und daher mit fiskalischen Mitteln entsprechend reguliert werden müssen.
Diese Betrachtung ignoriert die im Vergleich zum Zigarettenrauch um durchschnittlich über 90 Prozent reduzierten Schadstoffgehalte im Dampf der ohne Tabakverbrennung auskommenden Alternativprodukte. Die geplante steuerliche Gleichbehandlung mit dem herkömmlichen Rauchen wird diesem gesundheitspolitischen Kernaspekt nicht gerecht.
Missachtet wird zudem, dass E‑Zigaretten und Tabakerhitzer von Rauchern unter dem Gesichtspunkt der Schadensminimierung herangezogen werden könnten. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass diese Rauchalternativen nachgewiesener Maßen mit einer signifikant geringeren Schadstoffbelastung behaftet sind.[7]
Hinzu kommt, dass die nationalen Vorstöße die Harmonisierung der Besteuerung neuartiger Produkte wie E‑Zigaretten und Tabakerhitzer auf europäischer Ebene erschweren. Entsprechend der Studie zur Richtlinie 2011/64/EU[8] steht zu erwarten, dass hier eine differenziertere Ausgestaltung der Besteuerung erfolgen wird.
Unabhängig davon, wie diese Ausgestaltung technisch umgesetzt würde, könnte dies bedeuten, dass nationales Sekundärrecht zu einem späteren Zeitpunkt angepasst werden müsste. Wertvolle Zeit für ein auch in Richtung der Verbraucher wirkendes, gesundheitspolitisches Signal zur risikobasierten Besteuerung von Tabak- und Nikotinprodukten wäre bis dahin verstrichen.
Quellen:
- Gesetz zur Finanzierung der Terrorbekämpfung vom 10.12.2001 (BGBl. 2001, S. 3436).
- Fünftes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 21.12.2010 (BGBl. 2010, S. 2221)
- Wigger (2011).
- Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21.6.2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren
- Im Einzelnen: „Studie zur Richtlinie 2011/64/EU des Rates über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren.“
- Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen mit dem Titel „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Tabaksteuergesetzes (Tabaksteuermodernisierungsgesetz – TabStMoG).“ Abrufbar auf den Seiten des Ministeriums.
- Schaller/Kahnert/Mons (2020); Schanz (2019)
- Siehe Fußnote 5