Alle Pflegeeinrichtungen, die an einen Tarif oder an eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung gebunden sind, mussten die Daten zur Entlohnung ihrer Beschäftigten zum 30. September 2022 an die Landesverbände der Pflegekassen melden.
Das jeweilige „regional übliche Entlohnungsniveau“ in den einzelnen Bundesländern, das auf Basis der Meldungen berechnet wurde, ist ab sofort im Gesundheitspartner-Portal der AOK abrufbar.
In der Online-Übersicht der AOK sind auch die Entlohnungsniveaus der einzelnen Beschäftigtengruppen ablesbar.
So liegt der durchschnittliche Stundenlohn für Hilfspersonal bei 17,03 Euro. Das sind 2,53 Prozent mehr als 2021. Pflegeassistenzpersonal mit mindestens einjähriger Ausbildung hat ein durchschnittliches Entlohnungsniveau von 19,05 Euro pro Stunde (plus 1,98 Prozent gegenüber 2021), für Fachpersonal mit mindestens dreijährige Ausbildung liegt es bei 23,38 Euro (plus 2,86 Prozent):
- Hilfspersonal 17,03 Euro
- Pflegeassistenzpersonal 19,05 Euro
- Fachpersonal 23,38 Euro
Die Übersicht im AOK-Gesundheitspartnerportal macht zudem die Entlohnungsunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern transparent: Während die durchschnittliche Entlohnung in Mecklenburg-Vorpommern bei 18,79 Euro pro Stunde liegt, sind es in Nordrhein-Westfalen 21,05 Euro.
„Angemessene Entlohnung ist wichtig“
„In den aktuellen Daten spiegeln sich die von der Politik eingeführten Regelungen zur Tariftreue in der Langzeitpflege und die Erhöhung des Pflegemindestlohns zum 1. September wider. Viele Tarifvertragswerke mussten auf dieser Basis neu verhandelt werden“, sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.
„Angemessene Löhne sich wichtig, um die Attraktivität des Pflegeberufes zu sichern. Die Kehrseite der Medaille sind allerdings die steigenden Kosten für die professionelle Pflege. In der vollstationären Pflege führt das zu steigenden Eigenanteilen, in der ambulanten Pflege zu höheren Preisen für die Pflegeleistungen“.
Eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zur steigenden Kostenbelastung in der vollstationären Pflege hat erst vor zwei Wochen gezeigt, dass die sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteile Mitte November 2022 um durchschnittlich 21 Prozent höher lagen als rund ein Jahr zuvor.
Die AOK fordert vor diesem Hintergrund vor allem eine regelgebundene Dynamisierung der Pflegeversicherungsleistungen und die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen der Pflegebedürftigen.
Zudem sei eine grundsätzliche und dauerhafte finanzielle Stabilisierung der Sozialen Pflegeversicherung notwendig, um die Solidargemeinschaft nicht zu überfordern.
Am Jahresende sei ein Defizit von etwa 1,5 Milliarden Euro in der Pflegeversicherung zu erwarten, zudem klafften Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander, so Reimann: „Um die Pflegeversicherung wirksam zu entlasten, ist die Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge von pflegenden Angehörigen durch den Bund eine zentrale Maßnahme, die die Ampel-Koalition endlich angehen sollte.“
Die aktuellen Ergebnisse zur durchschnittlichen Höhe der Tariflöhne in der Pflege basieren auf den Rückmeldungen von insgesamt 6.124 an einen Tarif oder eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung gebundenen Einrichtungen in Deutschland.
Davon waren:
- 52 Prozent Einrichtungen der vollstationären Pflege (Pflegeheime)
- 31 Prozent ambulante Pflegeeinrichtungen
- 16 Prozent Einrichtungen für teilstationäre Pflege
- ein Prozent Einrichtungen zur Kurzzeitpflege
Knapp zwei Drittel unterliegen kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen, in einem Drittel der Einrichtungen gelten Tarifverträge. 93 Prozent der Einrichtungen sind laut der Auswertung freigemeinnützig, sechs Prozent in kommunaler Trägerschaft und ein Prozent privat geführt.
Große Probleme bei Umsetzung der Tariftreue
Die Auswertung zeigt nach wie vor große Probleme bei der praktischen Umsetzung der Regelungen zur Bezahlung auf Tarifniveau in der Pflege: So haben insgesamt 2.294 an einen Tarif oder an eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung gebundene Einrichtungen keine plausiblen Rückmeldungen abgegeben.
Ausserdem haben 2.456 weitere Pflegeeinrichtungen, die laut Mitteilung zum Versorgungsvertrag an einen Tarif oder an eine kirchliche Arbeitsrechtsregelung gebunden sind, trotz gesetzlicher Verpflichtung bisher keine Meldung an die Pflegekassen geschickt.
„Viele Einrichtungen sind bei der Arbeitsbelastung offensichtlich am Limit und mit der Umsetzung der komplexen Regelungen zur Tariftreue überfordert. Hier sind vor allem die Trägerverbände gefordert, ihre Mitglieder in der Umsetzung der Regelungen besser zu unterstützen“, so Carola Reimann.
Die vorgesehenen Sanktionsmaßnahmen würden mit Augenmaß umgesetzt: „Kein Pflegebedürftiger muss sich Sorgen machen, dass Einrichtungen wegen der Regelungen zur Tariftreue schließen müssen“, betont Reimann.
Alle rund 34.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind seit 1. September 2022 verpflichtet, ihre Beschäftigten in Pflege oder Betreuung entweder auf Basis des regional üblichen Entlohnungsniveaus ihres Bundeslandes oder auf Basis eines in ihrem Bundesland angewandten Tarifvertrages oder einer kirchlichen Arbeitsrechtsregelung zu bezahlen.
Die Regelungen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) sehen vor, dass die Pflegekassen seit 1. September Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeeinrichtungen abschließen dürfen, die diese Vorgaben einhalten.
Quelle: AOK