Sie planen Dienste, erzählen Witze, diagnostizieren Krankheiten, schlagen Pflegemaßnahmen vor oder entlasten den Rücken: Künstliche Intelligenz (KI) und Roboter haben längst Einzug in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern erhalten.
Zum Standard zählen sie aber noch nicht, vielmehr scheint der Einsatz noch immer eine Besonderheit zu sein, die Pressemeldungen und Statements erforderlich machen. So zum Beispiel sprach sich kürzlich der niedersächsische Diakonie-Chef Hans-Joachim Lenke für einen verstärkten Einsatz von Robotern in der Pflege aus, „auch um dem immer größer werdenden Personalmangel entgegenzuwirken.“
KI kann Pflegepersonal entlasten, aber nicht ersetzen
KI und Roboter können Pflegefachkräfte nicht ersetzen, darin sind sich Fachleute und Entwickler generell einig. Sie sollen es auch gar nicht, denn insbesondere in der Pflege ist der zwischenmenschliche Kontakt elementar und zentraler Berufsaspekt. Digitale, intelligente Helfer können im Pflegealltag aber eine Menge Zeit und Kraft ersparen, wenn zum Beispiel:
- die Pflegedokumentation direkt an Ort und Stelle per Spracheingabe und Kamerafunktion über ein Mobilgerät und ohne Nacharbeit festgehalten werden kann.
- eine KI die Dienstplanung und das Ausfallmanagement übernimmt.
- ein Roboter körperliche Arbeiten wie Heben, Umlagern oder die Mobilisierung von Gelenken übernimmt.
- ein Roboter soziale Interaktionen mit Bewohnern oder Patienten übernimmt, zum Beispiel indem er Witze erzählt, etwas vorliest oder Körperkontakt simuliert.
- eine KI bzw. ein Roboter als Assistenz eingesetzt wird, zum Beispiel für Botengänge oder zur Unterstützung bei Diagnose und Maßnahmenplanung.
Es gibt inzwischen zahlreiche Angebote und laufende Projekte, die sich mit solchen KI-Lösungen speziell für die Pflege befassen. Dahinter stecken kleine Start-ups, etablierte Unternehmen oder auch große Konsortien, an denen Akteure aus Wissenschaft, Industrie, Pflegepraxis und Spezialisten für Digitalisierung und KI beteiligt sind.
Ihre Produkte und Entwicklungen reichen von einfachen Apps und Webanwendungen über multifunktionale Assistenz- und Notfallsysteme bis hin zu fernsteuerbaren Pflegerobotern.
KI ist Wissenschaft und Wirtschaft
Eine Dienstplanungs-App für 40 Euro monatlich, eine Pflegerobbe für 5.000 Euro (Link Interview) oder ein Roboter im fünfstelligen Bereich – unterm Strich ist der Einsatz von KI und Robotern natürlich auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit.
Welche Investition und welchen Gewinn eine KI-Lösung mit sich bringt, hängt von vielen Faktoren wie der Größe der Einrichtung, der Mitarbeiteranzahl, aber auch vom konkreten Nutzen ab.
So kann die Dienstplanung mit KI nicht nur viel Zeit sparen, sondern auch die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, während die Pflegerobbe die Gemüter erfreut oder der Heberoboter der körperlichen Gesundheit der Belegschaft zugutekommt.
Wissen allein macht eine KI nicht intelligent
Eine KI ist so gut wie die Daten, auf denen sie basiert. Spätestens seit ChatGPT ist bekannt, dass aus vielen Daten auch viel Unfug und Allgemeinplätze resultieren können. Um dem KI-Chatbot beste Ergebnisse zu entlocken, muss man richtig prompten, also gezielte Fragen und klare Aufgaben formulieren.
Auch dies will gelernt sein und kostet mitunter viel Zeit – in der man die Aufgabe vielleicht auch selbst hätte erledigen können. Die Formel kann somit auch lauten: Eine KI ist nur so gut, wie die Anforderungen, die der Mensch an sie stellt.
Für ein KI-basiertes Assistenzsystem in der Pflege, welches zum Beispiel Behandlungen vorschlägt oder bei der Diagnose unterstützt, sind ebenfalls viele, vor allem aber qualitativ hochwertige Trainingsdaten nötig. Hinzukommt die Lernfähigkeit einer KI, ein typisches Merkmal, das im allgemeinen Sprachgebrauch aber oft verschwimmt.
So werden zum Beispiel auch Lösungen, die auf einer Softwareautomation beruhen und nicht eigenständig dazulernen können, unter KI erfasst.
KI ist nicht gleich KI
Doch es macht einen Unterschied, ob eine KI einem programmierten Ablauf folgt, um zu einem Ergebnis zu gelangen oder ob sie so programmiert ist, dass sie den Ablauf selbst erlernen kann.
Diese Fähigkeit erfordert zusammen mit den Datenmengen hohe Rechenleistung und viel Energie, was einerseits auf der Kosten- und Umweltbilanz einschlägt und andererseits zur Verbesserung und Weiterentwicklung von KI beiträgt und Innovationen vorantreibt.
In der Praxis kann sich die Intelligenz folglich in sehr unterschiedlichen Ausprägungen zeigen: Die Pflegerobbe etwa lernt durch Berührungen, Stimmen und Lichtverhältnisse und passt ihr Verhalten individuell an verschiedene Menschen an.
Ihre Verhaltensweisen und Bewegungen aber sind begrenzt, die Robbe kann keine neuen dazulernen. Dagegen muss ein intelligentes Assistenzsystem, das Pflegemaßnahmen vorschlägt, neben der fachlich-medizinischen Datengrundlage eine ganze Reihe persönlicher Daten verabreicht bekommen, um den menschlichen Patienten kennenzulernen.
Vertrauenssache: Daten, Schutz und Sicherheit
Das Preisgeben persönlicher und sensibler Daten für eine KI ist nach wie vor eine große Hemmschwelle: Die Daten werden irgendwo gespeichert, sie werden verarbeitet, das Ausmaß der Weiterverarbeitung ist in vielerlei Hinsicht ungewiss. Strenger Datenschutz und Sicherheit stehen nicht zuletzt deshalb ganz oben, wenn eine KI nach ihrer Vertrauenswürdigkeit beurteilt wird.
Wie ein Mensch, lernt auch eine KI nie aus und kann sich auf unergründliche Pfade begeben. Deshalb ist es gut, wenn in der Pflege am Ende der Mensch die Oberhand behält und nicht eine KI die finale Entscheidung trifft.
FAQ
Welche KI-Lösungen gibt es für die Pflege?
KI kann in Apps und Webanwendungen oder Robotern stecken. KI-Lösungen können in der Pflege etwa bei der Dienstplanung und Pflegedokumentation eingesetzt werden oder zur Diagnose- und Maßnahmenfindung herangezogen werden. Hebe- und Serviceroboter können Pflegepersonal entlasten, soziale Roboter mit Bewohnern und Patienten agieren oder auch assistieren.
Warum ist KI nicht gleich KI?
KI basiert auf Daten, was eine große und zudem qualitativ hochwertige Datenbasis erfordert. Ob und wie viel eine KI dazulernt, hängt von der jeweiligen Programmierung und weiteren Faktoren wie z.B. der vorhandenen Rechenleistung ab.
Was kostet KI?
Es gibt Lösungen im zweistelligen Bereich, andere gehen in die Tausende. In der Regel ist der Einsatz von KI mit laufenden Kosten verbunden, z.B. durch monatliche Nutzungsgebühren oder Wartungsverträge. Die Entwicklung einer KI kann Unsummen verschlingen, denn neben dem Zeitfaktor zahlen hier auch große Rechnerkapazitäten und Energiekosten ein.
Fazit
KI in der Pflege kann die großen Probleme der Branche nicht lösen, aber zur Entlastung beitragen und Unterstützung im Pflegealltag leisten. Es gibt zahlreiche Lösungen für zahlreiche Anwendungsszenarien, die kleinere oder größere Verbesserungen bewirken können.
Welche KI oder welcher Roboter am besten geeignet ist, hängt von vielen Faktoren ab. Neben der Kosten-Nutzenfrage und individuellen Gegebenheiten einer Einrichtung, spielen Qualität, Vertrauen und Sicherheit eine wichtige Rolle
Quellen: Fraunhofer Institut, Altenpflege Online