Martin Lagerstatt fragt: Seit geraumer Zeit versuchen manche Krankenkassen, die Bezahlung von Leistungen für Bewohnerinnen und Bewohner, die eine besonders intensive Betreuung benötigen, von der vorherigen Einsichtnahme in die Dokumentation abhängig zu machen. Steht den Krankenkassen ein Einsichtsrecht in diese Unterlagen zu?
Antwort der Redaktion: Seit der Verabschiedung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes kann eine Krankenkasse gemäß § 37 SGB V zur Vergütung von Leistungen für Bewohner mit einem besonders hohen Versorgungsbedarf (zum Beispiel Wachkomapatienten, Dauerbeatmete, Apalliker) herangezogen werden. Um Einsparmöglichkeiten aufzufinden, ist die Krankenkasse auf detaillierte Informationen über jeden einzelnen Behandlungsfall angewiesen.
Allerdings sind dem Informationsinteresse der Kasse mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Patienten enge Grenzen gesetzt. Denn Krankenkassen sind zwar dem Grundsatz nach verpflichtet, das Bestehen ihrer Pflicht zur Leistungserbringung – also auch die Pflicht zur Zahlung der besonderen Behandlungsbedarfe – zu überprüfen. Dem steht jedoch die Schweigepflicht (§ 203 Absatz 1 StGB) des Personals der Pflegeeinrichtung über die anvertrauten Patientendaten gegenüber. Jede Weitergabe von Daten bedarf einer Befugnis, die sich entweder aus einer Einwilligung des Patienten oder aus einer gesetzlichen Erlaubnis ergeben kann.
Prinzipiell haben die Leistungsträger das Sozialgeheimnis der Patienten zu wahren (vgl. § 35 SGB I). Nach der gesetzlichen Konstruktion sind die Zweifel, ob Voraussetzung, Art und Umfang der Behandlungspflege zutreffend und lege artis erkannt und erbracht wurden, einzig im Rahmen einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK zu überprüfen (§ 275 SGB V). Das Herausgabeverlangen des MDK rechtfertigt sich gemäß § 276 Absatz 2 Satz 1 SGB V.
Andere Ärzte oder Pflegesachverständige – auch solche, die Angestellte der Krankenkasse sind – sind von der Einsichtnahme in die Dokumentationen ausgeschlossen.
Kurz: Nicht alle Daten, die die Arbeit einer Krankenkasse praktisch erleichtern können, dürfen der Krankenkasse auch unmittelbar bekannt werden.