Einmalhandschuhe
Medizi­ni­sche Einmal­hand­schuhe können zum Infek­ti­ons-Risiko werden. Bild: © Jorge Uzcate­gui | Dreamstime.com

Medizi­ni­sche Einmal­hand­schuhe leisten einen wertvol­len Beitrag, um das Perso­nal in Kranken­häu­sern und Pflege­hei­men vor dem Hautkon­takt mit poten­zi­ell infek­tiö­sem Material zu schüt­zen. Dies gilt beson­ders dann, wenn sogenannte „asepti­sche Tätig­kei­ten“ anste­hen – etwa das Legen oder Verän­dern von Kathe­tern, das Verab­rei­chen von Infusio­nen und Injek­tio­nen, der Verbands­wech­sel sowie der sonstige Kontakt zu Wunden oder Schleim­haut. In all diesen Fällen sollten laut der medizi­ni­schen Richt­li­nien Einmal­hand­schuhe getra­gen werden.

Was die Handschuhe jedoch nicht können, ist Übertra­gun­gen von Kranken­haus­kei­men auf Patien­ten verhin­dern. Hier ist nach wie vor eine ausrei­chende Hände­des­in­fek­tion das erste (und einzige) Mittel der Wahl. Wie sich im medizi­ni­schen Alltag und in Studien zeigte, kann das häufige Tragen von Einmal­hand­schu­hen die Hände­hy­giene sogar behin­dern – und die Zahl der nosoko­mia­len Infek­tio­nen in den Einrich­tun­gen steigen lassen. Darauf macht das Robert-Koch-Insti­tut (RKI) in einem Fachbei­trag für das „Epide­mio­lo­gi­sche Bulle­tin“ aufmerk­sam.

Corona-Zeit ließ Zahl nosoko­miale Infek­tio­nen hochschnel­len

Dieser Zusam­men­hang sei beson­ders während der Corona-Zeit sicht­bar gewor­den, so das RKI. Während der Pande­mie, in der beson­ders strenge Hygie­ne­vor­schrif­ten galten, sei „überra­schen­der­weise weltweit ein deutli­cher Anstieg der Inzidenz nosoko­mia­ler Infek­tio­nen beobach­tet“ worden – insbe­son­dere auf Statio­nen mit Sars-CoV-2-positi­ven Patien­ten, habe sich eine Zunahme des Infek­ti­ons­ge­sche­hens und Ausbrü­chen von multi­re­sis­ten­ten Erregern (MRE) und Candida auris gezeigt.

Der Grund hierfür liegt nahe: „Als eine mögli­che Ursache wird die univer­selle Verwen­dung medizi­ni­scher Einmal­hand­schuhe bei Patien­tin­nen und Patien­ten mit (vermu­te­ter) SARS-CoV-2-Infek­tion angese­hen“, so die Autoren des Beitrags. „Das konti­nu­ier­li­che Tragen von Handschu­hen stellt eine Barriere zur Umset­zung der hygie­ni­schen Hände­des­in­fek­tion dar und könnte so zu Übertra­gungs- und Infek­ti­ons­er­eig­nis­sen beigetra­gen haben.“ Denn wer nahezu ununter­bro­chen medizi­ni­sche Handschuhe trägt, neigt dazu, sich selte­ner die Hände zu desin­fi­zie­ren.

Wer Handschuhe trägt, desin­fi­ziert Hände oft nicht

Darauf weisen auch Daten aus dem Kranken­haus-Infek­ti­ons-Surveil­lance-System (KISS) – der syste­ma­ti­schen Erhebung und Erfas­sung von hygie­ne­be­zo­ge­nen Daten in deutschen Medizin- und Pflege­ein­rich­tun­gen – hin: Laut der Auswer­tung aus dem Jahr 2022 wurde in 26 Prozent der unter­such­ten Situa­tio­nen, in denen eine Hände­des­in­fek­tion notwen­dig gewesen wäre, diese nicht durch­ge­führt. In 12 Prozent der Situa­tio­nen wurde nicht desin­fi­ziert, das Perso­nal trug jedoch medizi­ni­sche Einmal­hand­schuhe.

Nur bezogen auf die Nicht-Desin­fek­ti­ons-Fälle, war der Anteil der Handschuh­trä­ger demnach 45 Prozent! Offen­bar sahen die Anwen­der also ihr „Hygiene-Soll“ durch das Tragen von Handschu­hen erfüllt. Beson­ders stark zeigte sich dieser Effekt bei der Indika­tion „vor asepti­schen Tätig­kei­ten“: Hier desin­fi­zier­ten sich ledig­lich 65 Prozent zuvor ihre Hände – und mehr als zwei Drittel der Nicht-Desin­fi­zie­rer trugen Handschuhe!

Die Gründe für diese Zahlen liegen auf der Hand. „Zum einen wird die Verwen­dung von medizi­ni­schen Einmal­hand­schu­hen von vielen Mitar­bei­ten­den im Gesund­heits­we­sen immer noch als Alter­na­tive zur hygie­ni­schen Hände­des­in­fek­tion missver­stan­den und zum anderen wird die Schutz­wir­kung der Handschuhe durch Mitar­bei­tende im Gesund­heits­we­sen überschätzt“, so die Autoren. Weiter spiel­ten das wahrge­nom­mene Eigen­ri­siko, eine fehler­hafte Selbst­ein­schät­zung der Hygiene-Kennt­nisse sowie die in den Einrich­tun­gen etablier­ten Verhal­tens­wei­sen eine Rolle.

Desin­fek­tion von behand­schuh­ten Händen nur unter Bedin­gun­gen

Als einen Kompro­miss zwischen Anwen­der­freund­lich­keit und ausrei­chen­der Hygiene sieht das RKI, unter Bedin­gun­gen, die Hände­des­in­fek­tion mit angezo­ge­nen Handschu­hen. Hierbei müsse jedoch, wie das Insti­tut in seinem Infor­ma­ti­ons-Angebot schreibt, eine Chemi­ka­lien-Bestän­dig­keit der Handschuhe laut der Norm EN 374 gegeben sein. Außer­dem dürfe der Handschuh nur für die Arbeit an ein- und demsel­ben Patien­ten verwen­det werden.

Zudem dürfe der Handschuh selbst­ver­ständ­lich weder sicht­bar perfo­riert noch mit Blut, Sekre­ten oder Exkre­ten verschmutzt sein. Auch beim Erfül­len aller Bedin­gun­gen sei der Einmal­hand­schuh nach spätes­tens 15 Minuten zu wechseln, sowie nach jeder Patien­ten­wa­schung.

Beim übermä­ßi­gen Tragen von Handschu­hen besteht außer­dem die Gefahr, eine Derma­ti­tis zu entwi­ckeln, wie das Deutsche Ärzte­blatt in einem Fachbei­trag schreibt. Bei einer Umfrage unter 114 Mitar­bei­tern einer Covid-19-Inten­siv­sta­tion des Uni­versitätsklinikums München sei bei 90,4 Prozent der Teilneh­men­den aufgrund des übermä­ßi­gen Gebrauchs des Handschut­zes eine akute Derma­ti­tis festge­stellt werden.

Die Einmal­hand­schuhe sollten also nur in jenen Situa­tio­nen getra­gen werden, in denen dies wirklich nötig ist – und vor dem Anlegen der Handschuhe sind die Hände trotz­dem zu desin­fi­zie­ren.