Ein Wundversorger, der einen Patienten postoperativ in der Nachsorge betreut, muss die Wunde nicht zwingend fortlaufend dokumentieren, wenn ihr Zustand stabil bleibt. Das ist lediglich geboten, wenn sich der Zustand der Wunde verschlechtert. Nur pathologische Befunde sind zu dokumentieren. Insbesondere ergibt sich die Pflicht zu einer lückenlosen Wunddokumentation nicht daraus, die Therapie für den Fall von Behandlungsfehlern rechtssicher dokumentieren zu können. In diesem Sinne urteilte das Oberlandesgericht Naumburg am 16.11.2015 in einem Streitfall um die vermeintlich fehlerhafte Dokumentation eines Wundversorgers (Az.: 1 U 96/14).
Kläger war ein Mann, der sich am 30.4.2011 beim Volleyballspiel einen Riss der rechten Achillessehne zugezogen hatte. Der Patient wurde im Klinikum operativ versorgt. Eine Woche nach seinem Unfall überstellte ihn das Krankenhaus in die ambulante Nachsorge eines chirurgischen Facharztes. Dort hatte er bis 30. Juni 2011, zwei Monate nach seinem Sportunfall, sechs Termine sowie eine Wiedervorstellung im Krankenhaus.
Zweiter stationärer Aufenthalt folgte
Einen Tag später, am 1.7.2011, zeigte er telefonisch an, dass sich seine Wunde verschlechtert habe. Das Gewebe an der Operationsstelle löste sich voneinander ab, ebenso habe die Wunde begonnen zu nässen. Er leide unter Schmerzen und Schwellungen. Er fuhr am gleichen Tag ins Krankenhaus, das die Wundstelle dokumentierte. Bei einer Zweitsicht in einem weiteren Klinikum nahm ihn dieses stationär auf. Es folgte ein chirurgisches Débridement der Wunde und er bekam eine Vakuum-Versiegelung angelegt. Nach einem weiteren operativen Eingriff wurde er schließlich am 19.7.2011 entlassen. Seitdem leide er unter einer Bewegungseinschränkung des rechten Fußes.
Nun reklamierte der Sportler, dass schon vor dem 30. Juni 2011 die Verschlechterung der Wunde zu erkennen gewesen sei. Die Infektion habe sich damals schon angedeutet, man habe sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit übersehen. Der Chirurg hätte deswegen die Therapie umstellen müssen. Im Übrigen hätte er in der Nachsorge die Wunde fortlaufend fotografisch dokumentieren müssen. Das Gericht sah dies, wie das Landgericht Dessau-Roßlau als Vorinstanz, jedoch anders. Die Ursächlichkeit des unterstellten Behandlungsfehlers sei nicht festzustellen. Dass die Wunde sich schon Ende Juni verschlechtert habe, gehe aus den Unterlagen nicht hervor. Deshalb liege zugleich keine Verletzung der Dokumentationspflicht vor: Ziel und Zweck der Dokumentation sei, so das Gericht, das Sicherstellen eine sachgerechten medizinischen Behandlung. Nicht geboten sei jedoch eine Dokumentaion aus forensischen Gründen – die in erster Linie darauf abzielt, Behandlungsfehler rückwirkend feststellen zu können. Alle Erfordernisse an eine Bildgebung habe der behandelnde Chirurg erfüllt. Unauffällige Wundverhältnisse müsse man nicht dokumentieren.