Für viele Bewohner ist eine Pflegeeinrichtung ihr letztes Zuhause. Gebrechlichkeit, Krankheit und Sterben begleiten den Arbeitsalltag des Altenpflegepersonals dauerhaft. Gleichwohl gibt es Mitarbeiter, die sich der emotional-psychischen Belastungen in der Betreuung von Sterbenden nicht gewachsen fühlen und die palliative Pflege gerne den Kollegen überlassen. Wie ist dieses Verhalten zu bewerten?
Anspruchsvolle Sterbebegleitung
Es steht außer Frage, dass der Prozess der Sterbebegleitung den Pflegenden ein hohes Maß an fachlichen, sozialen und kommunikativen Kompetenzen abverlangt. Die Begleitung Sterbender ist daher auch als eines der wesentlichen Ausbildungsziele den Pflegefachfrauen oder Pflegefachmännern durch das Pflegeberufegesetz vom 17.7.2017 auferlegt worden.[1]
Konkret müssen die Absolventinnen und Absolventen die verantwortliche Planung, Organisation, Gestaltung, Durchführung, Steuerung und Evaluierung der Pflegeprozesse von Menschen an ihrem Lebensende beherrschen.[2]
Hierbei handelt es sich im Übrigen nicht um ein neues Kompetenzprofil. Auch die dem Pflegeberufegesetz vorhergehenden Ausbildungsgesetze mit den korrespondierenden Ausbildungsordnungen – KrPflG in Verbindung mit KrPflAPrV und AltPflG in Verbindung mit AltPflAPrV – sahen die Einbeziehung palliativer Maßnahmen, respektive die Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zur selbstständigen, eigenverantwortlichen und umfassenden Begleitung Sterbender in den Unterrichtsplänen vor. Insoweit ist also die fachliche Anordnung zur Durchführung palliativpflegerischer Versorgungsmaßnahmen an examiniertes Pflegefachpersonal von dem arbeitgeberseitigen Weisungsrecht gemäß § 106 GewO abgedeckt, weil es nach dem Ausbildungsgrad und Ausbildungsprofil dem verlangbaren pflegerischen Aufgabenspektrum zuzuweisen ist, von dem in aller Regel auch nicht durch vertragliche Vereinbarung abgewichen wird.
„Dienstplangerechtigkeit“: Verteilung von psychisch anspruchsvollen Aufgaben
Die sogenannte „Dienstplangerechtigkeit“ ist ein weiterer juristischer Aspekt der gegen eine immer wiederkehrende, einseitige Verlagerung spezieller Aufgaben auf die gleichen Arbeitskräfte spricht. Vor allem belastende Dienste, wie die Palliativpflege, sollten aus dem Weisungsgesichtspunkt des „billigen Ermessens“ gerecht unter den Teammitgliedern aufgeteilt werden.
Von der juristischen Bewertung abzugrenzen ist dabei die arbeitspsychologische Ebene: Die dauernde Verweigerung eines Arbeitnehmers, den Sterbeprozess pflegerisch zu begleiten, kann als Indiz für ein Problem auf der institutionellen oder zwischenmenschlichen Ebene gedeutet werden. Insgesamt ist das Thema Palliativpflege sehr facettenreich und bietet aus der behandlungspflegerischen Sicht ein breites Aufgabenspektrum (Wundversorgung, Schmerztherapie, Stomaversorgung, etc). Insoweit könnte eine neigungsgerechte Verteilung der Aufgaben einen Lösungsansatz darstellen. Palliativpflegerische Fort- oder Weiterbildungsangebote für das gesamte Team können zudem einen Beitrag zur Stabilisierung der horizontalen und vertikalen Arbeitsebene leisten.
Letztlich ist aber vor allem die Versorgung in der letzten Lebensphase immer auf die Wünsche und Bedürfnisse des sterbenden Menschen auszurichten.
Fußnoten: