Nur in Ausnahmefällen ist es nicht spezialisierten Pflegediensten gestattet, diese komplexen Behandlungsmaßnahmen durchzuführen. Dies soll sicherstellen, dass Patienten die bestmögliche Pflege erhalten und die Heilungschancen steigen. Doch die Umsetzung dieser Regelungen stellt das Gesundheitssystem vor Herausforderungen.
Strikte Anforderungen an spezialisierte Pflegedienste
Gemäß der HKP-Richtlinie sind die Anforderungen an das Pflegefachpersonal hoch. Wer chronische und schwer heilende Wunden als spezialisierter Leistungserbringer versorgen will, muss neben der pflegerischen Grundausbildung eine spezialisierte Zusatzqualifikation von 84 Unterrichtseinheiten nachweisen. Darüber hinaus muss die leitende Pflegefachperson eine auf die Wundversorgung zugeschnittene Ausbildung von 168 Unterrichtseinheiten absolviert haben. Die Richtlinie unterstreicht, dass Versorgung chronischer und schwer heilender Wunden eine besondere pflegefachliche Expertise erfordert. Diese Vorgaben resultieren aus der besonderen Komplexität der Wundbehandlung, die von einer intensiven Fachkenntnis über moderne Wundmanagement-Methoden geprägt ist.
Neben Zusatzqualifikation auch Fortbildungspflicht
Um die geforderte pflegefachliche Kompetenz sicherzustellen, müssen Wundversorger umfassend geschult werden. Pflegefachpersonen müssen nicht nur die 84-stündige Zusatzqualifikation abschließen, sondern sich auch regelmäßig weiterbilden. Ein jährlicher Fortbildungsumfang von 10 Zeitstunden ist Pflicht. Diese Fortbildungen müssen den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen im Bereich der Wundbehandlung folgen und dürfen nicht produktgebunden sein. Besonders für Pflegekräfte, die bereits als „Wundexperten ICW“ gelten, bedeutet der geforderte Weiterbildungsumfang von 84 UE oft eine Nachqualifizierung. Trotz Übergangsfristen von bis zu vier Jahren haben viele Betroffene Kritik an der neuen Regelung geäußert, da der bisherige Weiterbildungsumfang von 56 UE, welcher für den Wundexperten ICW gefordert wird, als nicht ausreichend für den spezialisierten Leistungserbringer bewertet wurde.
Die Kostenfalle für Pflegedienste
Die Umsetzung der neuen Qualitätsstandards geht mit erheblichen Kosten einher. Weiterbildungen, Fortbildungen, Nachqualifizierungen und zusätzliche Dokumentationspflichten belasten die Budgets der Pflegedienste. Dies führt dazu, dass einige Anbieter wundspezifische Behandlungsmaßnahmen aus ihrem Portfolio streichen. Das hat zur Folge, dass die Versorgung von chronischen Wunden für Patienten schwerer zugänglich wird. Hier stellt sich die Frage, wie die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung trotz steigender Anforderungen gewährleistet werden kann. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, die notwendige Wundversorgung sicherzustellen.
Ausnahmefälle: Wann nicht spezialisierte Pflegedienste versorgen dürfen
Die HKP-Richtlinie sieht vor, dass die Versorgung durch nicht spezialisierte Pflegedienste nur in Ausnahmefällen erfolgen darf. Diese Ausnahme ist eng gefasst und bedarf einer besonderen Begründung. Der Grundgedanke dahinter ist klar: Die Komplexität der Versorgung chronischer Wunden erfordert eine spezialisierte Herangehensweise. Wenn jedoch keine spezialisierte Pflege verfügbar ist oder besondere Umstände es erfordern, dürfen auch nicht spezialisierte Dienste einspringen. Dies erfordert jedoch eine Abwägung im Einzelfall und soll die Ausnahme bleiben, um die Qualität der Versorgung zu sichern.
Fazit
Die Neuregelung hat zweifellos zu einer Verbesserung der pflegerischen Standards geführt, doch sie bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Sowohl die Pflegekräfte als auch die Pflegedienste müssen sich an die hohen Anforderungen anpassen, während das Gesundheitssystem weiterhin sicherstellen muss, dass alle Patienten eine adäquate und wirtschaftlich vertretbare Versorgung erhalten.
Sollten sie noch keine adäquate Weiterbildung im Umfang von 84 oder 168 Unterrichtseinheiten abgeschlossen haben, besteht die Möglichkeit einer der anstehenden zertifizierten Wundkurse im Rahmen des Prolife Kollegs zu besuchen. Geben Sie bei Ihrer Buchung „Grosskopf“ an und sie erhalten einen Rabatt von 10 %.
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FAQ
Welche Pflegedienste dürfen chronische Wunden versorgen?
Ab dem 1. Oktober 2022 sollen nur noch spezialisierte Pflegedienste oder Wundzentren mit entsprechender Zusatzqualifikation die Versorgung chronischer und schwer heilender Wunden übernehmen. Ausnahmen sind in der Regel nur dann möglich, wenn kein spezialisierter Leistungserbringer verfügbar ist.
Welche Zusatzqualifikationen sind erforderlich, um als spezialisierter Leistungserbringer chronische Wunden zu versorgen?
Pflegefachpersonen müssen eine 84-stündige Weiterbildung in der Wundversorgung absolvieren und jährlich eine Fortbildung von 10 Zeitstunden nachweisen, um den Anforderungen zur Versorgung chronischer Wunden als spezialisierter Leistungserbringer zu entsprechen.
Wie wirken sich die neuen Anforderungen der HKP-Richtlinie auf die Kosten der Wundversorgung aus?
Die Anforderungen führen zu höheren Kosten für Pflegedienste, was dazu führt, dass einige ihre wundspezifischen Angebote reduzieren. Die Krankenkassen sind jedoch weiterhin verpflichtet, die Versorgung chronischer Wunden sicherzustellen. Mithin bedarf es einer adäquaten Entlohnung der spezialisierten Leistungserbringer um Versorgungsbrüche zu vermeiden.