Bereits zweieinhalb Jahre ist es mittlerweile seit der Erstvorstellung der überarbeitenden Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) her. In der vergangenen Legislaturperiode war das Vorhaben, die Personalsituation in den Kliniken noch schärfer festzuschreiben und bestehende Pflegekräfte zu entlasten, weitgehend – wohl auch aufgrund der Coronapandemie als alles-beherrschendes Thema – liegengeblieben.
Nun aber kommt wieder Bewegung in die Sache: Das Bundesministerium für Gesundheit unter Führung von Karl Lauterbach (SPD) hat – im Rahmen der Eckpunkte eines Pflege-Entlastungsgesetzes – die Einführung der neuen Personalregelung auf den Stationen präzisiert. In mehreren Schritten, von Jahresbeginn 2023 bis ins Jahr 2025 hinein, soll sich die PPR 2.0 stufenweise in der stationären Patientenversorgung etablieren.
Ab 2025 drohen Krankenhäusern, welche die festgelegten Werte bei der Personalbemessung dauerhaft unterschreiten, Sanktionen.
Die neue Pflegepersonal-Regelung hat die Aufgabe, eine bedarfsorientierte Personaldecke in Krankenhäusern sicherzustellen. Hierzu werden die Pflegeleistungen und Zeitwerte an aktuelle, am Bedarf der Patienten orientierte Anforderungen angepasst. Für jede zu pflegende Person auf Station wird, kurz gesagt, punktgenau ermittelt, wie viel Pflegezeit sie benötigt – einerseits bezogen auf allgemeine, immer bei einem Klinikaufenthalt anfallende Leistungen wie Ernährung, Körperpflege und Mobilisierung, andererseits auf spezielle, situationsbezogene Leistungen, wie die Wundpflege nach einer Operation.
Darüber hinaus gibt es pauschale Zeitbudgets für organisatorische Dinge, sowie einheitliche Fallwerte für Aufnahme und Entlassung. „Insgesamt ergibt sich in erster Einschätzung eine durchschnittliche Steigerung des Pflegezeitbedarfs pro Patient um 8,1 Prozent gegenüber der alten PPR“, schätzt es die Deutsche Krankenhaus-Gesellschaft (DKG) ein, die einer der drei Partner beim Entwurf der neuen Regelung war und die den Entwurf am 13. Januar 2020 gemeinsam vorgestellt hatten.
Ausfallpläne: Auf Personalengpässe frühzeitig reagieren
Ein wichtiges Ziel der PPR 2.0 ist es auch, die Dienstplangestaltung frühzeitig anzugehen und transparent zu machen, auch um den Mitarbeitenden Planungssicherheit zu geben. Ein vorher geregeltes und hinterlegtes Ausfallkonzept soll Vorsorge für den Fall tragen, dass Arbeitskräfte auf den Stationen knapp werden. Die neue Personal-Bemessung würde zugleich die Pflegepersonal-Untergrenzen für bestimmte, besonders sensible Abteilungen der Krankenhausversorgung – höchstwahrscheinlich – überflüssig machen und daher ersetzen.
Wenn der Bundestag das Regelwerk beschließt – was aber als sicher gilt – könnte ab 1. Januar 2023 die PPR 2.0 mit einer Erprobungsphase von mindestens drei Monaten Länge in repräsentativ ausgewählten Krankenhäusern starten; weitere Kliniken könnten sich auf freiwilliger Basis anschließen. Im Laufe des Jahres wird die PPR 2.0 immer weiter ausgeweitet; ab Januar 2024 würde es für die Einrichtungen verpflichtend, die Regelungen anzuwenden; zunächst jedoch noch ohne Sanktionsdruck.
Diese würden dann ab 2025 anstehen, für Kliniken, die die Vorgaben nicht einhalten. Während der Einführung wird ein wissenschaftliches Institut fortwährend über die Zwischenerkenntnisse berichten, und im Laufe des Verfahrens den Umsetzungsgrad in den Krankenhäusern feststellen. Ein erster Zwischenbericht ist für 1. Juli 2023 terminiert.
Freude über anstehende PPR-Einführung: „Bedeutsames Versprechen des Koalitionsvertrags eingelöst“
Die Partner der PPR 2.0 begrüßen die Ankündigung Lauterbachs einhellig. „Die Einführung der PPR 2.0 ist ein Meilenstein hin zu besseren Arbeitsbedingungen und einer guten Versorgungsqualität im Krankenhaus“, kommentiert es die Gewerkschaft Verdi. Nach Jahren andauernder hoher Belastung und extremer, pandemiebedingter Anstrengungen zeichne sich endlich eine nachhaltige Lösung gegen die Personal-Misere ab, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Minister Lauterbach macht damit klar, dass er die strukturelle Personalnot in den Kliniken ernsthaft angehen will.“
„Der Deutsche Pflegerat freut sich darüber, dass die Pflegepersonal-Regelung PPR 2.0 und Kinder-PPR 2.0 als eine unserer langjährigen Forderungen mit den jetzt veröffentlichten Eckpunkten eines Pflegeentlastungsgesetzes auf den Weg gebracht wurde. Damit wäre ein bedeutsames Versprechen des Koalitionsvertrags eingelöst“, kommentiert es Christine Vogler, die Präsidentin des Deutschen Pflegerats. Nun gelte es, die PPR 2.0, und auch die begleitende Kinder-PPR 2.0 für Kinderstationen, als lernende Systeme zu begreifen; man wolle bei der Weiterentwicklung gerne mitarbeiten und eingebunden werden.
„Es ist gut, dass sich der Bundesgesundheitsminister nach langem Zögern nun doch entschlossen hat, die vom Deutschen Pflegerat, ver.di und der Deutschen Krankenhausgesellschaft entwickelte Pflegepersonalbemessung PPR 2.0 einzuführen“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß. Allerdings sei die im gleichen Zug verkündete Ankündigung von Sanktionen unpassend. Man müsse sich vielmehr im Laufe der Einführung anschauen, wo es Probleme bei der Personalausstattung gebe, und wie sich diese gemeinsam lösen ließen.
„Die PPR 2.0 ist alter Wein in neuen Schläuchen“, resümiert dagegen kritisch der GKV-Spitzenverband. Die Pflegequalität bleibe außen vor; die Personalbemessung sei zu stark quantitativ definiert und lasse fachliche Qualifikationen weitgehend außen vor. „Für eine gute Versorgung pflegebedürftiger Patienten ist es aber wichtig, dass genügend Pflegfachkräfte, Pflegehilfskräfte und auch Personen der akademischen Pflegeberufe eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Pflege übernehmen.“
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2 Kommentare
Wenn das so lange dauert gibt es gar kein Personal mehr. Das dauert viel zu lange. Und wie soll der Personalschlüssel für die Stationen aussehen
Das sind Dinge die man nicht mehr braucht. Wenn alles so lange. Dauert.
Es muss jetzt passieren denn es ist 1 Minute nach 12