Die rechtlichen Voraussetzungen sind hierfür bereits geschaffen worden, allerdings gibt es im Bereich der Aufklärung, Dokumentation und des elektronischen Datenschutzes Besonderheiten zu beachten.
Fernbehandlung
Die bisher größte Hürde im ausschließlichen Behandeln durch Telemedizin war bis zum 13. Dezember 2018 der § 7 Absatz 4 der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärzte und Ärztinnen (MBO‑Ä).
In der Fassung der Beschlüsse des 121. Deutschen Ärztetages 2018 in Erfurt ist dieser Paragraph durch folgenden Wortlaut ersetzt worden:
„Ärztinnen und Ärzte beraten und behandeln Patientinnen und Patienten im persönlichen Kontakt. Sie können dabei Kommunikationsmedien unterstützend einsetzen. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“
Sinn der Aufklärung ist zum einen, die Voraussetzung für die Rechtfertigung des Heileingriffs als Körperverletzung und – in den letzten Jahren genauso wichtig geworden – die Voraussetzung für die Einwilligung in die Datenverarbeitung zu erfüllen.[1]
§ 630e Absatz 1 Satz 1 BGB besagt: „Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären.“ Ferner heißt es in §7 Absatz 4 MBO‑Ä, dass von ärztlicher Seite „die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird.“
Speziell für die Telemedizin bedeutet das, eine Aufklärung über
- Sicherheit bzwbeziehungsweise Unsicherheit des Kommunikationsweges
- die Unsicherheit der Telemedizin gegenüber persönlichen Kontakt:
- einer körperlichen Untersuchung
- einer schlechten Bildqualität im Vergleich zum direkten Augenschein – möglicher Ausfall der Datenverbindung[2]
Dokumentation
Die Dokumentation bei einer telemedizinischen Behandlung unterscheidet sich von der einer persönlichen Behandlung marginal. Allerdings sollten aufgrund der Beweissicherung Telefonate und Videochats/-konferenzen mit Patienten elektronisch aufgezeichnet werden. Hierfür ist vorher eine Einwilligung signifikant. Rechtliche Grundlage dafür bilden §§ 201, 201a StGB.
Als unproblematisch bezüglich des Datenschutzes haben sich Ende-zu-Ende-verschlüsselte E‑Mails, etwa zur Kommunikation mit dem Patienten, etabliert. Laut der Vereinbarung über telemedizinische Leistungen der KBV sind die jeweils aktuellen Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenverarbeitung und zum Datenschutz in der Arztpraxis zu beachten, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an den Virenschutz, die Firewall und die weiteren Vorgaben zur Absicherung der IT-Infrastruktur der Arztpraxis.[3]
Fazit
Die rechtlichen Gegebenheiten zur ausschließlichen Fernbehandlung sind mit der Neufassung der MBO‑Ä geschaffen worden, sodass die Telemedizin durchaus das Potenzial hat, den bevorstehenden Ärztemangel zu kompensieren.
Die größte Hürde im weiteren Aufbau der Telemedizin, um unter anderem einem Arztmangel gerade im ländlichen Bereich entgegen zu wirken, wird die mangelnde Infrastruktur in Form von Hochgeschwindigkeitsleitungen darstellen.
Von Thorsten Heider
Zur Person: Thorsten Heider ist die pflegerische Leitung der Dialyseabteilung des Klinikums Solingen und hat sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit des pflegewissenschaftlichen Studiengangs an der Katholischen Hochschule NRW in Köln mit den rechtlichen Grundlagen beim Einsatz von Telemedizin auseinandergesetzt.
Fußnoten:
- Vgl. Wolf, Dr. F.: Neue(?) Regelungen der Fernbehandlung, S. 27
- Vgl. Wolf, Dr. F.: Neue(?) Regelungen der Fernbehandlung, S. 30.
- KBV, Vereinbarung über telemedizinische Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Zusammenhang mit § 87 Absatz 2a Satz 7 SGB V , S. 11.