Antibiotikaresistenz
Ein Beispiel für Antibio­ti­ka­re­sis­tenz ist das sogenannte Enzym ESBL(Extended-Spectrum-Betalaktamase). ESBL-Keime wurden beson­ders häufig bei Reisen­den entdeckt, die aus Indien zurück­kehr­ten. Bild: CDC/James Archer

Antibio­ti­ka­re­sis­ten­zen sind ein ernst zuneh­men­des Problem – laut der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion (WHO) sterben jährlich rund 700.000 Menschen infolge von bakte­ri­el­len Infek­ten, die aufgrund von Antibio­ti­ka­re­sis­ten­zen nicht abgewehrt werden können. Nun sind Wissen­schaft­ler der Fried­rich-Alexan­der-Univer­si­tät Erlan­gen-Nürnberg (FAU) und der briti­schen Univer­sity of Oxford zu neuen Erkennt­nis­sen gekom­men, die einen Fortschritt im Kampf gegen Antibio­ti­ka­re­sis­ten­zen bringen könnten.

RNA-Produk­tion elemen­tar für Überle­ben der Bakte­rien

Sie haben heraus­ge­fun­den, dass die frühe Phase der Produk­tion von Ribonu­kle­in­säure (RNA) ein zentra­ler Schlüs­sel­punkt ist, um die sogenannte Genex­pres­sion in Bakte­rien zu kontrol­lie­ren. Genex­pres­sion bezeich­net die Bildung von einem Gen kodier­ten Genpro­dukts, vor allem von Prote­inen oder RNA-Molekü­len. In Bakte­rien wird die RNA mit Hilfe eines großen Prote­in­kom­ple­xes, der RNA-Polyme­rase (RNAP), herge­stellt. Diese RNAP liest die DNA-Sequenz aus und stellt eine RNA-Kopie her, indem sie Nukleo­tide – die funda­men­ta­len Bausteine der RNA – während der sogenann­ten Transkrip­tion verbin­det. Da diese RNA-Produk­tion für das Überle­ben der Bakte­rien elemen­tar ist, wurde sie bereits inten­siv unter­sucht und als Ansatz­punkt für Antibio­tika, zum Beispiel gegen Tuber­ku­lose, genutzt. Dennoch war bisher unklar, wie die RNA-Produk­tion auch in der frühen Phase der Transkrip­tion, in der die RNAP gerade erst begon­nen hat, die ersten Bausteine der RNA zusam­men­zu­set­zen, reguliert wird. Diese Frage­stel­lung haben die Wissen­schaft­ler unter­sucht.

Die Forscher setzten auf die High-End-Fluires­zenz­mi­kro­sko­pie und konnten einzelne RNAP-Moleküle während des Beginns der RNA-Herstel­lung verfol­gen. So fanden sie heraus, dass die initiale RNA-Synthese stark reguliert ist: Eine bestimmte DNA-Sequenz zwingt die RNAP, für mehrere Sekun­den zu pausie­ren. Erst danach ist es ihr wieder möglich, mit der RNA-Produk­tion fortzu­fah­ren.

Hilfreich für die Entwick­lung neuer Antibio­tika

Dieses Forschungs­er­geb­nis verän­dert das bishe­rige Bild der initia­len RNA-Synthese in Bakte­rien völlig. „Die Tatsa­che, dass die RNAP für längere Zeit gleich­zei­tig an die DNA und das kurze RNA-Stück gebun­den sein kann, war für uns sehr überra­schend, da es dem bishe­ri­gen Wissens­stand wider­spricht“, sagt Dr. David Dulin vom Inter­dis­zi­pli­nä­ren Zentrum für Klini­sche Forschung der FAU.

Die Wissen­schaft­ler sehen in ihrer Entde­ckung Poten­zial für einen völlig neuen Ansatz­punkt in der Entwick­lung von Antibio­tika. „Nun könnten Präpa­rate entwi­ckelt werden, die auf unseren Erkennt­nis­sen aufbauen und die krank­heits­ver­ur­sa­chen­den Bakte­rien töten“, hofft Dulin. Die Entde­ckung dieses neuen Kontroll­punkts in der Genex­pres­sion kann für die Entwick­lung neuer Antibio­tika genutzt werden. „Zum Beispiel könnten Präpa­rate entwi­ckelt werden, die die RNAP in dem pausier­ten Zustand festhal­ten und dadurch die krank­heits­ver­ur­sa­chen­den Bakte­rien töten“, stellt sich Dr. Dulin vor. Ein Hoffnungs­schim­mer im weltwei­ten Kampf gegen Antibio­ti­ka­re­sis­ten­zen.

Die Forschungs­er­geb­nisse wurden in der wissen­schaft­li­chen Fachzeit­schrift Nature Commu­ni­ca­ti­ons veröf­fent­licht.

Quelle: idw