Chefarzt
Chefarzt Dr. Günne­wig und Pflege­rin Kunze beim Betten­ma­chen Bild: Elisa­beth Kranken­haus Reckling­hau­sen

Rechts­de­pe­sche: Herr Dr. Günne­wig, Sie sind Chefarzt im Klini­kum Elisa­beth in Reckling­hau­sen und hatten die Idee zu der Aktion. Wie ist es dazu gekom­men, warum haben Sie das gemacht?

Dr. Thomas Günne­wig: Wir sind neun Chefärzte hier und haben uns entschie­den, einen Tag unsere Pflege als Pflege­hel­fer zu unter­stüt­zen. Um unseren Kräften hier Anerken­nung auszu­spre­chen, es ist das dritte Covid-Jahr. Unsere Pflege­riege ist ausge­dünnt durch Krank­heit, aus Alters­grün­den oder weil die Leute den Beruf gewech­selt haben. Das Pflege­team hat über viele Monate immer die Dienste sichern müssen.

Und weil heute ja keiner mehr klatscht, war es unser Anlie­gen, dass wir mal unser Klatschen auf diese Art und Weise ganz praktisch ausdrü­cken. Gemein­sam mit meiner Kolle­gin Anke Kunze, Gesund­heits- und Kranken­pfle­ge­rin hier im Haus, habe ich heute morgen die Schicht von 6 bis 13 Uhr gemacht – als Team. Wir sind hier ein familiä­res Team, das gut mitein­an­der umgeht. Und jetzt schlüpfe ich wieder in meine Rolle als Arzt und hänge meine reguläre Schicht dran.

Chefarzt erhält Einblick in die Pflege­ar­beit

Anke Kunze: Das war ein tolle Aktion heute. So haben unsere Ärzte noch einmal einen genauen Einblick in unsere Arbeit bekom­men. Vielen war gar nicht mehr bewusst, was morgens in so einer Schicht eigent­lich alles geleis­tet wird. Es ist wirklich eine großar­tige Wertschät­zung für uns.

Rechts­de­pe­sche: Herr Dr. Günne­wig, haben Sie persön­lich Erkennt­nisse gewon­nen, wird es eine Wieder­ho­lung der Aktion geben?

Günne­wig: Ich glaube eine Wieder­ho­lung macht keinen Sinn, weil ja auch der Symbol­cha­rak­ter der Aktion eine große Rolle spielt. Gleich­zei­tig ist das Bild nach aussen wichtig: hier bei uns kann man gut arbei­ten. Wenn man eine neue Stelle antre­ten will, kann man das gerne bei uns machen und reinschnup­pern. Das ist das zweite Signal. Und das dritte ist: Wir sind ein Haus mit Herz und das sollen auch die Patien­tin­nen und Patien­ten schät­zen.

Dazu kommt der Blick nach innen, mit welcher Profes­sio­na­li­tät, Tempo und Komple­xi­tät hier die Dinge abgear­bei­tet werden. Gerade als Chefarzt bekommt man da viele Kleinig­kei­ten gar nicht mehr mit, so dass ich noch einmal einen Einblick bekom­men habe. Das ist gut für die Zusam­men­ar­beit der verschie­de­nen Berufs­grup­pen. Weil man dann die Nöte und Pflich­ten des anderen besser versteht.

Rechts­de­pe­sche: Wie waren die Reaktio­nen der Patien­tin­nen und Patien­ten?

Kunze: Durch­weg positiv. Viele haben ihn natür­lich sofort als Chefarzt erkannt.

Günne­wig: Freudig, fröhlich, belus­tigt, amüsiert – das ist das Stimmungs­bild, das ich auch schon im Vorfeld der Aktion privat erfah­ren haben, als ich davon erzählt habe.

Chefarzt
Dr. Thomas Günne­wig Bild: Elisa­beth Kranken­haus Reckling­hau­sen

„Wir könnten mehr Perso­nal haben“

Rechts­de­pe­sche: Wie ist die aktuelle Situa­tion ihrer Pflege­fach­kräfte? Haben Sie auch zuwenig Perso­nal?

Günne­wig: Wir könnten mehr haben. Bei uns sind einige Betten geschlos­sen, kurzzei­tig war auch eine Station geschlos­sen. Aber die Patien­tin­nen und Patien­ten konnten immer gut versorgt werden. Das klappt aber nur, wenn alle Betei­lig­ten sich strecken und flexi­bel sind und auch Opfer bringen. So haben wir eine gute Versor­gungs­kon­ti­nui­tät geschaf­fen.

Rechts­de­pe­sche: Im Augen­blick ist die Diskus­sion um die einrich­tungs­be­zo­gene Impfpflicht wieder im Gange. Es gibt Kräfte, die sie wieder abschaf­fen wollen, wie die DKG und Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Holet­schek. Wie ist das bei Ihnen im Haus, schafft die Impfpflicht Probleme was die Perso­nal­si­tua­tion betrifft?

Günne­wig: Bei uns ist das überhaupt kein Problem, nur sehr wenige Mitar­bei­ter sind ungeimpft. Es obliegt ja dem Gesund­heits­amt, Betre­tungs­ver­bote auszu­spre­chen. Das ist bisher hier im Kreis Reckling­hau­sen noch nicht erfolgt. Grund­sätz­lich wird es für das Gesund­heits­sys­tem spürbar sein, sollten Betre­tungs­ver­bote ausge­spro­chen werden. Das wäre in ganz Deutsch­land zu merken. Ob das sinnvoll ist – ich weiß es nicht.

Je unver­krampf­ter Politik und Medizin dieses Thema angehen, umso weniger muss man da disku­tie­ren. Ich glaube die Frage der Impfpflicht in einem Kranken­haus wird sich bald erledigt haben. Irgend­wann ist die Durch­seu­chung hoch, die Impfquote ist hoch – da sollte das irgend­wann keine Rolle mehr spielen.

Rechts­de­pe­sche: Vielen Dank für das Gespräch!