
Ein zentraler Vorteil der Delegation liegt in der Freisetzung von Ressourcen. Ärzte können sich verstärkt auf komplexe oder spezifisch-ärztliche Tätigkeiten konzentrieren, während nichtärztliches Personal unterstützende Aufgaben übernimmt.
Dieses Vorgehen birgt enorme Potenziale, die Patientenversorgung zu optimieren. Damit diese Effizienz jedoch nicht ins Gegenteil umschlägt, sind klare Zuständigkeiten und fundierte Schulungen unverzichtbar.
Haftungsrisiko und juristische Implikationen
Die Frage der Haftung ist ein neuralgischer Punkt bei der Delegation. Ärzte bleiben grundsätzlich verantwortlich für delegierte Aufgaben, auch wenn diese nicht aus der eigenen Hand, sondern von anderen ausgeführt werden. Denn die Anordnung und Überwachung der angewiesenen Maßnahmen obliegen ihrem Verantwortungskreis.
Unsachgemäße Ausführungen oder unzureichende Qualifikationen des Personals können zu Behandlungsfehlern führen – und diese wiederum bergen nicht nur medizinische Risiken für die Patienten, sondern auch rechtliche Konsequenzen für die ärztlichen Praxisinhaber.
Einem besonderen Risiko sind Ärzte ausgesetzt, wenn wiederholte Fehler zu einer Häufung von Schadensfällen führen, da dies die Kündigung der Haftpflichtversicherung zur Folge haben kann.
Haftung der Pflege
Die juristischen Haftungsaspekte im Rahmen der Delegation ärztlicher Aufgaben betreffen neben der Gesamtverantwortung des Arztes aber auch die sogenannte Durchführungsverantwortung des nichtärztlichen Personals. Während der Arzt für die ordnungsgemäße Auswahl und Instruktion haftet, liegt die Durchführungsverantwortung bei den delegierten Fachkräften.
Diese sind verpflichtet, die anvertrauten Aufgaben gemäß den Anweisungen, ihrem Ausbildungsstand und unter Beachtung der allgemeinen Sorgfaltspflicht auszuführen. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann dazu führen, dass das nichtärztliche Personal für Schäden haftbar gemacht wird, wenn Fehler auf vorwerfbare Fahrlässigkeit oder Vorsatz zurückzuführen sind.
Dennoch bleibt der Arzt bei unklarer Aufgabenabgrenzung oder mangelhafter Überwachung in der Verantwortung. Deshalb sind klare Anweisungen, eine fortlaufende Schulung und eine präzise Dokumentation der Delegationsentscheidungen essenziell, um Haftungsrisiken für alle Beteiligten zu minimieren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Delegation erfordern daher eine sorgfältige Abwägung, welche Aufgaben sinnvoll übertragen werden können.
Delegation endet auf jeden Fall dort, wo Substitution beginnt: Eine vollständige Übertragung ärztlicher Kernkompetenzen auf nichtärztliches Personal ist nach allgemeiner Auffassung juristisch und ethisch problematisch und daher in vielen Fällen nicht zulässig. Besonders im Bereich der Wundversorgung, ein derzeit intensiv diskutiertes Feld, werden diese Grenzen offenbar.
Substitution in der Wundversorgung: Chancen und Herausforderungen
Die Wundversorgung ist ein Arbeitsbereich, in dem die Substitution ärztlicher Tätigkeiten im Fokus steht. Der Bedarf an qualifizierten Kräften in diesem Bereich ist groß, da chronische Wunden und die postoperative Nachsorge in zunehmender Zahl auftreten. Fachkräfte wie Wundmanagerinnen und Wundmanager, die über spezifische Schulungen verfügen, leisten hier seit vielen Jahren einen wertvollen Beitrag.
Im Sinne der Rechts- und Handlungssicherheit ist jedoch zu gewährleisten, dass diese Tätigkeiten klar von ärztlichen Kernaufgaben abgegrenzt werden. Die neue Versorgungsart der spezialisierten Leistungserbringung im Bereich der Wundversorgung verlangt daher mit Recht präzise Vorgaben für die Aufgabendurchführung, regelmäßige Schulungen und eine enge Kommunikation zwischen dem nichtärztlichen Personal und den Ärzten.
Nur so lässt sich das Risiko minimieren, dass Fehler durch unsachgemäße Handhabung teuer bezahlt werden müssen – sowohl in finanzieller als auch in menschlicher Hinsicht.
Fortbildungsmodul zur Delegation
Qualifizierte Einblicke in Haftungsfallen und Lösungen bietet das E‑Learning Modul „Delegation ärztlicher Aufgaben auf nicht ärztliches Personal“ des Fortbildungs- und Informationsportal (FIP).
Die Teilnehmer erwerben 4 Rezertifizierungspunkte der Fachgesellschaft Initiative Chronische Wunden e. V. (ICW), wenn das Modul erfolgreich durchgearbeitet wird. Zertifizierte E‑Learning-Module wie das des Fortbildungs- und Informationsportals (FIP) bieten eine flexible und zeiteffiziente Möglichkeit, sich fundiertes Wissen anzueignen.
Die Teilnehmer können ortsunabhängig lernen und ihren individuellen Zeitplan berücksichtigen, was besonders für Berufstätige von Vorteil ist. Zudem garantieren anerkannte Zertifikate wie die ICW-Rezertifizierungspunkte höchste Qualität und Relevanz des vermittelten Wissens – ein entscheidender Mehrwert für die Praxis. Mehr Informationen finden Interessierte direkt auf der FIP-Homepage.
Eine klare und sachkundige Delegation kann den Weg in eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung ebnen – aber nur, wenn kleine Fehler, die teure Folgen haben könnten, konsequent vermieden werden.