Wie ist die Definition des Débridements?
Laut der European Wound Management Association (EWMA) ist Débridement die Entfernung von abgestorbenem Gewebe, ein essenzieller Schritt in der Wundbehandlung. Methoden reichen von autolytisch bis chirurgisch. Das Positionspapier der Initiative Chronische Wunden (ICW) differenziert zwischen chirurgischem und scharfem Débridement.
Das Positionspapier der ICW besagt, dass das chirurgische Débridement wegen seiner Risiken ärztlichem Personal vorbehalten bleibt, während das scharfe Débridement unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen auf qualifiziertes Pflegepersonal übertragen werden kann.
Welche rechtlichen Aspekte sind bei der Aufgabenübertragung zu beachten?
Bei der Übertragung von Aufgaben im Rahmen der vertikalen Arbeitsteilung ist in einem ersten Schritt die objektive Gefährlichkeit der zu übertragenden Aufgabe einer genauen Betrachtung zuzuführen. Es muss geklärt werden, ob die zur Übertragung stehende Maßnahme dem Kernbereich ärztlichen Handelns zugewiesen ist. Fällt diese Antwort positiv aus, ist die Übertragung ausgeschlossen.
In diesem Zusammenhang ist auch auf den Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV) hinzuweisen, in welchem in Anlage 24 die delegierbaren Aufgaben im Bereich der ärztlichen Versorgung im niedergelassenen Bereich aufgeführt sind.
In § 2 BMV heißt es dazu:
„Der Arzt darf Leistungen, die er aufgrund der erforderlichen besonderen Fachkenntnisse nur persönlich erbringen kann, nicht delegieren. Dazu gehören insbesondere Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung des Patienten, Entscheidungen über die Therapie und Durchführung invasiver Therapien und operativer Eingriffe.“
Die diesbezügliche Qualifizierung des „scharfen Débridements“, das heißt die Frage, ob die Interventionen bis an den Rand des avitalen Gewebes zum Kernbereich des ärztlichen Handelns zählt, hängt dabei von mehreren Faktoren ab:
- Der Schwierigkeit und Komplexität der Aufgabe,
- dem Risiko, welchem der Patient bei der Durchführung der Aufgabe ausgesetzt ist,
- und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens unvorhersehbarer Reaktionen bei der Durchführung der Aufgabe.
Ob die zur Übertragung stehende Aufgabe bezüglich der Schwierigkeit und Komplexität und des sich hieraus ergebenden Risikopotenzials für den Patienten sowie hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit auftretender Komplikationen so einzustufen ist, dass sie übertragbar ist, kann allerdings nicht von einem Juristen, sondern nur von entsprechendem Fachpersonal mit sachverständiger Expertise beantwortet werden. Mithin ist es sehr zu begrüßen, dass in das vorbezeichnete Positionspapier die Meinung von ärztlichen und pflegerischen Experten mit ausgewiesener Fachkenntnis eingeflossen ist.
Die objektive Gefährlichkeit als Grundlage für die Entscheidung zur Rechtmäßigkeit der Aufgabenmigration – hier der Übertragung des „scharfen Débridements“ – sollte zwingend einer Begründung zugeführt werden . Einer befürwortenden Begründung muss entnommen werden können, wieso die Schwierigkeit und Komplexität als gering einzustufen ist, sodass entsprechend qualifiziertes nichtärztliches Personal die Aufgaben ohne Risiko für den Patienten übernehmen kann. Sollten hingegen bestimmte Aspekte nach den Kriterien der Bemessung der objektiven Gefährlichkeit gegen die Aufgabenwahrnehmung von nichtärztlichem Personal sprechen, wären diese gleichfalls zu benennen.
Die Komplexität und das Risiko einer Maßnahme stehen selbstverständlich auch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zustand des jeweiligen Patienten. Daher sollte das Begründungskonvolut, wenn die grundsätzliche Übertragung des „scharfen Débridements“ mangels objektiver Gefährlichkeit positiv ausfällt, immer auch eine individuelle Übertragbarkeitsprüfung enthalten. Hierbei sollten Faktoren wie der allgemeine Gesundheitszustand des Patienten, das Heilungsstadium der Wunde und mögliche Komplikationen berücksichtigt werden.
Formelle und materielle Qualifikation des Delegaten
Wie bereits erwähnt, darf eine delegationsfähige Aufgabe nur von entsprechend qualifiziertem Personal vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass sich die Prüfung der subjektiven und materiellen Fähigkeit des ausführenden Personals notwendigerweise an die vorhergehende Feststellung der Ungefährlichkeit der Delegationsmaßnahme anschließt. Die Prüfung der Qualifikation des Delegationsempfängers (Delegat) erfordert dann eine sorgfältige Bewertung der Fähigkeiten (materielle Qualifikation) und der Ausbildung (formelle Qualifikation) des ausführenden Pflegepersonals sowie der spezifischen Umstände jeder Wundsituation.
Das Positionspapier der ICW fordert für die Übernahme des scharfen Débridement bezüglich der formellen Qualifikation entsprechend ausgebildetes medizinisches Fachpersonal mit spezifischer Ausbildung in der Wundversorgung. Hinsichtlich der materiellen Qualifikation muss der Delegat die Technik des scharfen Débridements sowie eventuell auftretende Komplikationen sicher beherrschen können.
Ferner führt das Positionspapier auf, dass es beim scharfen Débridement auch zu unerwarteten Komplikationen wie größeren Blutungen kommen kann. Mithin wird dort eine Durchführung durch Personen aus Gesundheitsfachberufen nur dann empfohlen, wenn ein schriftliches Komplikations-Konzept vorliegt, welches die Umsetzung einer ggf. notwendigen medizinischen Notfallintervention unmittelbar sicherstellt, beispielsweise durch räumliche Nähe und Verfügbarkeit von Ärztinnen und Ärzten.
Wie sichere ich mich haftungsrechtlich als Pflegefachperson ab?
Scharfes Débridement gehört nicht zu den regelhaft delegierbaren Aufgaben. Es sollte daher mit dem Versicherer geklärt werden, ob der Haftpflichtversicherer dieses Risiko abdeckt. Nur dann, wenn der Versicherer dies bestätigt ist man im Schadensfall abgesichert.
Fazit
Die Aufgabenmigration im Gesundheitswesen, besonders beim scharfen Débridement, erfordert sorgfältige rechtliche und fachliche Abwägungen für eine sichere Patientenversorgung. Das ICW-Positionspapier unterstützt diesen Prozess und kann als Modell für zukünftige Delegationsprozesse dienen, um Arbeitssicherheit und Patientenschutz zu gewährleisten.
Dieses im Rahmen der vertikalen Arbeitsteilung so wichtige Thema wird auf dem Interdisziplinären WundCongress (IWC) am 28. November in den Kölner Sartory Sälen von Prof. Dr. Dissemond in seinem Vortrag „Das scharfe Débridement – Wer darf was wie?“ einer umfangreichen Betrachtung zugeführt.