Gefährdungsanzeige
Bei Gefähr­dungs­an­zei­gen müssen einige inhalt­li­che Aspekte berück­sich­tigt werden. Bild: © Piksel | Dreamstime.com

Gefähr­dungs­an­zeige in der Pflege

Wer im Beruf an die Grenzen seiner mögli­chen Belas­tung kommt, hat die Möglich­keit mit Hilfe einer Gefähr­dungs­an­zeige seinen Arbeit­ge­ber über Missstände im Unter­neh­men zu infor­mie­ren. Die Gründe, die zu solch einer Situa­tion führen können, sind vielfäl­tig: Perso­nal­man­gel, zu hoher Arbeits­auf­wand, struk­tu­relle Defizite.

Gerade im Gesund­heits­we­sen ist die Arbeits­be­las­tung für die Mitar­bei­ten­den enorm. So erkran­ken Beschäf­tige in der Pflege doppelt so häufig an Burnout wie andere Berufs­grup­pen. Auch beim generel­len Kranken­stand führt die Pflege den Branchen­ver­gleich an, mit durch­schnitt­lich knapp 35 Ausfall­ta­gen im Jahr.

Zudem zeigte der DAK-Gesund­heits­re­port 2023, dass dreivier­tel der befrag­ten Gesund­heits- und Kranken­pfle­gen­den regel­mä­ßig Phasen erleben, in denen der Arbeits­auf­wand nur unter großer Anstren­gung zu bewäl­ti­gen sei.

Um Schäden für die Mitar­bei­ten­den und Patien­ten durch übermä­ßige Belas­tungs­si­tua­tio­nen zu vermei­den, können Pflegende mit einer Gefähr­dungs­an­zeige auf heikle Situa­tion aufmerk­sam machen. Umso wichti­ger ist es, zu wissen, wie eine Gefähr­dungs­an­zeige formu­liert sein und welche Inhalte sie haben muss.

Gefähr­dungs­an­zeige: Recht­li­che Grund­la­gen

Häufig wird die Gefähr­dungs­an­zeige auch als Überlas­tungs­an­zeige bezeich­net. Der Begriff der Überlas­tung hat sich aller­dings als ungüns­tig erwie­sen, weil er eher einen Rückschluss auf den überlas­te­ten Mitar­bei­ter vorgibt, anstatt das Problem in struk­tu­rel­len Gegeben­hei­ten zu suchen. Aus diesem Grund, ist der Begriff der Gefähr­dung geeig­ne­ter, um das zugrunde liegende Problem und die daraus hervor­ge­hende Gefah­ren­lage für die Patien­ten und Mitar­bei­ter zu benen­nen.

Die Gefähr­dungs­an­zeige ist kein gesicher­ter Rechts­be­griff, vielmehr ergibt sie sich aus mehre­ren recht­li­chen Vorga­ben.

Zum einen ergibt sie sich aus den §§ 611, 611a und §§ 241, 242 BGB, die eine gegen­sei­tige Rücksicht­nah­me­pflicht für Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer vorschrei­ben. So ist der Arbeit­neh­mer dazu verpflich­tet drohende Schäden an den Gütern des Arbeit­ge­bers zu melden[1].

Konkre­ti­siert wird das durch die §§15, 16 ArbSchG. Demnach haben Pflegende für ihre eigene Sicher­heit und Gesund­heit Sorge zu tragen und auch für die Sicher­heit und Gesund­heit der Perso­nen, die von ihrem Handeln abhän­gig sind.

Ist das nicht mehr möglich haben die Beschäf­tig­ten die Pflicht, dem Arbeit­ge­ber oder dem zustän­di­gen Vorge­setz­ten jede von ihnen festge­stellte erheb­li­che Gefahr für die Sicher­heit und Gesund­heit sowie jeden an den Schutz­sys­te­men festge­stell­ten Defekt unver­züg­lich zu melden.

An dieser Stelle ist es wichtig darauf hinzu­wei­sen, dass Pflegende es auf jeden Fall vermei­den sollten, aus Angst vor negati­ven Konse­quen­zen für sie und ihren Job, von einer Gefähr­dungs­an­zeige abzuse­hen. Es ist das gute Recht jedes Beschäf­tig­ten eine solche Anzeige zu stellen.

Eher haben die betrof­fe­nen Mitar­bei­ten­den arbeits­recht­li­che Konse­quen­zen zu befürch­ten, wenn sie keine Gefähr­dungs­an­zeige erstat­ten und somit gegen ihre Arbeits­pflich­ten versto­ßen. In diesem Zusam­men­hang sollte die Anzeige schnellst­mög­lich, ohne schuld­haf­tes verzö­gern, erfol­gen. Nämlich dann, wenn die Arbeits­auf­ga­ben nicht mehr fachge­recht durch­ge­führt werden können und sich daraus eine Gefähr­dung für die Betrof­fe­nen ergeben könnte.

Inhalte einer Gefähr­dungs­an­zeige in der Pflege

Formale Vorga­ben gibt es zwar nicht, dennoch müssen einige Aspekte beach­tet werden, damit das Anlie­gen verläss­lich bearbei­tet werden kann. Wichtig ist, dass die Gefähr­dungs­an­zeige alle nötigen Infor­ma­tio­nen enthält, damit der Arbeit­ge­ber „die erfor­der­li­chen Maßnah­men zur Verbes­se­rung der unzurei­chen­den Arbeits­be­din­gun­gen“ treffen kann[2].

Hilfe­stel­lung gibt hier der Deutsche Berufs­ver­band für Pflege­be­rufe (DBfK), der inhalt­li­che Vorga­ben für eine Gefähr­dungs­an­zeige heraus­ge­ge­ben hat. Demnach sollten folgende Inhalte vorkom­men:

  • Überlas­tungs­merk­male sollten konkret und objek­tiv beschrie­ben werden.
  • Beispiele sind hilfreich, um die Überlas­tung zu verdeut­li­chen.
  • Die poten­zi­elle Gefähr­dung und Schädi­gung der Patienten/Bewohner muss benannt werden.
  • Die Gefähr­dung der physi­schen und psychi­schen Gesund­heit der eigenen Person/der betrof­fe­nen Teammit­glie­der ist zu schil­dern.
  • Die aktuelle Perso­nal­be­set­zung und notwen­dige Perso­nal­be­set­zung muss aufge­zeigt werden.
  • Die Gefähr­dung der Quali­tät der Arbeit und eine mögli­che Schädi­gung des Unter­neh­mens muss darge­stellt werden.
  • Es sollten Aufga­ben benannt werden, die nicht erledigt werden können.
  • Der Arbeit­ge­ber sollte aufge­for­dert werden zu priori­sie­ren, welche Aufga­ben er in welcher Reihen­folge verlangt.

Auch ist es ratsam, die Gefähr­dungs­an­zeige schrift­lich zu erstel­len und eine Kopie aufzu­be­wah­ren. So kann sie als Beweis­stück fungie­ren, sollte es zu haftungs- oder arbeits­recht­li­chen Konse­quen­zen kommen. In der Regel erfolgt zunächst eine mündli­che Mittei­lung des Arbeit­neh­mers über die gegen­ständ­li­che Gefah­ren­si­tua­tion, bevor dann eine ausführ­li­che schrift­li­che Meldung erfolgt.

Zusätz­li­che Hilfe­stel­lung können Muster für Gefähr­dungs­an­zei­gen bieten, die vorge­fer­tigte Formu­lie­run­gen enthal­ten. Solche Muster bietet beispiels­weise nicht nur der DBfK, sondern auch Verdi oder der Deutsche Gewerk­schafts­bund an.

FAQ

Was ist eine Gefähr­dungs­an­zeige?

Eine Gefähr­dungs­an­zeige ist eine offizi­elle Meldung von Pflege­kräf­ten an ihren Arbeit­ge­ber über untrag­bare Arbeits­be­din­gun­gen, die die Sicher­heit von Patien­ten und Mitar­bei­tern gefähr­den können. Sie dient dazu, auf struk­tu­relle Missstände wie Perso­nal­man­gel oder Überlas­tung hinzu­wei­sen, bevor es zu Schäden kommt. Recht­lich basiert sie auf Regelun­gen des Arbeits­schutz­ge­set­zes und des Bürger­li­chen Gesetz­buchs.

Wann ist eine Gefähr­dungs­an­zeige zu erstel­len?

Eine Gefähr­dungs­an­zeige sollte immer dann erstellt werden, wenn Pflege­kräfte ihre Arbeit aufgrund von Überlas­tung nicht mehr fachge­recht ausfüh­ren können und dadurch eine Gefahr für Patien­ten oder Mitar­bei­ter entsteht. Dies kann beispiels­weise bei akutem Perso­nal­man­gel, hoher Arbeits­be­las­tung oder mangeln­den Schutz­maß­nah­men der Fall sein. Die Meldung sollte unver­züg­lich und idealer­weise schrift­lich erfol­gen.

Was muss eine Gefähr­dungs­an­zeige enthal­ten?

Eine Gefähr­dungs­an­zeige sollte objek­tiv beschrei­ben, welche Überlas­tungs­merk­male vorlie­gen und welche konkre­ten Gefah­ren für Patien­ten und Pflege­kräfte bestehen. Wichtige Inhalte sind die aktuelle und notwen­dige Perso­nal­be­set­zung, nicht ausführ­bare Aufga­ben sowie eine Auffor­de­rung an den Arbeit­ge­ber zur Priori­sie­rung der Arbeits­auf­ga­ben.

Quellen:

  1. Hitzel­ber­ger-Kijima in öAT 2023, 117.
  2. Schell, Werner (1998): Arbeits- und Arbeits­schutz­recht für die Pflege­be­rufe von A bis Z, 2. vollst. überarb. u. akt. Aufl. Brigitte Kunze Verlag, S. 188.