Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) – der unlängst auf einen eigenen Antrag zur allegemeinen Impfpflicht verzichtet hat – hat mit seiner Aussage zum Pflegebonus lebhafte Diskussionen ausgelöst. „Der Pflegebonus sollte vor allem Pflegekräften bezahlt werden, die in der Coronapandemie besonders belastet waren“, hatte Lauterbach dem RedaktionsNetzwerk Deutschland gesagt. „Dann kann der Bonus auch in nennenswerter Höhe angesetzt werden. Nur so kann die besondere Leistung von Pflegekräften wirklich gewürdigt werden.“
Ein Pflegebonus „in nennenswerter Höhe“ ist natürlich begrüßenswert. Da die Mittel begrenzt sind, gilt die Regel: Je mehr Begünstigte, desto geringer die Summe. Aber für viele Pflegende klingt die Ankündigung so, als ob die Zielgruppe möglichst kleingehalten werden soll.
Verbände kritisieren Pflegebonus
Viele Pflegeverbände sehen die Ankündigung kritisch. Benjamin Jäger, Vorsitzender der Pflegegewerkschaft BochumerBund, sagte der Rechtsdepesche: „Dem geplanten Pflegebonus droht erneut eine unsägliche Debatte darüber, wer ihn verdient und wer nicht. Für uns gibt es keine Differenzierung zwischen „systemrelevant“ und „besonders systemrelevant“ in der Pflege. Wir fordern steuerfreie 3000 € für alle dreijährig ausgebildeten Pflegefachpersonen und 1500 € für Pflegehilfskräfte.“
Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) befürchtet negative Auswirkungen, da langfristig in die Pflege investiert werden müsse. „Wir brauchen echte Anerkennung der Profession Pflege und dazu müssen langfristig bessere berufliche Rahmenbedingungen hergestellt werden“, sagt DBfK-Präsidentin Christel Bienstein. „Das heißt, dass wir genug Pflegefachpersonal für die Sicherstellung einer qualitativ guten Pflege der Bevölkerung haben. Es muss massiv in Bildung investiert werden, u. a. in Studiengänge und angemessene Gehälter. Solche Investitionen sollten mit den Berufsverbänden entwickelt werden, damit sie die Berufsgruppe nicht spalten, sondern ihrem Fortkommen dienen.“
Der DBfK befürchtet, dass die hohe Bonuszahlung als Alibi diene, wenn die nötigen Investitionen ausblieben. „Außerdem haben wir bei den bisherigen Bonuszahlungen bereits gesehen und kritisiert, dass die Verteilung der Gelder als ungerecht empfunden wurde und zu schädlichen Polarisierungen in der Berufsgruppe führten“, so Bienstein.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte auf Anfrage der Rechtsdepesche, dass die internen Beratungen zur Verteilung des Pflegebonus noch nicht abgeschlossen seien. Auch zum Erfolg der Konzertierten Aktion Pflege könne man aktuell noch nichts sagen.
Pflegebonus nur für Geimpfte?
Vereinzelt melden sich Stimmen, die den Pflegebonus auf anderen Wegen erreichen wollen. So schlagen die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Deutsche Pflegerat eine teilweise Lohnsteuerbefreiung für Pflegende vor.
Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel (CDU) will eventuelle Bußgelder für Impfverweigerer zur Finanzierung nutzen. „Sollte es zu einer allgemeinen Impflicht kommen und sollten Bußgelder verhängt werden, fände ich es ein gutes Zeichen, wenn Mittel in vergleichbarer Höhe direkt in die Pflege fließen“, sagt Rüddel der FAZ. „Schließlich sind es inzwischen größtenteils die Impfverweigerer, die das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringen.“
Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) möchte die Zahlung des Bonus auf Geimpfte beschränken. Im Interview mit der Rheinischen Post sagte Geschäftsführerin Isabell Halletz: „Wer sich nicht impfen lassen will und damit die Pflegebedürftigen in den Einrichtungen gefährdet, der kann dafür keinen Bonus kriegen.“