Ausbildung
Coaching in der Diskus­sion Bild: Alexandersikov/Dreamstime.com

Die Pflege sucht dringend Auszu­bil­dende. Aller­dings brechen viele Menschen ihre Pflege­aus­bil­dung vorzei­tig ab: Laut einem Review des Bundes­in­sti­tuts für Berufs­bil­dung (BIBB) aus dem Jahr 2021 steigen deutsch­land­weit etwa 25 Prozent der Auszu­bil­den­den vorzei­tig aus.

Beson­ders drama­tisch wirkt sich das in der Pflege aus, wo der seit langem bestehende Fachkräf­te­man­gel die Ausbil­dung neuer Pflegen­der dringend notwen­dig macht.

Unter­stüt­zung in der Ausbil­dung

Hier setzt die sogenannte ganzheit­li­che Betreu­ung an, die im Rahmen des Bürger­geld­ge­set­zes ab dem 1. Juli 2023 verfüg­bar ist. Mit der ganzheit­li­chen Betreu­ung (§ 16k SGB II) sollen Menschen beim Aufbau ihrer Erwerbs­fä­hig­keit unter­stützt werden, auch eine Beglei­tung von jungen Menschen während einer Ausbil­dung ist möglich.

Ziel der Beglei­tung ist es, dass angehende Pflege­fach­per­so­nen auch bei indivi­du­el­len Schwie­rig­kei­ten die Ausbil­dung erfolg­reich abschlie­ßen können.

Die neue Förde­rung nach § 16k SGB II bietet Auszu­bil­den­den verschie­dene Optio­nen an, um sie beim Eintritt in den Arbeits­markt zu unter­stüt­zen. Die Betreu­ung kann in Form eines Einzel­coa­chings erfol­gen, andere Möglich­kei­ten sind die aufsu­chende Arbeit oder eine Krisen­in­ter­ven­tion.

Dabei sind die behan­del­ten Problem­be­rei­che sehr vielsei­tig: Schuld­ner­be­ra­tung, Unter­stüt­zung bei Gesund­heits­pro­ble­men oder Sucht­pro­ble­ma­ti­ken gehören genauso dazu wie Alltags­hil­fen wie der Umgang mit Geld oder die Hilfe bei Behör­den­gän­gen. Wichtig ist bei allen Angebo­ten, dass der Coach keine Aufga­ben für die Auszu­bil­den­den überneh­men, sondern diese nur zur Selbst­hilfe anlei­ten soll.

Ausbil­dungs­ab­brü­che: So kann Coaching helfen

Der Erfolg der Maßnahme hängt stark davon ab, aus welchen Gründen sich Menschen entschlie­ßen, die Ausbil­dung vorzei­tig abzubre­chen. In einigen Punkten ist die Beglei­tung durch ein Coaching sicher­lich hilfreich.

Für Auszu­bil­dende mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund kann zum Beispiel die Sprache eine beson­dere Schwie­rig­keit darstel­len, die sich durch Sprach­lern­an­ge­bote leich­ter bewäl­ti­gen lässt. Ein Lerncoa­ching kann helfen, sich den Lernstoff effizi­ent anzueig­nen.

Schulun­gen in Kommu­ni­ka­tion und Konflikt­lö­sungs­stra­te­gien vermit­teln Fähig­kei­ten, mit denen sich der oft auch psychisch anstren­gende Berufs­all­tag leich­ter bewäl­ti­gen lässt. Mit diesem Angebot werden viele Menschen unter­stützt, die aufgrund von persön­li­chen Schwie­rig­kei­ten bei der Standard­be­treu­ung durch die Ausbil­dungs­lei­ter durchs Raster fallen.

Wo Coaching­pro­gramme an ihre Grenzen stoßen

Ein Hinder­nis ist, dass ganzheit­li­che Betreu­ung im Rahmen des Bürger­gel­des angebo­ten wird. Aktuell haben also nur solche Auszu­bil­dende Anspruch auf die Förde­rung nach § 16k, die leistungs­be­rech­tigt im Sinne des SGB II sind – das trifft auf 90 Prozent der Auszu­bil­den­den in der Pflege nicht zu.

Und auch wenn man unter­sucht, aus welchen Gründen Pflege-Auszu­bil­dende den Beruf verlas­sen, dann stellt man fest: Nicht allen kann durch ein Coaching gehol­fen werden. Im Review des BIBB wurden als Gründe für den Ausbil­dungs­ab­bruch unter anderem genannt:

  • falsche Vorstel­lun­gen vom Berufs­bild
  • Auszu­bil­dende als „Lücken­bü­ßer“ einge­setzt
  • unzurei­chende oder fehlende Praxis­an­lei­tung
  • fehlende Einsatz­orte
  • hohe Belas­tung durch Unter­be­set­zung
  • negati­ves Berufs­bild, bzw. Image

An diesen Punkten kann das Coaching wenig ändern: Zwar hilft es sicher­lich, wenn Auszu­bil­dende besser über ihnen zuste­hende Hilfen aufge­klärt werden. Aber die hohe Belas­tung in der Pflege und auch das schlechte Image des Berufs sind syste­mi­sche Probleme, die seit langem bestehen – und die kein noch so gutes Coaching beheben kann.

Ausbil­dungs­för­de­rung schon lange Thema

Um mehr Menschen für die Pflege zu begeis­tern, wurden schon viele Maßnah­men umgesetzt. Eine davon war die Einfüh­rung der genera­lis­ti­schen Pflege­aus­bil­dung, mit der Auszu­bil­dende mehr Einsatz­mög­lich­kei­ten haben. Laut dem Deutschen Berufs­ver­band für Pflege­be­rufe (DBfK) ist seitdem auch die Anzahl der Bewer­ber gestie­gen.

Im Jahr 2019 startete die Ausbil­dungs­of­fen­sive Pflege des Bundes­mi­nis­te­ri­ums für Familie, Senio­ren, Frauen und Jugend. Sie läuft noch bis zum Abschluss des ersten vollstän­di­gen Ausbil­dungs­jahr­gangs Ende 2023 und soll die Ausbil­dungs­zah­len in der Pflege um 10 Prozent steigern.

Laut dem Zweiten Bericht der Ausbil­dungs­of­fen­sive Pflege, der im Novem­ber 2022 veröf­fent­licht wurde, stiegen die Zahlen immer­hin um sieben Prozent. Da gleich­zei­tig aber eine höhere Prozent­zahl Auszu­bil­den­der vorzei­tig ausstieg, gab es netto trotz­dem weniger Auszu­bil­dende.

Wie so oft sind also die Arbeits­be­din­gun­gen in der Pflege der entschei­dende Punkt: Mehr Perso­nal könnte zu weniger Stress führen – so bliebe auch mehr Zeit, die Auszu­bil­den­den anzulei­ten und auf indivi­du­elle Fragen und Probleme einzu­ge­hen. Dann würden sich sicher­lich auch mehr Pflege­kräfte als begeis­terte Fürspre­cher des Berufs finden.