Claudia Moll gilt als Hoffnungsträgerin der Pflegekräfte. Seit dem 12. Januar setzt sie sich als Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung für die Pflege ein. Dabei baut sie auf ihre Erfahrungen aus 30 Jahren als Altenpflegerin. Angetreten ist sie mit dem Ziel, schnellstmöglich spürbare Verbesserungen für Pflegekräfte zu schaffen. Mit der Rechtsdepesche hat sie über Pflegereform und faire Bezahlung gesprochen.
Rechtsdepesche: Inzwischen sind Sie seit einigen Monaten im Amt. Wie beurteilen Sie die Zeit bisher?
Claudia Moll: In den letzten Wochen und Monaten hatte uns die Pandemie fest im Griff und bestimmte einen Großteil unserer Handlungen. Nun ist es an der Zeit, sich auch anderen Themen zuzuwenden – insbesondere den anderen Herausforderungen in der Pflege. Um hier für Tempo zu sorgen, habe ich dies zum Beispiel zum Tag der Pflegenden Mitte Mai öffentlich eingefordert.
Rechtsdepesche: Sind die Maßnahmen zur Pflege im Koalitionsvertrag ausreichend? Wie sieht es mit der Umsetzung aus? Wie weit sind Sie?
Moll: Im Koalitionsvertrag sind viele wichtige Vorhaben enthalten, die die Pflege voranbringen und auch die Pflegebedürftigen und ihre pflegenden An- und Zugehörigen deutlich entlasten werden. Exemplarisch möchte ich hier die Dynamisierung des Pflegegeldes, die Entwicklung eines Entlastungsbudgets und auch die Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige nennen.
Mit Blick auf die Eigenanteile in der vollstationären Pflege sind ebenso Entlastungen geplant, durch die Herausnahme der medizinischen Behandlungspflege und der Ausbildungsumlage aus den Heimentgelten. Diese und weitere Themen werden und müssen mit der Pflegereform umgesetzt werden.
Es wird an einer neuen Pflegereform gearbeitet
Rechtsdepesche: Wie sieht es mit der Umsetzung aus? Wie weit sind Sie?
Moll: Der Bundesgesundheitsminister hat diese für das zweite Halbjahr angekündigt. Klar ist, dass dabei auch die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung im Mittelpunkt stehen wird und wir einen gesunden Ausgleich zwischen gewollten Ausgabensteigerungen und deren Gegenfinanzierung finden müssen. Das werden sicherlich keine einfachen Diskussionen – aber sie müssen für die Pflege engagiert geführt werden.
Rechtsdepesche: An welcher Stelle steht die Pflege aktuell überhaupt? Ist neben dem Krieg in der Ukraine überhaupt noch Zeit?
Moll: Bei mir stehen die Pflege und das Wohl der Pflegebedürftigen natürlich ganz klar an erster Stelle. Ich weiß auch, dass der Bundesgesundheitsminister die Pflegethemen fest im Blick hat und an einem entsprechenden Referentenentwurf gearbeitet wird.
Claudia Moll: Pflege wünscht sich mehr Zeit für ihre Patienten
Rechtsdepesche: Stichwort Pflege attraktiver machen: Gehalt oder Arbeitsbedingungen – was ist wichtiger?
Moll: Für mich ist das ein und dieselbe Seite der Medaille. Eine faire Bezahlung ist ein wesentlicher Teil, der gute Arbeitsbedingungen auszeichnet – aber bei weitem nicht alles.
Pflegekräfte wünschen sich viel häufiger mehr Zeit für ihre Pflegebedürftigen. Mit der vom Gesetzgeber bereits auf den Weg gebrachten Personalbemessung kommen wir diesem Ziel ein gutes Stück näher.
Außerdem gibt es schon heute Fördermittel für Pflegeeinrichtungen, die ihre Arbeitsbedingungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf verbessern wollen. Ich selbst habe dazu ein Projekt, dass Pflegeeinrichtungen auf ihrem Weg zu besseren Arbeitsbedingungen unterstützt, zu finden unter gap-pflege.de. Ich bin davon überzeugt: Gute Arbeitsbedingungen einschließlich guter Löhne sind der Schlüssel im Kampf gegen den Fachkräftemangel.