Chronische Nierenerkrankungen schreiten langsam voran. Oft ist nur eine Verzögerung der terminalen Niereninsuffizienz möglich. Ob im vorliegenden Fall eine kausale Therapie möglich gewesen wäre, ist im Nachhinein nicht mehr zu klären. Je nach Grunderkrankung wäre eine Dialysepflicht bei fachgerechter Therapie möglicherweise vermeidbar gewesen. Jedenfalls ist es sehr wahrscheinlich, dass bei einer rechtzeitigen Supportivtherapie ein Zeitgewinn von weit mehr als 10 Jahren zu erzielen gewesen wäre.
Da die festgestellten Versäumnisse als Befunderhebungsfehler einzustufen sind, die eine Beweislastumkehr zulasten des Arztes nach sich ziehen, ist die vorzeitige Progression den Ärzten zuzurechnen. Denn der Beweis eines identischen Verlaufs bei rechtzeitiger angemessener Therapie ist den Ärzten nicht möglich.
Die Hauptverantwortlichkeit trifft den Erstbehandler. Denn im Zeitpunkt des Behandlerwechsels war das terminale Stadium schon erreicht, sodass nur noch eine Schadenbegrenzung im Sinne einer Therapie des Hochdrucks, der eingetretenen Anämie sowie eine angemessene Dialyse- und/oder Transplantationsvorbereitung möglich war.
Fazit
Gerade weil Niereninsuffizienzen für die Patienten oft lange symptomlos verlaufen und kein Leidensdruck besteht, ist es umso wichtiger, frühzeitig auf Anzeichen für eine Niereninsuffizienz zu achten, bei Vorliegen erhöhter spezifischer Werte engmaschige Kontrollen und weitergehende Untersuchungen vorzunehmen sowie erforderlichenfalls medikamentös zu behandeln. Hierzu ist es unabdingbar, den beschwerdefreien Patienten deutlich über die Gefährlichkeit und den möglichen Verlauf einer unbehandelten Niereninsuffizienz aufzuklären und ihn eindringlich zur Mitarbeit anzuhalten.
Diese Aufklärung ist dringend schriftlich zu fixieren. Denn nur bei möglichem Nachweis der erforderlichen Aufklärung kann sich der Arzt einer Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen Behandlungsverzögerung entziehen. Ansonsten geht die Progression der Erkrankung zu seinen Lasten.
Neben einem nicht unerheblichen Schmerzensgeld fallen dann in der Regel zusätzliche materielle Aufwendungen wie Verdienstschaden, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse und Regressforderungen von Sozialversicherungsträgern an, die leicht eine Größenordnung von mehreren Hunderttausend Euro erreichen können.
Erfahren Sie hier in Teil 1, genaueres zum Sachverhalt.
Quelle: Rechtsanwältin Susanne Simon, HDI Versicherung AG, Köln