Inländische Apotheken dürfen ihren Kunden beim Erwerb von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Vorteile in Form von Rabatten, Gutscheinen oder Sachgeschenken zusichern. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 9. Juli 2020 (Az.: 3 C 21.18) entschieden.
Keine Geschenkzugaben bei Rezepteinlösung
Klägerin war eine Apothekeninhaberin im Bezirk der beklagten Apothekerkammer. Im November 2013 und um Januar 2014 gab sie Werbeflyer mit Gutscheinen für kleine Sachgeschenke an die Kunden heraus. Bei der Abgabe eines Rezepts konnten diese dann zwischen einer Rolle Geschenkpapier und einem Paar Kuschelsocken wählen.
Die Apothekerkammer verbot ihr Vorhaben durch Ordnungsverfügung vom 1. April 2014 mit Verweis auf die Berufsordnung der Apotheker und Apothekerinnen. Eine mit dem Erwerb von verschreibungspflichtigen und/oder preisgebundenen Arzneimitteln verbundene Gewährung von Rabatten oder Sachgeschenken und das Werben dafür sei nach der Verordnung unzulässig.
Die Apothekerin erhob daraufhin Klage gegen die Kammer. Nachdem die Klage in den Vorinstanzen bereits erfolglos geblieben ist, hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.
Verstoß gegen die rechtliche Preisbindung
Das Oberverwaltungsgericht NRW habe im Einklang mit Bundesrecht richtigerweise angenommen, dass die Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig erfolgt ist. Die Klägerin verstoße gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung, indem sie ihren Kunden im Zuge des Erwerbs eines rezeptpflichtigen Medikaments ein Sachgeschenk verspricht und aushändigt. Nach § 78 des Arzneimittelgesetzes ist jedoch gerade für verschreibungspflichitge Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten der Preisberechnung seien in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt.
Trotz EuGH-Urteil – Preisbindung in Deutschland weiterhin rechtens
An der Verfassungsmäßigkeit der arzneimittelrechtlichen Preisbindungsvorschriften bestünden keine Zweifel. Auch nicht unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung vom 19. Oktober 2016 (Az.: C‑148/15). Der Gerichtshof hatte in dem Urteil erklärt, dass die Festlegung eines einheitlichen Abgabepreises für rezeptpflichtige Arzneimittel einen rechtswidrigen Verstoß gegen den freien Warenverkehr darstelle.
Aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts sei die deutsche Arzneimittelpreisverordnung nicht auf Versandapotheken im EU-Ausland anzuwenden. Diese können im Falle eines Versands nach Deutschland Rabatte und Boni auf rezeptpflichtige Medikamente gewähren.
Für die inländischen Apotheken gelten jedoch weiterhin die einheitlichen Preisbindungsvorschriften. Die Regelungen zur Preisangleichung seien gemeinwohlorientiert und würden zu vernünftigen Zwecken bestehen. Ein Preiswettbewerb zwischen inländischen Präsenzapotheken fände nicht statt. Dadurch werde das Ziel einer flächendeckenden, gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt. Auch wegen des bisher geringen Marktanteils von ausländischen Arzneimittelversendern an der Herausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten in Deutschland sei die Preisbindung für inländische Apotheken weiterhin zumutbar und verhältnismäßig.
Redaktionstipp: Auch Pflegekräfte erhalten für ihre Arbeit hier und da Geschenke von ihren Patienten. Warum die Annahme von größeren Sach- oder Geldpräsenten allerdings zum Problem werden kann, haben wir hier erklärt.
Quelle: BVerwG