Die Bundesregierung hat erneut schärfere staatliche Eingriffsmöglichkeiten für eine Corona-Welle im Herbst und Winter auf den Weg gebracht. Die vom Kabinett gebilligten Pläne sehen unter anderem eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht in Flugzeugen und Fernzügen vor. Kinder zwischen sechs und 14 Jahren sowie Personal sollen auch medizinische Masken tragen können.
In Kliniken und Pflegeheimen soll es bundesweit eine Maskenpflicht geben. Vor dem Zutritt ist auch ein negativer Corona-Test nachzuweisen.
Die neuen Corona-Maßnahmen sollen vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 gelten. Die neuen Regeln gehen auf ein Konzept von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) von Anfang August zurück. Lauterbach erklärte dazu: „Mit diesem Instrumentarium können wir die absehbare Corona-Welle im Herbst bewältigen.“ Es werde „ein breites Instrumentarium“ zur Verfügung stehen. Buschmann ergänzte, es handele sich um „ein gutes, moderates und maßvolles Konzept“.
Länder bekommen alle Möglichkeiten
Die Länder bekämen alle Möglichkeiten, angepasst zu reagieren, sagte Lauterbach. Es bleibe das Ziel der Corona-Politik, hohe Todeszahlen, viele Arbeitsausfälle und schwere Langzeitfolgen zu vermeiden. Je nach Corona-Infektionslage sollen die Länder in zwei Stufen auf die Pandemieentwicklung reagieren können. Dazu zählen Maskenpflichten in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs sowie in weiteren öffentlich zugänglichen Innenräumen.
Halten sich die Infektionszahlen im Rahmen, kann es in einer ersten Stufe Ausnahmen von einer Maskenpflicht in Innenräumen geben. Wenn sich allerdings eine starke Corona-Welle aufbaut, soll die Maskenpflicht ohne Ausnahme gelten. „Ich hoffe nicht, dass es in der Gänze eingesetzt werden muss, aber es muss eingesetzt werden können“, erklärte Lauterbach. Er stellte zudem klar, dass es einen weiteren Lockdown oder Schulschließungen nicht geben werde.
Eine zwingende Ausnahme von einer Maskenpflicht soll es geben, wenn man beim Besuch von Kultur‑, Freizeit- oder Sportveranstaltungen und in der Gastronomie einen negativen Test vorzeigt. Zudem können Ausnahmen von der Maskenpflicht für jene gelten, die nachweislich vollständig geimpft oder genesen sind. Veranstalter sollen aber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und eigene Einlassregeln verhängen können.
Corona: Im Oktober Schwierigkeiten erwartet
Lauterbach rechnet mit einer baldigen Rückkehr zu regional begrenzten Maskenpflichten im öffentlichen Leben. „Ich persönlich gehe davon aus, dass wir im Oktober Schwierigkeiten bekommen werden“, sagte Lauterbach. Im Gesundheitswesen sei dann wegen steigender Corona-Infektionszahlen mit „Überforderungen“ zu rechnen. Er erwarte, dass die Bundesländer dann von der Möglichkeit strengerer Corona-Schutzvorschriften Gebrauch machen.
Buschmann betonte, dass das neue Gesetz den Ländern viele „Optionen“ im Kampf gegen die Pandemie gebe – dass die Länder diese Optionen aber nicht unbedingt ausnutzen müssten. „Wir müssen uns vorbereiten auf eine Lage, wie sie mutmaßlich im Herbst und Winter eintreten kann“, sagte er.
Buschmann warnte angesichts der derzeit eher entspannten Infektionslage vor einer Pandemiemüdigkeit. „Es gibt im Moment das Gefühl: Kann dieser ganze Mist nicht vorbei sein?“, sagte der Minister. „Aber das Virus ist eben noch nicht weg.“ Im Grunde ordne der Bund nur höhere Standards in Heimen an. „Alles andere, was wir vorsehen, sind ja reine Rechtsgrundlagen, also Optionen, die die Länder ziehen können, aber nicht müssen.“ Die Länder könnten immer auch weniger machen.
FDP will weitere Lockerungen
Die FDP will nun noch über Lockerungen der Schutzregeln für Flugzeuge verhandeln. Das machte Fraktionschef Christian Dürr im „Spiegel“ und in der „Augsburger Allgemeinen“ deutlich. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft kritisierte die vorgesehene Verschärfung der Maskenpflicht – denn bisher waren FFP2-Masken oder andere medizinische OP-Masken vorgeschrieben.
Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow sagte der „Bild“-Zeitung: „Eine Verschärfung der Maskenpflicht halten wir für nicht verhältnismäßig und nicht nachvollziehbar.“ Da es sie in kaum einem anderen europäischen Land gebe, sei sie „heute schon nur schwer vermittelbar“. Die Branche fordert bereits seit längerem ein Ende der Maskenpflicht an Bord.
Bundestag muss Regeln noch beschliessen
Der vom Kabinett gebilligte Entwurf geht nun in den Bundestag und könnte dort am 8. September beschlossen werden. Zustimmen muss dann auch noch der Bundesrat.
Neu vorgesehen sind Sonderzahlungen von 1000 Euro pro Monat dafür, dass Pflegeheime künftig Beauftragte benennen müssen, die sich um Impfungen, Hygiene und Arzneitherapien für Infizierte etwa mit dem Medikament Paxlovid kümmern. Die Einrichtungen sollen für den Aufwand 250 Euro pro Monat bekommen – für Beschäftigte, die die Aufgaben allein oder im Team übernehmen, soll es insgesamt 750 Euro geben.
Quellen: Bundespressekonferenz, BMG