Der Ruf nach Lösungen, um dem Personalmangel in der Pflegebranche zu begegnen, wird zunehmend lauter. Nicht nur politische Maßnahmen sind gefragt, auch der Druck auf Arbeitgeber steigt: Sie sind es, die dafür Sorge tragen müssen, dass ausreichend Personal entsprechend dem Versorgungsbedarf zur Verfügung steht. Insbesondere durch die neuen Regelungen für Personaluntergrenzen, die mit Beginn des Jahres 2019 in Kraft traten, werden Kliniken, Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste vor neue Herausforderungen gestellt.
Welche Möglichkeiten gibt es also, um den Personalbestand allgemein aufzustocken oder auf akute Personalbedarfe zu reagieren? Eine Entlastung kann zum Beispiel durch die Integration von Rufbereitschaften in die Dienstpläne erzielt werden, welche sich in der Gesundheitsbranche als ein probates Arbeitszeitmodell erwiesen haben. Seit jeher stellt sich bei der Rufbereitschaft allerdings die Frage, wie schnell die eingesetzten Fachkräfte vor Ort zur Verfügung stehen müssen. Denn anders als bei dem Bereitschaftsdienst, der unabhängig vom anfallenden Arbeitsaufwand als Arbeitszeit gewertet wird und bei dem man sich an einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Ort aufzuhalten hat, gilt die Rufbereitschaft als Ruhezeit, in der sich der Arbeitnehmer an einem frei wählbaren Ort – also in der Regel im Privathaushalt – aufhalten darf.
Wenn die Rufbereitschaft keine Zeit mehr für Ruhe lässt
In welcher Zeitspanne man dann tatsächlich am Arbeitsort sein muss, ist nicht allgemeingültig geregelt. Gewisse Klarheit verschafft in dieser Hinsicht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 21.2.2018 (Az.: C‑518/15). Dem klageführenden Arbeitnehmer wurde vorgegeben, bei Bedarf spätestens innerhalb von acht Minuten am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen. Dies hatte zur Folge, dass er sich einen Aufenthaltsort bzw. seinen Wohnort in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz suchen musste. Laut der Entscheidung des EuGH handelt es sich in diesem Fall jedoch nicht mehr um Rufbereitschaft, sondern um tatsächliche Arbeitszeit im Sinne des Bereitschaftsdienstes, weil der Kläger letztlich gezwungen war, sich an einem nicht frei gewählten Ort aufzuhalten.
Wenn die Rufbereitschaft in Anspruch genommen wird, ist außerdem zu beachten, dass im Anschluss die arbeitszeitrechtliche Ruhezeit von elf Stunden eingehalten werden muss. Die Dienstform der „Rufbereitschaft“ hat schon nach diesem Gesichtspunkt erhebliche Auswirkungen auf die allgemeine Schichtplanung – ein Umstand, der von Arbeitgebern aufgrund der generellen Personalknappheit oftmals als negativ angesehen wird, weshalb die Rufbereitschaft als kompensatorisches Mittel häufig nicht zum Zuge kommt.
„Bis dass der Job euch scheidet?“
Ein anderes Mittel, den Personalbedarf angemessen abdecken zu können, stellt der Rückgriff auf die Ressourcen von Personaldienstleistern dar. Diese bieten die Möglichkeit, Fachkräfte per sogenannter Arbeitnehmerüberlassung an Gesundheitseinrichtungen zu vermitteln und zur Verfügung zu stellen. Die Überlassung von Arbeitnehmern auf Zeit bietet eine Fülle von Möglichkeiten, um die Personalsituation zu entlasten und hat sich mittlerweile durchaus als Ergänzung zum festen Personalbestand etabliert. Vor allem Krankenhauseinrichtungen sehen darin eine gute Lösung, um den Klinikalltag mit ausreichendem Personal zu bewältigen und der Herausforderung „Personaluntergrenze“ zu begegnen.