Honorararzt
Bei Aufnahme Bild: Marco Di Bella

Die Zahl der auf Honorar­ba­sis tätigen Ärzte ist in jünge­rer Vergan­gen­heit deutlich gestie­gen. Dies ist unter anderem auf neue Praxis­or­ga­ni­sa­ti­ons­for­men wie Großpra­xen, MVZs und OP-Zentren zurück­zu­füh­ren. Beson­ders deutlich zeich­net sich diese Entwick­lung im Bereich der Augen­heil­kunde ab, aus dem auch das nachfol­gende Beispiel stammt.

Beispiel Ambulante Laser­zen­tren

Immer häufi­ger auf dem Gesund­heits­markt anzutref­fen sind sogenannte ambulante Laser­zen­tren. Diese bieten, neben der laser­ge­stütz­ten Korrek­tur einer Fehlsich­tig­keit (laser vision correc­tion, LVC), u.a. auch das Einset­zen von Intraoku­lar­lin­sen (intrao­cu­lar lens implan­ta­tion, IOL) an. Die in den Zentren tätigen Augen­ärzte sind dabei häufig nicht dort angestellt, sondern als freie Mitar­bei­ter auf Honorar­ba­sis tätig. Die Patien­ten schlie­ßen die Behand­lungs­ver­träge in der Regel mit den Einrich­tun­gen, während die Opera­teure für die durch­ge­führ­ten OPs verein­barte Honorare erhal­ten.

Sachver­halt

Im vorlie­gen­den Fall schloss ein Honorar­arzt im Jahre 2008 mit einem solchen Augen­la­ser­zen­trum einen Honorar­arzt­ver­trag ab. Dieser sah augen­ärzt­li­che Tätig­kei­ten im Zusam­men­hang mit IOL- und LVC-Opera­tio­nen vor. Des Weite­ren enthielt der Vertrag eine Klausel, wonach über die Haftpflicht­ver­si­che­rung des Zentrums die Berufs­haft­pflicht des Honorar­arz­tes mit abgesi­chert ist. Vorraus­set­zung hierfür jedoch sei, dass die OPs auf Veran­las­sung und Rechnung des Zentrums durch­ge­führt werden. Darüber hinaus wurde in einer weite­ren Vertrags­klau­sel ledig­lich „empfoh­len“, eine eigene Versi­che­rung für ärztli­che Tätig­kei­ten abzuschlie­ßen, die über die honorar­ärzt­li­che Tätig­keit hinaus­ge­hen.

Im Jahr 2012 wurde der Honorar­arzt neben dem Augen­la­ser­zen­trum von einem Patien­ten auf Schadens­er­satz in Höhe von knapp 900.000 Euro verklagt. Grund war ein Behand­lungs­feh­ler, durch den der Patient die Sehkraft eines Auges fast vollstän­dig verlor. Seine beruf­li­che Tätig­keit als Diplom­in­ge­nieur und selbst­stän­di­ger Gutach­ter konnte er infol­ge­des­sen nicht mehr ausüben, was zu einem erheb­li­chen Verdienst­aus­fall­scha­den führte.

Wie sich anläss­lich des Schaden­falls heraus­stellte, bestand zwar bei Abschluss des Honorar­arzt­ver­trags im Jahr 2008 für die operie­ren­den Ärzte eine Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung über das Augen­la­ser­zen­trum. Es kam jedoch nachträg­lich zu einer Änderung des Versi­che­rungs­ver­trags, wonach die für das Zentrum tätigen Honorar­ärzte nicht mehr versi­chert waren.

Infolge dessen weigerte sich das Zentrum – trotz der (weiter­hin) bestehen­den Freistel­lungs­re­ge­lung im Honorar­arzt­ver­trag – den Honorar­arzt von den Ansprü­chen freizu­stel­len und die Kosten für dessen anwalt­li­che Vertre­tung zu überneh­men. Glück­li­cher­weise hatte der Arzt eine eigene Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung – unter Einschluss seiner opera­ti­ven Tätig­keit – abgeschlos­sen.

Worst-Case-Szena­rio

Hätte es der Arzt im Vertrauen auf die Regelung im Honorar­arzt­ver­trag versäumt, eine eigene Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung abzuschlie­ßen, so hätte er sich persön­lich mit einer Klage­for­de­rung in der oben genann­ten Höhe konfron­tiert gesehen.

Er hätte die Abwehr und eventu­ell die Regulie­rung des Schadens auf eigene Kosten vorneh­men müssen, da er auf die Klage reagie­ren muss und nicht abwar­ten kann, bis er einen zivil­recht­li­chen Anspruch auf Freistel­lung gegen­über dem Zentrum durch­ge­setzt hat.

Die Forde­rungs­höhe war zwar überzo­gen, aller­dings dennoch in einer Höhe von mehre­ren Hundert­tau­send Euro berech­tigt. Auch wenn Katarakt- und Laser-OPs in Deutsch­land täglich tausend­fach statt­fin­den – sie sind dennoch nicht risiko­los und können im schlimms­ten Fall zum Verlust der Sehkraft führen. Haftet ein Honorar­arzt für gesund­heit­li­che Beein­träch­ti­gun­gen nach einer solchen OP, kann dies neben einem Schmer­zens­geld­an­spruch auch zu erheb­li­chen Erwerbs­schä­den und vermehr­ten Bedürf­nis­sen führen, wie dieser Fall zeigt.

Nicht zu unter­schät­zen sind daneben auch die Verfah­rens­kos­ten, die bei einem Streit­wert von 900.000 Euro eine sechs­stel­lige Höhe errei­chen können.

Fazit

Verzich­tet ein Arzt in Anbetracht der Zusage des Vertrags­part­ners auf eine eigene Versi­che­rung, trägt er ein großes finan­zi­el­les, existenz­be­dro­hen­des Risiko, wenn sich im Schaden­fall heraus­stellt, dass der Auftrag­ge­ber aus von Anfang an bestehen­den oder später einge­tre­te­nen Umstän­den (zum Beispiel durch Nicht­zah­lung der Versi­che­rungs­prä­mie) tatsäch­lich nicht über eine Versi­che­rung verfügt, welche die persön­li­che gesetz­li­che Haftpflicht des operie­ren­den Arztes abdeckt.

Es ist Ärzten, die auf Honorar­arzt­ba­sis tätig sind, daher unbedingt anzura­ten, eine eigene Versi­che­rung zur Abdeckung der gesam­ten beruf­li­chen Tätig­keit abzuschlie­ßen, um sich von Anfang an vor dem Risiko zu schüt­zen, dass der Vertrags­part­ner entwe­der keinen ausrei­chen­den Versi­che­rungs­schutz verein­bart hat, dieser nachträg­lich wegfällt oder der Vertrags­part­ner insol­vent wird.

Quelle: Rechts­an­wäl­tin Susanne Simon, HDI Versi­che­rung AG, Köln