Die Zahl der auf Honorarbasis tätigen Ärzte ist in jüngerer Vergangenheit deutlich gestiegen. Dies ist unter anderem auf neue Praxisorganisationsformen wie Großpraxen, MVZs und OP-Zentren zurückzuführen. Besonders deutlich zeichnet sich diese Entwicklung im Bereich der Augenheilkunde ab, aus dem auch das nachfolgende Beispiel stammt.
Beispiel Ambulante Laserzentren
Immer häufiger auf dem Gesundheitsmarkt anzutreffen sind sogenannte ambulante Laserzentren. Diese bieten, neben der lasergestützten Korrektur einer Fehlsichtigkeit (laser vision correction, LVC), u.a. auch das Einsetzen von Intraokularlinsen (intraocular lens implantation, IOL) an. Die in den Zentren tätigen Augenärzte sind dabei häufig nicht dort angestellt, sondern als freie Mitarbeiter auf Honorarbasis tätig. Die Patienten schließen die Behandlungsverträge in der Regel mit den Einrichtungen, während die Operateure für die durchgeführten OPs vereinbarte Honorare erhalten.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall schloss ein Honorararzt im Jahre 2008 mit einem solchen Augenlaserzentrum einen Honorararztvertrag ab. Dieser sah augenärztliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit IOL- und LVC-Operationen vor. Des Weiteren enthielt der Vertrag eine Klausel, wonach über die Haftpflichtversicherung des Zentrums die Berufshaftpflicht des Honorararztes mit abgesichert ist. Vorraussetzung hierfür jedoch sei, dass die OPs auf Veranlassung und Rechnung des Zentrums durchgeführt werden. Darüber hinaus wurde in einer weiteren Vertragsklausel lediglich „empfohlen“, eine eigene Versicherung für ärztliche Tätigkeiten abzuschließen, die über die honorarärztliche Tätigkeit hinausgehen.
Im Jahr 2012 wurde der Honorararzt neben dem Augenlaserzentrum von einem Patienten auf Schadensersatz in Höhe von knapp 900.000 Euro verklagt. Grund war ein Behandlungsfehler, durch den der Patient die Sehkraft eines Auges fast vollständig verlor. Seine berufliche Tätigkeit als Diplomingenieur und selbstständiger Gutachter konnte er infolgedessen nicht mehr ausüben, was zu einem erheblichen Verdienstausfallschaden führte.
Wie sich anlässlich des Schadenfalls herausstellte, bestand zwar bei Abschluss des Honorararztvertrags im Jahr 2008 für die operierenden Ärzte eine Berufshaftpflichtversicherung über das Augenlaserzentrum. Es kam jedoch nachträglich zu einer Änderung des Versicherungsvertrags, wonach die für das Zentrum tätigen Honorarärzte nicht mehr versichert waren.
Infolge dessen weigerte sich das Zentrum – trotz der (weiterhin) bestehenden Freistellungsregelung im Honorararztvertrag – den Honorararzt von den Ansprüchen freizustellen und die Kosten für dessen anwaltliche Vertretung zu übernehmen. Glücklicherweise hatte der Arzt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung – unter Einschluss seiner operativen Tätigkeit – abgeschlossen.
Worst-Case-Szenario
Hätte es der Arzt im Vertrauen auf die Regelung im Honorararztvertrag versäumt, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, so hätte er sich persönlich mit einer Klageforderung in der oben genannten Höhe konfrontiert gesehen.
Er hätte die Abwehr und eventuell die Regulierung des Schadens auf eigene Kosten vornehmen müssen, da er auf die Klage reagieren muss und nicht abwarten kann, bis er einen zivilrechtlichen Anspruch auf Freistellung gegenüber dem Zentrum durchgesetzt hat.
Die Forderungshöhe war zwar überzogen, allerdings dennoch in einer Höhe von mehreren Hunderttausend Euro berechtigt. Auch wenn Katarakt- und Laser-OPs in Deutschland täglich tausendfach stattfinden – sie sind dennoch nicht risikolos und können im schlimmsten Fall zum Verlust der Sehkraft führen. Haftet ein Honorararzt für gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einer solchen OP, kann dies neben einem Schmerzensgeldanspruch auch zu erheblichen Erwerbsschäden und vermehrten Bedürfnissen führen, wie dieser Fall zeigt.
Nicht zu unterschätzen sind daneben auch die Verfahrenskosten, die bei einem Streitwert von 900.000 Euro eine sechsstellige Höhe erreichen können.
Fazit
Verzichtet ein Arzt in Anbetracht der Zusage des Vertragspartners auf eine eigene Versicherung, trägt er ein großes finanzielles, existenzbedrohendes Risiko, wenn sich im Schadenfall herausstellt, dass der Auftraggeber aus von Anfang an bestehenden oder später eingetretenen Umständen (zum Beispiel durch Nichtzahlung der Versicherungsprämie) tatsächlich nicht über eine Versicherung verfügt, welche die persönliche gesetzliche Haftpflicht des operierenden Arztes abdeckt.
Es ist Ärzten, die auf Honorararztbasis tätig sind, daher unbedingt anzuraten, eine eigene Versicherung zur Abdeckung der gesamten beruflichen Tätigkeit abzuschließen, um sich von Anfang an vor dem Risiko zu schützen, dass der Vertragspartner entweder keinen ausreichenden Versicherungsschutz vereinbart hat, dieser nachträglich wegfällt oder der Vertragspartner insolvent wird.
Quelle: Rechtsanwältin Susanne Simon, HDI Versicherung AG, Köln