
Ob in Grün, Blau oder ganz klassisch in Weiß: Die Berufsbekleidung für die Pflege und Medizin – typischerweise Kasack, Schlupfhose und/oder Kittel – ist prägend für das Bild des Arbeitsalltags in den Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Das Tragen dieser speziell für die dort vorherrschenden besonderen Einsatz- und Hygieneanforderungen konzipierten Kleidungsstücke, ist dabei für viel Berufsangehörige auch ein wesentlicher Bestandteil der gelebten Berufsidentität. Sie sind eine „Uniform“, die dem Gegenüber klar macht: Ich bin Teil einer professionellen Gruppe.
Mangel an Berufskleidung?
Doch was ist, wenn der Bestand an Berufsbekleidung knapp bemessen ist – es also nicht für jedermann beziehungsweise jederfrau ein Kleidungsstück verfügbar ist? Oder wenn es zwar rechnerisch genug Bekleidungsstücke gäbe, dass Sortiment jedoch einen Mangel in der Größenauswahl, beispielsweise bei den Übergrößen, aufweist?
Da stellt sich doch die Frage, zu welchen juristischen Konsequenzen es führt, wenn beispielsweise einer korpulenteren Pflegefachperson mangels Verfügbarkeit weder Kasack noch Hose ausgeteilt werden können und deshalb auch kein Dienstantritt erfolgt?
Klar ist, dass Ärzte und Pflegende eine qualitätsgerechte und hygienisch einwandfreie Berufsbekleidung beziehungsweise Schutzkleidung zu tragen haben und dass weder Patienten noch das Personal einem Infektionsrisiko ausgesetzt werden dürfen.
Die Textilversorgung unterliegt daher strengen, hygienischen Qualitätsanforderungen, deren Nichteinhaltung von der Rechtsprechung im Schadensfall dem Sorgfalts- und Pflichtenkreis des Einrichtungsträgers zugewiesen wird.
Infektionsschutz: Eine Fülle von Vorschriften
Im Zusammenhang mit dem Umgang von Textilien aus Bereichen mit erhöhter Infektionsanforderung gibt es dabei von den Arbeitgebern eine Fülle von Vorschriften zu beachten.
Ausgehend von
- den hygienischen Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
- über die Vorgaben der Biostoffverordnung (BioStoffV),
- den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGHK) „Kleidung und Schutzausrüstung für Pflegeberufe aus hygienischer Sicht“ (in der Fassung von 2016) und
- der Technischen Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250
hinweg sind die Pflegetätigkeiten aufgrund des möglichen Kontaktes zu potenziell infektiösem Material mit einer latenten Gefahr behaftet. Hinsichtlich ihrer Infektionsgefährdung unterfallen pflegerische und medizinische Tätigkeiten deshalb der Schutzstufe 2 (Ziffer 3.4.2 TRBA 250).
Tätigkeit |
Punktieren, Injizieren, Blutentnehmen |
Legen von Gefäßzugängen |
Katheterisieren |
Nähen und Verbinden von Wunden |
Intubieren, Extubieren |
Absaugen respiratorischer Sekrete |
Wechseln von Windeln und von mit Fäkalien verunreinigter Kleidung |
Waschen, Duschen, Baden inkontinenter Patienten |
Umgang mit fremdgefährdenden Menschen bei Gefahr von Biss- und Kratzverletzungen |
Umgang mit benutzten Instrumenten (Kanülen, Skalpelle) |
Umgang mit infektiösen beziehungsweise potenziell infektiösen Abfällen |
Umgang mit benutzter Wäsche von Patienten und Bewohnern (Ausziehen, Abwerfen, Sammeln) |
Reinigen und Desinfizieren kontaminierter Flächen und Gegenstände |
Berufsbekleidung für die Pflege dient dem Fremd- und Eigenschutz
Diese Wertung spiegelt sich im Rahmen der Grundpflichten des Arbeitgebers und der anzufertigenden Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz (§§ 3, 5 ArbSchG) sowie der „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit“ (PSA-Benutzungsverordnung – PSA-BV).
In diesen Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer kommt eindeutig zu Ausdruck, dass
- das Pflegepersonal bei den patientenbezogenen Tätigkeiten zum Eigen- und Fremdschutz pflegerische Berufsbekleidung tragen muss und
- diese vom Arbeitgeber zu stellen ist (vergleiche hierzu § 1 Absatz 1 PSA-BV).
Zusammenfassung
Mit anderen Worten: Das Tragen von Kittel, Kasack und Hose ist eine Grundbedingung für den Dienstantritt, die vom Arbeitgeber bereitgestellt werden muss.
Wird dies unterlassen und kann die Pflegefachperson mangels geeigneter Kleidung den Dienst nicht antreten, kommt der Arbeitgeber nach der zivilrechtlichen Wertung des § 615 BGB mit der Annahme der Dienste in Verzug und muss für die nicht geleisteten Dienste dennoch die Vergütung entrichten.
In der Praxis wird dieses Problem mitunter dadurch umgangen, dass das Personal im Falle von Bekleidungsengpässen zu patientenfernen Diensten, zum Beispiel am Telefon eingeteilt wird.