Bayern will die ab Mitte März vorgesehene einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte vorerst nicht umsetzen. Er sei dafür, hier „großzügigst“ vorzugehen, „was de facto auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft“, sagte CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder am Montag im Anschluss an eine Sitzung des CSU-Vorstands in München. Für wie viele Monate dies gelten werde, sei allerdings noch offen.
Als Begründung nannte Söder, dass die Impfpflicht die Pflegesituation deutlich verschlimmern könne.
Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht, die eigentlich ab dem 15. März greifen soll, wurde im Infektionsschutzgesetz verankert. Konkret heißt es dort, dass die Beschäftigten bis zum 15. März ihrem Arbeitgeber einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können.
Wird der Nachweis nicht vorgelegt, muss das Gesundheitsamt informiert werden. Das kann, wenn trotz anschließender Aufforderung innerhalb einer Frist kein Nachweis vorgelegt wird, ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot für die Klinik oder Pflegeeinrichtung aussprechen.
Weitere Öffnungsschritte jenseits der Pflege geplant
Zudem streicht Bayern die Sperrstunde in der Gastronomie und lässt wieder mehr Zuschauer bei Sportveranstaltungen und in der Kultur zu. Theater, Kinos und andere Kulturstätten dürfen künftig wieder 75 Prozent der Plätze vergeben, bei Sportveranstaltungen liege die Grenze bei 50 Prozent der Plätze oder maximal 15.000 Zuschauern, sagt Ministerpräsident Söder.
Auch für Friseure und andere körpernahe Dienstleister würden die Vorschriften gelockert, hier gelte künftig wieder eine 3G-Regelung bei gleichzeitiger Maskenpflicht – das bedeutet, dass auch Ungeimpfte mit tagesaktuellem Test zugelassen werden. Söder spricht von einer „sanften und kontrollierten Öffnung“. Trotz der steigenden Inzidenz drohe keine Überforderung der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems mehr. Es gelte nun, die „Tür durch die Coronawand“ zu finden, sagte der Ministerpräsident des Freistaates.
Impfpflicht: Verfassungsbeschwerden nehmen zu
Dem Bundesverfassungsgericht liegen inzwischen 74 Verfassungsbeschwerden von rund 300 Klägerinnen und Klägern aus Kliniken, Arztpraxen und Pflegediensten gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal vor. Diese sehen ihre Grundrechte verletzt, meldete das Nachrichtenportal „Focus Online“. In knapp 60 Fällen handele es sich um Eilanträge.
„Ein Entscheidungstermin in den Verfahren“ sei „noch nicht absehbar“, sagte Gerichtssprecher Pascal Schellenberg. Da die Impfpflicht bereits Mitte März in Kraft treten soll, sei zu erwarten, dass die zuständigen Richterinnen und Richter in Karlsruhe bis spätestens Anfang März klären werden, ob die Regelung zur Impfpflicht – wie von den Klägerinnen und Klägern angestrebt – „außer Vollzug“ gesetzt werde oder nicht, berichtete das Nachrichtenportal weiter.
Dabei müsste das höchste deutsche Gericht nicht über sämtliche und in der Sache gleichgelagerte Verfassungsbeschwerden befinden. Die Entscheidung in einem einzigen Fall würde sich dann auch auf alle anderen Beschwerden beziehen.
Das Bundesgesundheitsministerium räumte auf Nachfrage der Rechtsdepesche zuletzt bereits ein, dass eine konsequente Umsetzung vorerst nicht möglich sein wird.
Quellen: Staatskanzlei Bayern, Focus, Bundesgesundheitsministerium