Zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderung hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen vorgestellt.
Den Plan des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) übergab er an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Jürgen Dusel, und an Verena Bentele, Sprecherin des Deutschen Behindertenrats.
Konkrete Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit
In dem rund 70-seitigen Dokument werden konkrete Maßnahmen aufgezeigt, die für mehr Barrierefreiheit im Gesundheitswesen sorgen sollen. So etwa in der Gesundheitsversorgung durch bauliche Änderungen, in der Langzeitpflege durch den Ausbau des pflegerischen Angebots oder in der Kommunikation durch barrierefreie Gesundheitsinformationen. Die einzelnen Maßnahmen können dem Aktionsplan entnommen werden.
„Der Zugang zu Gesundheitsleistungen muss einfach und für alle möglich sein – auch für Patienten mit Behinderungen oder Verständigungsschwierigkeiten. Deswegen müssen wir Hindernisse erkennen und abbauen – von der Stufe in die Arztpraxis bis zur komplizierten Erklärung einer Therapie“, so Lauterbach. Aktuell soll geprüft werden, welche Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können. Alles Weitere müsse im nächsten Koalitionsvertrag geregelt werden.
„Die nächste Bundesregierung ist sehr klug beraten, wenn sie diesen Aktionsplan für ein inklusives Gesundheitswesen übernimmt und fortführt“, sagt Dusel. Der Aktionsplan sei absolut notwendig, da Menschen mit Behinderung im Gesundheitssystem erheblich benachteiligt seien.
Mangelnde Barrierefreiheit schränkt Rechte ein
Durch die mangelnde Barrierefreiheit im Gesundheitswesen werden zentrale Rechte der Betroffenen eingeschränkt, mahnt Bentele an. „Alle Versicherten in Deutschland haben ein Recht auf freie Arztwahl. Menschen mit Behinderung stoßen jedoch schnell an die Grenzen dieses Rechts“, erklärt sie. Die Maßnahmen seien deshalb ein erster und wichtiger Schritt für die Verbesserung der medizinischen Versorgung.
An dem Aktionsplan arbeiteten rund 100 Akteurinnen und Akteure aus Betroffenenverbänden und Interessenvertretungen mit, die rund 3000 Vorschläge einreichten. Ergänzend wurden Fachgespräche geführt mit Verbänden und Organisationen sowie Vertreterinnen und Vertretern der Länder und Kommunen. Aus den Ergebnissen der Vorschläge und Fachgespräche hat das BMG den Aktionsplan erstellt.
Auch Ärztekammer fordert mehr Barrierefreiheit
Auch die Landesärztekammer Baden-Württemberg fordert zum Tag der Menschen mit Behinderung mehr Barrierefreiheit im Gesundheitswesen und sprach von einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe.
Es müssen bauliche und kommunikative Barrieren abgebaut werden, damit auch Menschen mit Behinderungen bestmöglich medizinisch versorgt werden können, erklärt die Ärztekammer zusammen mit der Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Simone Fischer. Den vorgestellten Aktionsplan des Bundesgesundheitsministeriums nahmen sie zur Kenntnis.
„Wenn beispielsweise eine Frau, nach einem Sportunfall halsabwärts gelähmt, seit über 15 Jahren keinen Zugang mehr zu einer Gynäkologin oder einem Zahnarzt hat, weil es weit und breit keine geeignete Praxis gibt, kann uns das nicht zufriedenstellen“, so Fischer.
Alle Patientinnen und Patienten müssen gleichbehandelt werden, so sei es im ärztlichen Berufsethos verankert, erklärt Dr. Robin Maitra, Mitglied im Vorstand und Menschenrechtsbeauftragter der Landesärztekammer. „Für Ärztinnen und Ärzte ist die gleichberechtigte und bedarfsgerechte medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen ein wichtiges Thema“, betont Maitra.
Trotzdem werde das Gesundheitswesen diesem Anspruch nicht überall gerecht. Längst nicht alle Arztpraxen und Kliniken seien für Menschen mit Behinderung zugänglich. Standard-Maßnahmen wie Rollstuhlrampen reichen hier nicht aus. Vielfältige Lösungen müssen angeboten werden, um den individuellen Bedarfen der Menschen gerecht zu werden.
So etwa Orientierungsleitsysteme für sehbehinderte Menschen, höhenverstellbare Untersuchungsliegen oder Anmeldetresen mit abgesenkten Bereichen. Daneben können auch Kommunikationsbarrieren abgebaut werden, beispielsweise durch Gebärdensprachdolmetscher oder durch leichte Sprache in Informationsmaterial und Anamnesebögen.
Quelle: PM