Die Klägerin, eine bulgarische Pflegekraft, wurde bei der Beklagten, ein Unternehmen mit Sitz in Bulgarien, angestellt, um in Deutschland als sogenannte 24-Stunden-Kraft häusliche Pflege- und Betreuungsarbeit zu leisten. Hierzu wurden in einem Arbeitsvertrag 30 Arbeitsstunden pro Woche festgelegt. Jedoch gab die Klägerin an, fast rund um die Uhr gearbeitet zu haben; sogar nachts habe ihre Zimmertür offen bleiben müssen.
Die Klägerin hatte im August 2018 unter Berufung auf das Mindestlohngesetz, zusätzliches Gehalt beansprucht. Daraufhin hat die Beklagte bestritten, sie schulde nur den Mindestlohn für die im Arbeitsvertrag festgelegten 30 Arbeitsstunden. Ein früheres Urteil hierzu wurde bereits im August letzten Jahres von der Rechtsdepesche aufgegriffen. Hier entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, dass die Pflegekraft für ihre gesamten Arbeitsstunden Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn hatte. Dabei wurde festgestellt, dass ihre tägliche Arbeitszeit 21 Stunden betrug.
Im vorliegenden Urteil handelte es sich um eine Revision der Beklagten und eine Anschlussrevision der Klägerin. Nun liegt es am Landesgericht den Sachverhalt, unter anderem die genauen Arbeitsstunden der Klägerin weiter aufzuklären.
„Ein klares Signal“: Was diese Entscheidung für Pflegekräfte bedeutet
Die Klägerin ist außerdem Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler reagierte positiv auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: „Das ist ein klares Signal: Alle Beschäftigten, die in Deutschland arbeiten, sind von den hiesigen Arbeitsschutzgesetzen erfasst – unabhängig von ihrer Herkunft und davon, mit wem sie ihren Arbeitsvertrag geschlossen haben.“
„Das Modell der sogenannten 24-Stunden-Pflege basiert auf systematischem Gesetzesbruch. Damit muss Schluss sein,“ fügte sie hinzu.
Bühler kritisierte außerdem die Tatsache, „dass in unserem Land viele pflegebedürftige Menschen auf eine sogenannte 24-Stunden-Pflege zurückgreifen müssen, weil das offizielle System keine ausreichende Unterstützung bietet“. Sie appellierte daher an die Politik: „Die politisch Verantwortlichen müssen daraus umgehend Konsequenzen ziehen. Pflegebedürftige Menschen und ihre Familien brauchen Alternativen zu dieser illegalen Praxis.“
Unter anderem forderte sie mehr Aufklärung für Familien, sowie eine Verbesserung der Pflege- und Betreuungsangebote.
Quelle: BAG-Pressemitteilung Nummer 16./21, ver.di