Erst vor wenigen Monaten konnte man vermehrt Schlagzeilen wie „Immer mehr Pflegekräfte flüchten in die Leiharbeit“ vernehmen und auch Gesundheitsminister Jens Spahn entging dieser Trend nicht, der darin allerdings keine Lösung für den Pflegenotstand sieht. Das Konzept Leiharbeit hat also längst auch die Pflege erreicht und ist nicht mehr nur ein Arbeitsmodell für Firmen, die mithilfe von Leiharbeitern saisonale Produktionsspitzen auffangen.
Die sogenannte Arbeitnehmerüberlassung, auch bekannt unter Personalleasing, Leiharbeit oder Zeitarbeit, hat sich in den 1950er Jahren in Europa etabliert und hat seine Ursprünge in den USA. Hierzulande richtet sich das Arbeitsmodell nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), das zuletzt 2017 erneuert wurde. Maßgeblich Änderungen sind zum einen der grundsätzliche Anspruch nach neun Monaten den gleichen Lohn wie das Stammpersonal zu bekommen, sowie die Festlegung auf eine grundsätzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten.
Das grundlegende Prinzip der Arbeitnehmerüberlassung ist erstmal simpel: Über eine Personalagentur wird ein Arbeitnehmer an einen Betrieb vermittelt, der den Arbeitnehmer dann für eine befristete Zeit ausleiht. Den Arbeitsvertrag dazu schließt der Arbeitnehmer mit der jeweiligen Agentur ab. Zwar hat die Arbeitnehmerüberlassung in der Vergangenheit keinen guten Ruf genossen, doch mittlerweile haben Betriebe und Arbeitnehmer die Vorzüge dieses Arbeitsmodells entdeckt. Bei dem Stichwort Zeitarbeit vermuten nämlich die meisten, dass sich dahinter ausschließlich die Vermittlung von Hilfsarbeitern verbirgt, doch gerade die Pflegebranche beweist, dass vermehrt auch ausgebildete Fachkräfte auf die Zeitarbeit zurückgreifen. Auch für Kliniken, die unter Personalmangel leiden und wegen des Pflegenotstands kein Personal in Festanstellung finden, sehen oftmals in Leiharbeitern eine gute Lösung, um den Klinikalltag mit ausreichendem Personal bewältigen zu können.
Vor- und Nachteile für Pflegefachkräfte
Worin genau liegen nun die Vorteile für Pflegekräfte in diesem Arbeitsmodell und welche Nachteile verbergen sich dahinter? Ein Faktor, der oft als Nachteil gesehen wird, ist der ständige Einrichtungs- und Ortswechsel sowie das ausschließlich befristete Arbeitsverhältnis. Viele sehen darin weniger Sicherheit und befürchten eine mangelnde gesellschaftliche Wertschätzung. Immer wieder muss man sich auf neue Mitarbeiter und einen anderen Standort einstellen. Was für den einen ein Nachteil ist, kann aber für den anderen ein Vorteil sein: Schließlich wird man auf diese Weise auch immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt, es schleicht sich also keine „Alltagsträgheit“ ein.
Teilweise berichten Pflegekräfte davon, dass Leiharbeitern eine geringere Beliebtheit entgegen gebracht wird, da Leihfachkräfte oftmals geregeltere Arbeitsschichten haben und sich nicht in vergleichbarer Weise zu Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet fühlen wie das Stammpersonal, das stärker unter dem „kollegialen Druck“ steht. Doch nicht selten kommt es auch vor, dass auf eine Tätigkeit als Leiharbeiter eine Festanstellung folgt, wenn die Kapazitäten und die Qualifizierung es zulassen. Zuletzt kann die Anstellung bei einer Vermittlungsagentur auch dann vorteilhaft sein, wenn man Berufs-oder Wiedereinsteiger ist und mit einer Tätigkeit als Leihfachkraft die Arbeitslosigkeit überbrücken will.
Die Zunahme von Anstellungen in Leiharbeiten spiegelt sich auch in den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) wider. Im langfristigen Vergleich ist die Zahl der Leiharbeiter insgesamt in Deutschland deutlich gestiegen: 2017 gab es im Jahresdurchschnitt etwa eine Million Leiharbeitnehmer in Deutschland, im Jahr 1993 waren es noch 114.000. Davon übten 2017 etwa 10 % (132.000) einen Personenbezogenen Dienstleistungsberuf aus, worunter auch die Gesundheitsberufe gefasst werden. So geht es aus der BA-Statistik „Aktuelle Entwicklungen in der Zeitarbeit“ von Juli 2018 hervor.