Trend zur Leiharbeit in der Pflege.
Trend zur Leihar­beit in der Pflege. Bild: Nikolai Lenets/Dreamstime.com

Erst vor wenigen Monaten konnte man vermehrt Schlag­zei­len wie „Immer mehr Pflege­kräfte flüch­ten in die Leihar­beit“ verneh­men und auch Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn entging dieser Trend nicht, der darin aller­dings keine Lösung für den Pflege­not­stand sieht. Das Konzept Leihar­beit hat also längst auch die Pflege erreicht und ist nicht mehr nur ein Arbeits­mo­dell für Firmen, die mithilfe von Leihar­bei­tern saiso­nale Produk­ti­ons­spit­zen auffan­gen.

Die sogenannte Arbeit­neh­mer­über­las­sung, auch bekannt unter Perso­nal­lea­sing, Leihar­beit oder Zeitar­beit, hat sich in den 1950er Jahren in Europa etabliert und hat seine Ursprünge in den USA. Hierzu­lande richtet sich das Arbeits­mo­dell nach dem Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG), das zuletzt 2017 erneu­ert wurde. Maßgeb­lich Änderun­gen sind zum einen der grund­sätz­li­che Anspruch nach neun Monaten den gleichen Lohn wie das Stamm­per­so­nal zu bekom­men, sowie die Festle­gung auf eine grund­sätz­li­che Höchst­über­las­sungs­dauer von 18 Monaten.

Das grund­le­gende Prinzip der Arbeit­neh­mer­über­las­sung ist erstmal simpel: Über eine Perso­nalagen­tur wird ein Arbeit­neh­mer an einen Betrieb vermit­telt, der den Arbeit­neh­mer dann für eine befris­tete Zeit ausleiht. Den Arbeits­ver­trag dazu schließt der Arbeit­neh­mer mit der jewei­li­gen Agentur ab. Zwar hat die Arbeit­neh­mer­über­las­sung in der Vergan­gen­heit keinen guten Ruf genos­sen, doch mittler­weile haben Betriebe und Arbeit­neh­mer die Vorzüge dieses Arbeits­mo­dells entdeckt. Bei dem Stich­wort Zeitar­beit vermu­ten nämlich die meisten, dass sich dahin­ter ausschließ­lich die Vermitt­lung von Hilfs­ar­bei­tern verbirgt, doch gerade die Pflege­bran­che beweist, dass vermehrt auch ausge­bil­dete Fachkräfte auf die Zeitar­beit zurück­grei­fen. Auch für Klini­ken, die unter Perso­nal­man­gel leiden und wegen des Pflege­not­stands kein Perso­nal in Festan­stel­lung finden, sehen oftmals in Leihar­bei­tern eine gute Lösung, um den Klinik­all­tag mit ausrei­chen­dem Perso­nal bewäl­ti­gen zu können.

Vor- und Nachteile für Pflege­fach­kräfte

Worin genau liegen nun die Vorteile für Pflege­kräfte in diesem Arbeits­mo­dell und welche Nachteile verber­gen sich dahin­ter? Ein Faktor, der oft als Nachteil gesehen wird, ist der ständige Einrich­tungs- und Ortswech­sel sowie das ausschließ­lich befris­tete Arbeits­ver­hält­nis. Viele sehen darin weniger Sicher­heit und befürch­ten eine mangelnde gesell­schaft­li­che Wertschät­zung. Immer wieder muss man sich auf neue Mitar­bei­ter und einen anderen Stand­ort einstel­len. Was für den einen ein Nachteil ist, kann aber für den anderen ein Vorteil sein: Schließ­lich wird man auf diese Weise auch immer wieder vor neue Heraus­for­de­run­gen gestellt, es schleicht sich also keine „Alltags­träg­heit“ ein.

Teilweise berich­ten Pflege­kräfte davon, dass Leihar­bei­tern eine gerin­gere Beliebt­heit entge­gen gebracht wird, da Leihfach­kräfte oftmals geregel­tere Arbeits­schich­ten haben und sich nicht in vergleich­ba­rer Weise zu Überstun­den und Mehrar­beit verpflich­tet fühlen wie das Stamm­per­so­nal, das stärker unter dem „kolle­gia­len Druck“ steht. Doch nicht selten kommt es auch vor, dass auf eine Tätig­keit als Leihar­bei­ter eine Festan­stel­lung folgt, wenn die Kapazi­tä­ten und die Quali­fi­zie­rung es zulas­sen. Zuletzt kann die Anstel­lung bei einer Vermitt­lungs­agen­tur auch dann vorteil­haft sein, wenn man Berufs-oder Wieder­ein­stei­ger ist und mit einer Tätig­keit als Leihfach­kraft die Arbeits­lo­sig­keit überbrü­cken will.

Die Zunahme von Anstel­lun­gen in Leihar­bei­ten spiegelt sich auch in den Zahlen der Bundes­agen­tur für Arbeit (BA) wider. Im langfris­ti­gen Vergleich ist die Zahl der Leihar­bei­ter insge­samt in Deutsch­land deutlich gestie­gen: 2017 gab es im Jahres­durch­schnitt etwa eine Million Leihar­beit­neh­mer in Deutsch­land, im Jahr 1993 waren es noch 114.000. Davon übten 2017 etwa 10 % (132.000) einen Perso­nen­be­zo­ge­nen Dienst­leis­tungs­be­ruf aus, worun­ter auch die Gesund­heits­be­rufe gefasst werden. So geht es aus der BA-Statis­tik „Aktuelle Entwick­lun­gen in der Zeitar­beit“ von Juli 2018 hervor.