Ende Mai brachte die Regierungskoalition ein Gesetz zur Umsetzung der Auflösung der Landespflegekammer Schleswig-Holstein durch den Landtag. Dies acht Wochen nach der Abstimmung wo die Auflösung der Kammer zunächst festgelegt wurde. Nach der Verabschiedung des Gesetzes bleiben insgesamt noch sechs Monate zur Abwicklung der Kammer, die dementsprechend bis zum Jahresende komplett abgewickelt werden soll.
Was wurde bisher beschlossen hinsichtlich der Auflösung?
Entschieden wurde unter anderem:
- Für die Abwicklung der Pflegekammer werden höchstens 5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Kammer muss für die übrigen Kosten aufkommen.
- Beiträge für das Jahr 2020 müssen noch gezahlt werden, für das Jahr 2021 hingegen aber nicht. Rückerstattungen von Beiträgen werden nicht gegeben.
- Die Landespflegekammer tritt aus diversen Gremien zurück.
- Laut dem Gesetzesentwurf, darf das Land Schleswig-Holstein die Daten der dann ehemaligen Mitglieder behalten bzw. für statistische Zwecke verarbeiten.
Die Pflegekammer Schleswig-Holstein bemerkte jedoch, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes noch viele Probleme verbleiben. Bedauert wurde unter anderem, dass durch den Rücktritt der Pflegekammer aus zahlreichen Gremien des Gesundheitswesens die Beteiligung des Pflegeberufes nun unter das Niveau von 2015 zurückfällt.
Des Weiteren erklärte die Kammer, dass noch einiges unabgeschlossen bleibt wie zum Beispiel Arbeiten an einer Berufsordnung und Entscheidungen für die Fort- und Weiterbildung. Was mit der Ethikkommission der Pflegekammer oder mit Projekten zur Weiterentwicklung des Pflegeberufs geschehen soll, bleibt ebenfalls unklar.
Kritik am Abwicklungsverlauf
Wir berichteten bereits im April, über die damalige Kritik an der ursprünglichen Auflösungsabstimmung. Zum Beispiel sprach der Präsident des Deutschen Pflegerats (DPR), Franz Wagner, von einem „schwarze[n] Tag für die Profession Pflege”. Zudem gab er zu bedenken: „Es ist relativ einfach gegen etwas zu sein. Was wir aber brauchen sind Lösungen.“
Sprechende der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) und der Bundespflegekammer (BPK) kritisierten letztens die Vorgehensweise der Regierung. Dabei wurden unter anderem die Schnelligkeit des Auflösungsverlaufs und die fehlenden Diskussionsmöglichkeiten betont.
Patricia Drube, Präsidentin der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, erklärte hierzu: „Wir sind erstaunt, mit welcher Geschwindigkeit die Regierungskoalition jetzt den Erwartungen der Pflegenden entspricht. Der Gesetzentwurf wird ohne Diskussion und Anhörung im Sozialausschuss durch Landtag und Ausschuss gebracht. Fachleute im Gesundheitswesen und Vertretungen der Pflegebedürftigen werden nicht gehört.”
Dr. Markus Mai, Mitglied im Präsidium der Bundespflegekammer und Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz, stellte außerdem fest: „Die Auflösung der Pflegekammer ohne Möglichkeit zur Aussprache und Anhörung durchzupeitschen, zeigt ganz klar, dass die Regierungsparteien einer inhaltlichen Debatte aus dem Weg gehen wollen.” Hinzufügend sagte er, es sei „demokratisch fragwürdig, die betroffenen Gruppen wie Patienten, Verbrauchvertreter und andere Gesundheitsberufe, nicht zu hören”.
Auch Swantje Seismann-Petersen, stellvertretende Vorsitzende des DBfK Nordwest, war gegenüber der Landesregierung kritisch. „Die Landesregierung und insbesondere CDU und FDP machen in ihren Pressemitteilungen deutlich, dass es ihnen nie um die Inhalte der Kammerarbeit, nicht um die bestmögliche pflegerische Versorgung der Bevölkerung und schon gar nicht um die Aufwertung oder Weiterentwicklung des Pflegeberufs gegangen ist,” so Seismann-Petersen.
„Was gute Pflege ist und braucht bestimmen wieder berufsfremde Akteure im Gesundheitssystem”
Zusätzlich wurde klargemacht, dass Pflegende gerade jetzt, wo die Pflege mit zahlreichen Problemen konfrontiert ist, zu Wort kommen müssen. Der Verlust der Kammer ist daher umso stärker zu spüren.
Frank Vilsmeier, Vizepräsident der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, betonte: „Das Ende der Kammer bedeutet nicht das Ende der Probleme und Herausforderungen in der Pflege. Im Gegenteil: Mit Blick auf einen drohenden Pflexit, eine riesige Berentungswelle in den nächsten Jahren und den schon akuten Mangel an Pflegefachpersonen ist Tempo geboten.”
„Mit dem Ende ihrer Heilberufekammer verlieren Pflegefachpersonen erheblich an Einfluss. Was gute Pflege ist und braucht bestimmen wieder berufsfremde Akteure im Gesundheitssystem,” fügte er hinzu.
Auch Dr Markus Mai zeigte sich besorgt: „Das schlimme ist, dass die politischen Akteure keinen Plan haben, wie die pflegerische Versorgung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein jetzt und in Zukunft gesichert werden soll.“
„Die Probleme in der Pflege lassen sich nur gemeinsam mit der größten Berufsgruppe im Gesundheitswesen lösen. Die Regierungsparteien bleiben in Schleswig-Holstein jede Antwort schuldig, wie die beruflich Pflegenden gestärkt und auf Augenhöhe in politische Entscheidungen einbezogen werden sollen,“ so Dr. Mai.
Was bedeutet die Kammerauflösung für die Zukunft der Pflege in Schleswig-Holstein?
Seismann-Petersen warnte, dass die Auflösung der Landespflegekammer negative Konsequenzen für die Pflege in Schleswig-Holstein haben könnte. Sie wies auf die Schwierigkeiten hinsichtlich der gegenwärtigen Herausforderungen für die Pflege hin.
Hierzu erklärte sie: „Was uns als Berufsverband wirklich bedrückt […] ist die Tatsache, dass so viele beruflich Pflegende, aber auch die Verantwortlichen in der Politik nicht verstanden haben, dass sie am Ende nur Verlierer aus diesem Politgeschacher herausgehen können. Wir stehen vor der herkulischen Aufgabe, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung Schleswig-Holsteins für die Zukunft zu sichern, und wir sehen nach dem Kammer-Aus niemanden, der dieser Aufgabe gerecht werden kann.”
„Wir als Verband werden jedenfalls alles tun, was wir können, um die drohende berufspolitische Leerstelle in Schleswig-Holstein zu füllen,” ergänzte sie.
Patricia Drube, ihrerseits, unterstrich die Wichtigkeit wirksamen politischen Handelns. „Wir würden uns wünschen, dass Politik bei der Lösung der wirklich drängenden Probleme in der Pflege dieses Tempo beibehält,” stellte sie hierzu fest.
Quelle: DBfK, Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein, DPR, BPK