Im Februar diesen Jahres hat der Klinikbetreiber Asklepios angekündigt, dass er beabsichtige, in allen seinen medizinischen Einrichtungen den traditionellen Arztkittel abzuschaffen. An seiner Stelle solle nunmehr eine Kurzarmbekleidung eingeführt werden, wie sie bei anderen medizinischen Fachberufen bereits seit Langem üblich sei. Als Grund wurde eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Robert Koch-Instituts (RKI) genannt, wonach in Studien der Nachweis erbracht worden sein soll, dass die Keimzahl auf langärmelige Bekleidung höher sei als im Vergleich zu kurzärmeligen Kleidungsstücken.
Ärztekammer Hamburg will Arztkittel behalten
Bei den Mitgliedern der Landesärztekammer Hamburg stößt diese Erklärung auf Unverständnis. Ihrer Meinung nach existiert eine derartige Empfehlung nicht. Darüber hinaus gäbe es bislang auch keine Studie, die den Nachweis einer höheren Verunreinigung bei den Arztkitteln erbringen konnte, kritisierte die Ärztekammer in einer Pressemeldung und verweist auf eine entsprechende Literaturübersicht der amerikanischen „Society for Healthcare Epidemiology“.
Doch damit nicht genug der Argumente: So soll eine Arbeit aus Jerusalem angeblich aufzeigen, dass Kasacks von Pflegekräften sogar mit doppelt so vielen resistenten Keimen wie Kittel kontaminiert worden seien. Umgekehrt konnte auch nicht gezeigt werden, dass kurzärmelige Bekleidung die Infektionsrate senken würde. Und nicht zuletzt sei es wichtig , dass Patienten Ärzte anhand des Kittels erkennen können und vor allem für ältere Patienten mit teilweise eingeschränktem Sehvermögen stelle der Wegfall des Erkennungsmerkmals eine Belastung dar. „Ein Namensschild könne hier kein Ersatz sein“, so die Ärztekammer.
Kritik auch aus Hessen
Auch die Landesärztekammer Hessen hält das Vorhaben des Klinikbetreibers für voreilig und wolle die tatsächlichen Beweggründe erfahren, solange es noch keine klaren Belege für eine geringere Keimbelastung durch die Abschaffung des Kittels gebe. Vielmehr sollte man dafür sorgen, dass die Patientensicherheit und Basishygiene durch mehr und gut geschultes Personal gewährleistet werden, anstatt durch Abschaffung des Ärztekittels. Wie auch die Ärztekammer Hamburg empfiehlt Hessen im direkten Patientenkontakt die sogenannte „bare below the elbows“ (BBE)-Strategie und kurzärmelige Bekleidung zu tragen, während man jedoch bei beispielsweise Patienten- und Angehörigengesprächen frei wählen können sollte, ob man den Kittel tragen möchte.
Westfalen-Lippe begrüßt das Vorhaben von Asklepios
Die Ärztekammer Westfalen-Lippe äußerte sich hingegen sehr positiv zu dem Sachverhalt. „Hygiene geht in jedem Fall vor“, so der Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst. Blanke Unterarme können gereinigt und desinfiziert und auf diese Weise Infektionswege unterbrochen werden. Außerdem sei der Kittel als Statussymbol ohnehin „fehl am Platz“, betonte Windhorst. Als Unterscheidungsmerkmal gebe es andere Möglichkeiten, Ärzte und Ärztinnen kenntlich zu machen, so der Kammerpräsident.
Quelle: Ärztekammern Hamburg, Hessen, Westfalen-Lippe