Was passiert, wenn man länger als 10 Stunden arbeitet?
§ 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt die gesetzlichen Arbeitszeiten. Die tägliche Maximalarbeitszeit darf dabei 8 Stunden grundsätzlich nicht überschreiten. Nach § 3 Absatz 2 und § 7 Absatz 1 ArbZG kann diese Zeit ausnahmsweise auch auf 10 Stunden erweitert werden.
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn regelmäßig Bereitschaftsdienst oder Arbeitsbereitschaft anfallen. Voraussetzung ist jedoch, dass die zusätzliche Arbeitszeit ausgeglichen werden kann.
Wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Regelungen verstößt, handelt ordnungswidrig. Nach § 22 ArbZG kann ein solches Verhalten für den Arbeitgeber eine Bußgeldstrafe nach sich ziehen. Wiederholt der Arbeitgeber sein Verhalten vorsätzlich und gefährdet dadurch die Gesundheit seiner Arbeitnehmer, droht sogar eine Freiheitsstrafe nach § 23 ArbZG.
Was sind Ruhezeiten?
§ 5 Absatz 1 ArbZG regelt die gesetzliche Ruhezeit. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitnehmer zwischen zwei Arbeitstagen oder ‑schichten eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden gewähren. Heißt also: Wenn meine Schicht am Montag um 22 Uhr endet, darf die Schicht am Dienstag nicht vor 9 Uhr morgens beginnen.
Eine Ruhezeit darf, rechtlich gesehen, sogar von vorne begonnen werden, sofern sie durch arbeitsbedingte Telefonate oder ähnliches unterbrochen wird. Diese Regelung verhält sich im Übrigen ähnlich bei unterbrochenen Pausenzeiten.
In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen darf die Ruhezeit nach § 5 Absatz 2 ArbZG unter Beachtung der dortigen Ausgleichsregelung um eine Stunde verkürzt werden. In Gesundheitseinrichtungen kann die Ruhezeit also ausnahmsweise auf nur 10 Stunden bemessen.
Weitere Ausnahmen können sich eventuell aus Tarifverträgen oder behördlicher Erlaubnis ergeben.
Wer überprüft die Arbeitszeiten in der Firma?
Nach § 17 ArbZG wird die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen von den nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörden überwacht. Die Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde dürfen die Arbeitsstätten während der Betriebs- und Arbeitszeit betreten und besichtigen. Außerhalb dieser Zeit dürfen sie ohne Einverständnis des Inhabers nur dann in den Betrieb, wenn dadurch dringende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vermieden werden. Zudem können Arbeitnehmer etwaige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz bei der zuständigen Behörde anzeigen.
Fallbeispiel: Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz
In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (Az.: Au 5 K 11.783) hatte eine Pflegeheimbetreiberin gegen die arbeitszeitrechtlichen Anordnungen des Gewerbeaufsichtsamts geklagt. Dieses stellte bei einer Besichtigung unter Begutachtung der Einsatzpläne fest, dass die Heimleitung mehrfach gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen hat.
Zu den Verstößen gehörten:
- unzulässige Wechsel von Spät- auf Frühschichten,
- keine Gewährleistung der gesetzlichen Ruhezeit von 10 Stunden und erhebliche Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit,
- keine Ausweisung der Pausenzeiten,
- regelmäßige Verschiebung der Dienste zuungunsten der Ruhezeit,
- Anordnung von Teildiensten zu den eigentlichen Dienstzeiten
Die von der Heimleitung vorgelegten Pläne zeigten die tatsächlichen Einsätze der Arbeitnehmer zudem nicht auf. Das Gewerbeaufsichtsamt teilte daraufhin der Heimleitung mit, dass die Arbeitszeiten mit Beginn und Ende sowie Dauer und Lage der Pausen aufzuzeichnen seien.
Mit zwei Bescheiden wurde die Klägerin dazu verpflichtet, die arbeitzeitrechtlichen Regelungen – hinsichtlich der Arbeitnehmer in ihrem Seniorenheim – in Bezug auf
- die gesetzlich zulssige Höchstarbeitszeit von 10 Stunden,
- die Einhaltung der gesetzlichen Ruhezeit von mindestens 10 Stunden,
- die genauen Aufzeichnungen der Arbeits- und Pausenzeiten
- und deren Aufbewahrung über mindestens 2 Jahre
einzuhalten (sofern keine Ausnahmeregelungen nach § 18 ArbZG gelten) und das Gewerbeaufsichtsamt schriftlich um Vollzug zu informieren.
Anordnungen des Gewerbeaufsichtsamts rechtens
Die erhobene Klage der Heimbetreiberin vor dem VG Augsburg blieb ohne Erfolg.
Die getroffenen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 17 Absatz 2 ArbZG. Danach kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner arbeitszeitrechtlichen Pflichten zu treffen hat. Nach der Entscheidung war der Bescheid des Amts voll und ganz rechtmäßig, weil er nicht in Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben der §§ 3 Satz 2, 5 Absatz 2 ArbZG steht.
Die Sachverhaltsfeststellungen, die das Überschreiten der gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten betrafen, wurden prozessual durch die zeugenschaftliche Vernehmung der Wohnbereichsleiter belegt. Hieraus ergab sich auch, dass die ursprünglichen Dienstpläne, in dem die Überstunden vermerkt, verloren gegangen oder nachträglich für die Klägerin begünstigend geändert wurden. Ohne Belang war der Hinweis auf den bestehenden Fachkräftemangel.
Wann darf von den gesetzlichen Arbeitszeiten abgewichen werden?
§ 14 ArbZG ist ein gesetzliches „Korrektiv“ für Einzelfälle. Demnach darf in speziellen Notfällen von den gesetzlichen Regelungen aus §§ 3, 4, 5, 6 Absatz 2, 7, 9 und 11 ArbZG abgewichen werden.
Allerdings greift dieser Paragraf nicht, wenn sich – wie in dem obigen Fall – die Ausnahmeregelungen über einen längeren Zeitraum erstrecken und die gesetzlichen Vorgaben damit außer Kraft setzen.
Aus diesem Grund wurde die Klage gegen die behördliche Maßnahme zurecht abgewiesen.