Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Ist eine Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung aus dem Ausland gültig? Bild: © Gradts | Dreamstime.com

Wer seinen Urlaub im Ausland verbringt und plötz­lich krank wird, ärgert sich in der Regel stark. Die Kosten für Reise und Unter­kunft sind vermut­lich schon weg, doch immer­hin die Urlaubs­tage dürften nicht gleich verlo­ren sein. Zumin­dest, wenn klar belegt werden kann, dass tatsäch­lich eine Krank­heit vorge­le­gen hat, die eine Arbeits­un­fä­hig­keit begrün­det. Dafür sollte auch die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung des Arztes aus dem Urlaubs­ort genügen, oder?

Ob das so ist, darüber stritt sich ein Lagerist mit seinem Arbeit­ge­ber. Der Mitar­bei­ter war im Urlaub in Tunesien. Plötz­lich flatterte bei seinem Arbeit­ge­ber eine Krank­schrei­bung herein: Ein tunesi­scher Arzt beschei­nigte dem Mitar­bei­ter in franzö­si­scher Sprache „schwere Ischi­al­be­schwer­den“ im engen Lenden­wir­bel­säu­len­ka­nal. 24 Tage solle er sich unter stren­ger häusli­cher Ruhe ausku­rie­ren – bewegen dürfe er sich nicht.

24 Tage krank im Tunesien-Urlaub?

Schon einen Tag nach der Krank­schrei­bung am 8. Septem­ber besorgte sich der Mann aller­dings ein Fährti­cket von Tunis nach Genua für seine Rückreise nach Deutsch­land, die am 29. Septem­ber sein sollte – krank­ge­schrie­ben war er aber eigent­lich bis zum 30. Septem­ber. Zurück in der Heimat ging der Mann erneut zum Arzt und legte seinem Arbeit­ge­ber eine Erstbe­schei­ni­gung eines deutschen Arztes vor, die auf den 4. Oktober datiert war. Erneut wurde er krank­ge­schrie­ben, diesmal für vier Tage.

Der Arbeit­ge­ber zeigte sich irritiert und teilte seinem Mitar­bei­ter mit, dass es sich bei der Beschei­ni­gung des tunesi­chen Arztes nicht um eine gültige Krank­schrei­bung handele. Darauf­hin reichte der Mann eine Erläu­te­rung des tunesi­schen Arztes nach, in der dieser angab, tatsäch­lich eine Unter­su­chung durch­ge­führt zu haben und eine beidsei­tige Lumbo­i­s­chi­al­gie festge­stellt zu haben, die eine Ruhephase und ein Reise­ver­bot erfor­der­lich machte.

Arbeit­ge­ber will Lohn kürzen

Dem Arbeit­ge­ber reichte das nicht. Eine Entgelt­fort­zah­lung bei Krank­heit sah er in diesem Fall nicht ein und kürzte prompt das Gehalt des Mitar­bei­ters für die strei­tige Urlaubs­zeit. Dagegen wehrte sich der Mann vor Gericht.

Das Landes­ar­beits­ge­richt München gab zunächst tatsäch­lich dem Mitar­bei­ter recht. Demnach sei einer auslän­di­schen Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung der gleiche Beweis­wert zuzuschrei­ben wie einer deutschen. Entspre­chend müsse der Arbeit­ge­ber den vollen Lohn zahlen. In der Revision zum Urteil wertete das Bundes­ar­beits­ge­richt die Situa­tion aller­dings etwas anders.

Auslän­di­sche Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung hat gleichen Wert wie deutsche

Zwar hatte die Vorin­stanz recht in der Annahme, dass einer auslän­di­schen Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung der gleiche Beweis­wert wie einer deutschen zukommt – zumin­dest wenn aus der Beschei­ni­gung erkennt­lich wird, dass der Arzt zwischen einer bloßen Erkran­kung und einer mit Arbeits­un­fä­hig­keit verbun­de­nen Krank­heit unter­schie­den hat. Aller­dings führen die Umstände im vorlie­gen­den Fall dazu, dass die Krank­schrei­bung unglaub­wür­dig ist, was sich aus mehre­ren Punkten ergibt.

Zum einen sei kritisch zu betrach­ten, dass der tunesi­sche Arzt den Mann direkt für 24 Tage krank­ge­schrie­ben hat, ohne eine Wieder­vor­stel­lung anzuord­nen. Hinzu­kommt, dass der Mann schon einen Tag nach seinem Arztbe­such ein Fährti­cket für den 29. Septem­ber buchte, obwohl er bis zum 30. krank­ge­schrie­ben war und einem ärztli­chen Reise­ver­bot unter­lag.

AU ist dennoch unglaub­wür­dig

Bei der Gesamt­schau der Umstände würdigt das BAG zudem, dass der Mann schon in den Jahren 2017 bis 2020 in drei Fällen unmit­tel­bar nach seinem Urlaub Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gun­gen vorge­legt hatte.

Aus den genann­ten Gründen ergeben sich somit Zweifel am Beweis­wert der Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung. Die Sache wurde zur neuen Verhand­lung an das Landes­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Quelle: Bundes­ar­beits­ge­richt