Eine Apotheke in der Nähe ist vielen Menschen in diesem Land sehr wichtig. Dazu kommt: Deutschlands Bevölkerung wird immer älter und analog dazu werden die Wege zur nächsten Pharmazie hier immer weiter. Was ist passiert? Und was geschieht zukünftig in diesem Land?
Das Netz der Standorte von Apotheken wird zusehends dünner, zuletzt gab es immer nur eine Richtung: weniger, weniger, weniger. Apothekensterben in „Reinkultur“.
Apothekerverband beunruhigt
So dramatisch ist die Situation des Apothekensterbens Ende September 2024 in der Bundesrepublik: Da gab es noch 17.187 Apotheken. Das geht aus einer Erhebung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hervor. Seit Jahresbeginn sind es damit insgesamt 384 weniger.
Zudem fiel der Rückgang in den ersten neun Monaten dieses Jahres stärker aus. Im Vorjahr 2023 hatte es von Januar bis Ende September ein Minus von 335 gegeben. Erfasst werden jeweils Hauptapotheken und Filialen, von denen bis zu drei betrieben werden können. Die Bundesvereinigung warnt vor einer Verschlechterung der medizinischen Versorgung.
Der Bundesvereinigung fordert die Politik auf, das Apothekensterben zu stoppen.
„Jede Apotheke, die schließen muss, verschlechtert die Versorgung für tausende Patientinnen und Patienten, weil die Wege zur nächsten Apotheke dann länger werden“, sagte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening.
Die Branche mahnte wiederholt die Anhebung von Honoraren an. Apotheken seien chronisch unterfinanziert bei zugleich seit Jahren steigenden Kosten. Zehn Prozent der Apotheken in Deutschland seien defizitär, insgesamt weise ein Drittel ein kritisches betriebswirtschaftliches Ergebnis aus.
Apothekensterben: Im Jahr 2000 noch über 21.000
In der Bundesrepublik sinken die Zahlen bereits seit Jahren. Blicken wir zurück: Im Jahr 2000 gab es in Deutschland noch 21.592 Apotheken inklusive sogenannter Filial-Apotheken.
Die wichtigsten Gründe für die Schließungen:
- hoher Kostendruck
- Probleme bei der Nachfolgesuche, wenn Inhaber in den Ruhestand gehen.
Dazu kommt: Mangels Verdienstmöglichkeiten ziehe es einige qualifizierte Menschen in die Industrie. Das beklagt die ABDA in ihrer Presseerklärung. Die Bundesvereinigung wehrt sich zudem seit langem gegen die Konkurrenz ausländischer Versandapotheken, die mit dem neuen E‑Rezept werben.
Mit 21 Apotheken je 100.000 Menschen liegt Deutschland der ABDA zufolge unter dem Schnitt in der EU, der bei 32 liege.
Die Bundesrepublik schneidet demnach bei der Apothekendichte (je 100.000 Menschen) schlechter ab als
- Spanien (47)
- Italien (33)
- Frankreich (31)
aber deutlich besser als die Niederlande (11) oder etwa skandinavische Staaten.
Quelle: ABDA
3 Kommentare
Jeder bejammert das vermeintliche Apothekensterben aber niemand stellt die Frage, ob wir vielleicht einfach zu viele Apotheken haben?? Ich würde sogar noch weiter gehen und die Frage stellen, ob wir überhaupt Apotheken brauchen? Warum bekommt man nicht einfach sein vom Arzt verordnetes Medikament direkt beim Herausgehen von der MFA ausgehändigt?? Kein Rezept, kein Zeitverlust für die Fahrt zur Apotheke, keine separate Abrechnung der Abgabegebühr von ca. 8€ pro Medikament durch die Apotheke.
Wir brauchen innovative Ideen, um das Gesundheitswesen fit für eine herausfordernde Zukunft zu machen. Mit Lobbyismus – hier die Apotheken – kommen wir nicht weiter.
Von ehemals 17.571 sind nunmehr „nur noch“ 17.187 Apotheken (- 384) übrig. Das entspricht, wenn ich mich nicht verrechnet habe, einen Verlust von gerade mal 2 Prozent! Ich weiß nicht, ob diese Zahl das Prädikat „dramatisch“ rechtfertigt.
Auch die pauschale Aussage „Jede Apotheke, die schließen muss, verschlechtert die Versorgung“ sollte man doch kritisch hinterfragen. Es macht ja immer noch einen Unterschied aus, ob die einzige Apotheke in einer kleinen Stadt oder in ländlicher Umgebung schließt oder ob eine von drei Apotheken auf einen Straßenzug von 300m Länge in einer Großstadt dicht macht. Aber das Problem der ungleichen Verteilung von Dienstleistungen sowie von Überversorgung auf der einen und Unterversorgung auf der anderen Seiten zieht sich ja wie ein roter Faden durch das gesamte Gesundheitswesen – Apotheken bilden da keine Ausnahme.
Die Idee von Herrn Castner ist aus meiner Sicht absolut realitätsfremd und nicht praktikabel.
Für den Patienten wird der Gang zur Apotheke nur durch den Gang zum Arzt ersetzt. Schlimmer noch, wenn man Medikamente von verschiedenen Ärzte (Hausärzte, Fachärzte) bezieht, müsste man sich auch jeweils mehrfach auf den Weg machen, damit seine Medikamente bekommt. Patienten mit insbesondere mit multiplen chronischen Erkrankungen, die häufig eine Vielzahl an unterschiedlichen Arzneimitteln benötigen, werden sich da bedanken!
Darüber hinaus werden sich die Ärzte mit eigener Praxis für eine solche Idee wohl kaum begeistern lassen. Denn sie müssten nunmehr ein eigenes Arzneimitteldepot mit ausreichendem Vorrat von zig Medikamten (!) einrichten, hierfür die entsprechende Lagerhaltung durchführen und alles was sonst noch dazu gehört. Schon die personellen und räumlichen Anforderungen werden dieses Vorhaben für viele Praxen unmöglich machen. Unterm Strich würde dies aufseiten der Praxisbetreiber wohl nur zu ein Mehr an Arbeit und Kosten führen (und am Ende vom Patient zu bezahlen sein).
Wer die Institution Apotheke nur als bloße Pillenausgabe sieht, verkennt zudem deren vielfältigen anderen Aufgaben und Dienstleistungen. Ich kenne jedenfalls keine Hautärzte, die ihre Hautcremes selber zusammenmischen oder Internisten, die Chemotherapeutika zusammenrühren. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich sehr froh darum bin, dass es da noch zweites Paar fachkundiger Augen gibt, das sich meine Rezepte anschaut und auf Plausibilität prüft. Und im Übrigen – wo bekäme man eigentlich in Zukunft die bislang freiverkäuflichen, aber bis dato apothekenpflichtigen Medikamente her (z.B. Antiallergika, Hustenmittel, Kopfschmerzmittel etc.). Pfeifen wir dann auf die Apothekenpflicht (mangels Apotheken) und verkaufen wir das dann wie Nahrungsergänzungsmittel in Drogerien und Supermärkten??