Antikörpertherapie in der Forschung: Eine neue Therapiemöglichkeit gegen COVID-19 wird zur Zeit erprobt. Es geht um sogenannte monoklonale Antikörper, die intravenös oder subkutan verabreicht werden. Sie können dann das Andocken der Coronaviren an den Zellen blockieren und so eine Infektion eindämmen. Allerdings ist das Verfahren nur in den ersten sieben Tagen nach der Infektion sinnvoll. Am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München wird die Therapie seit einigen Monaten eingesetzt.
Antikörpertherapie ist keine Alternative zur Impfung
„Die passive Impfung wird in der Breite die aktive COVID-19 Schutzimpfung nicht ersetzen können,“ sagte Privatdozent Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Pandemiebeauftragter des Universitätsklinikums, im Gespräch mit der Rechtsdepesche. „Insbesondere in Alten- und Pflegeheimen sollte daher weiterhin die Option der aktiven Impfung priorisiert werden. Einzig für Menschen mit chronischen Erkrankungen und reduziertem Ansprechen auf aktive COVID-19-Impfungen kann daher eine passive Impfung durch neutralisierende Antikörper zusätzlichen Schutz bedeuten. Darüber hinaus kann ein Einsatz im Rahmen von Ausbruchsgeschehen – vor allem von Ungeimpften – sinnvoll sein.“
Die Antikörpertherapie ist also keinesfalls eine Alternative zur Impfung. PD Dr. Spinner erklärt: „Die monoklonale Antikörpertherapie kommt in unserer Einrichtung vor allem bei nicht durch aktive Impfung schützbaren Risikopatient*Innen mit Risikofaktoren schwerer COVID-19-Verläufe zum Einsatz. Hierbei orientieren wir uns am AWMF Positionspapier, an dessen Entstehung ich massgeblich beteiligt war.“
Vorbeugende Behandlung mit Antikörpern möglich
Für Patienten, die entweder aufgrund von Vorerkrankungen nicht geimpft werden können oder kaum auf eine Impfung ansprechen, kann eine Antikörpertherapie lebensrettend sein. Immer wieder sterben Heimbewohner nach Corona-Ausbrüchen in Pflegeeinrichtungen. In dieser Situation könnten Risikopatienten, die nach Kontakt mit einem Corona-Fall leichte Symptome zeigen, mit Antikörpern behandelt werden, um einem schweren Verlauf zuvorzukommen. Sobald die gesetzlichen Rahmenbedingung dafür geschaffen werden, ist auch eine prophylaktische Behandlung von symptomfreien Patienten möglich.
Wichtig ist dabei, dass die Behandlung nicht vor Ansteckung schützt, sondern nur die Viruslast im Körper gering hält. Die AHA-Regeln – Masken tragen, Abstandhalten und Hände waschen – müssten also trotzdem eingehalten werden.
Außerhalb der EU ist die Therapie schon länger im Einsatz: Ex-US-Präsident Donald Trump wurde im Rahmen seiner COVID-19-Infektion mit mononuklealen Antikörpern behandelt. In Deutschland sind seit dem 12. November 2021 zwei Präparate zur Therapie zugelassen: Eine Antikörper-Kombination aus Casirivimab und Imdevimab (Ronapreve) sowie das Monopräparat Regdanvimab.
„Derzeit müssen die zugelassenen neutralisierende Antikörper (Ronapreve oder Regdanvimab) zur Therapie oder Postexpositionsprophylaxe einmalig intravenös verabreicht werden. Zum präventiven Einsatz (PrEP) kann Ronapreve alle 4–6 Wochen in einer Dosierung von 0,3/0,3g wiederholt parenteral verabreicht werden,“ erläutert PD Dr. Spinner den Ablauf der Behandlung. „Die neutralisierenden Antikörper werden mehrheitlich sehr gut vertragen. Allergische Reaktionen sind selten, können aber auch schwer sein. Daher findet die Applikation unter ärztlicher Überwachung statt.“
Zur Wirksamkeit der Antikörper-Therapie bei einer Infektion mit der neuen Omikron-Variante liegen laut PD Dr. Spinner noch keine Daten vor: „Veränderungen des S‑Proteins von SARS-CoV‑2, insbesondere bei Immunevasion, kann allerdings auch mit reduzierter Wirkung der neutralisierenden Antikörper assoziiert sein.“