Alttextilien
Textil­re­cy­cling: Chancen ohne Ende Bild: © Monika Baumbach | Dreamstime.com

Alttex­ti­lien in zirku­lä­res Modell integrie­ren

Umso wichti­ger ist es, die Alttex­ti­lien in ein zirku­lä­res Modell zu integrie­ren. Denn verbin­det man das Recycling von Alttex­ti­lien mit einer vorhe­ri­gen langen Lebens­dauer der Texti­lien, kann dies die Nachhal­tig­keit des Geschäfts­be­triebs deutlich stärken.

Kranken­häu­ser und Pflege­ein­rich­tun­gen sind täglich auf große Mengen an Texti­lien angewie­sen, von Bettwä­sche, über Handtü­cher bis hin zu Arbeits­klei­dung für das medizi­ni­sche Perso­nal. Diese Texti­lien werden inten­siv genutzt und unter­lie­gen stren­gen hygie­ni­schen Anfor­de­run­gen.

Um eine schnelle Abnut­zung zu verhin­dern, ist die richtige Auswahl von Texti­lien sowie eine geeig­nete Pflege der Texti­lien unumgäng­lich. Der Textil­ser­vice ist darauf spezia­li­siert, genau diese beiden Fakto­ren profes­sio­nell zu bedie­nen und gleich­zei­tig die Texti­lien einem Kreis­lauf zuzufüh­ren.

Profes­sio­nelle Wasch­ver­fah­ren verlän­gern Lebens­dauer der Texti­lien

Die Textil­ser­vice­dienst­leis­ter stellen dabei einer­seits geeig­nete Texti­lien für den Kranken­haus­ge­brauch zur Verfü­gung, welche sowohl die hohen Anfor­de­run­gen an Quali­tät als auch an Wider­stän­dig­keit erfül­len. Anderer­seits verlän­gern die profes­sio­nel­len Wasch­ver­fah­ren der Dienst­leis­ter die Lebens­dauer der Texti­lien, sodass diese zahlrei­che Wasch­gänge überste­hen können, ohne dass es zu Quali­täts­ver­lus­ten kommt.

Alttextilien
Textil­re­cy­cling an einer sogenann­ten Reißma­schine Bild: © STFI I Wolfgang Schmidt

Hierdurch kann die Lebens­dauer der Texti­lien enorm verlän­gert werden.

Sobald die Lebens­dauer der Texti­lien überschrit­ten ist, stellt sich jedoch die Frage, wie es mit den Alttex­ti­lien weiter­ge­hen soll. Tradi­tio­nell wurden Alttex­ti­lien aus dem Gesund­heits­we­sen oft verbrannt oder auf Deponien entsorgt, was erheb­li­che Umwelt­aus­wir­kun­gen hat.

Die Verbren­nung von Texti­lien setzt schäd­li­che Gase frei und trägt zur Luftver­schmut­zung bei, während die Deponie­rung wertvolle Ressour­cen verschwen­det und Platz auf Deponien beansprucht. Eine weitere proble­ma­ti­sche Praxis ist der Export von Alttex­ti­lien in Entwick­lungs­län­der, wo sie oft unter prekä­ren Bedin­gun­gen weiter­ver­ar­bei­tet werden.

Die Textil­ser­vice­bran­che hat sich gegen die tradi­tio­nelle Lösung entschie­den und setzt dafür auf eine vielver­spre­chende Alter­na­tive – das Textil­re­cy­cling. Alttex­ti­lien werden hierbei zunächst gesam­melt, sortiert und dann per Recycling wieder zu Rohstof­fen verar­bei­tet, welche im Anschluss erneut Teil einer Wertschöp­fungs­kette werden können.

Doch was macht Textil­re­cy­cling so attrak­tiv? Diese Frage möchten wir im Gespräch mit Jan Stien­e­mann, Research and Develo­p­ment Manager bei ALTEX Textil-Recycling, einem führen­den Alttex­til-Recycler in Deutsch­land, beant­wor­ten.

Alttextilien
Jan Stien­e­mann Bild: Privat

Inter­view mit Jan Stien­e­mann

DTV: Herr Stien­e­mann, Ihr Unter­neh­men sammelt und recycelt Alttex­ti­lien. Um welche Art von Alttex­ti­lien handelt es sich hierbei typischer­weise? Spielen Alttex­ti­lien aus dem Gesund­heits­be­reich eine Rolle hierbei?

Jan Stien­e­mann: Unser Unter­neh­men verar­bei­tet jegli­che Arten von trocke­nen Texti­lien – von Anfahrts­strän­gen der Faser­pro­duk­tion, Spinne­rei- sowie Weberei-Abfälle, über Konfek­ti­ons­reste aus der Modeindus­trie oder sortierte Altklei­der. Aber auch gebrauchte Kaffee­sä­cke werden von uns verar­bei­tet. Alttex­ti­lien aus dem Gesund­heits­we­sen spielen bisher eine unter­ge­ord­nete Rolle.

DTV: Wie kann man sich den Ablauf beim Textil­re­cy­cling vorstel­len?

Stien­e­mann: Wir nehmen die Alttex­ti­lien in gesam­mel­ter Form in Mengen ab 500kg aufwärts entge­gen. Bei kleine­ren Mengen müssen einzelne Liefe­run­gen gegebe­nen­falls gebün­delt werden. Große Liefe­run­gen ab 5 Tonnen können eigen­stän­dig verar­bei­tet werden. Grund­sätz­lich gilt, je höher die gelie­ferte Menge, desto besser. Anschlie­ßend wird die Quali­tät der Texti­lien begut­ach­tet und es wird geprüft, für welchen Anwen­dungs­zweck diese weiter­ge­nutzt werden können. Über unsere großen Maschi­nen werden die Alttex­ti­lien im Anschluss in einem rein mecha­ni­schem Prozess zu Fasern aufge­löst.

Tisch­plat­ten aus Texti­lien

DTV: Welche Produkte können aus diesen recycel­ten Fasern herge­stellt werden?

Stien­e­mann: Wir mischen die Fasern antei­lig in unsere Standard­pro­dukte ein. Die Reißfa­sern werden zum Beispiel als Dämmma­te­rial in Automo­bi­len oder auch bei Weißwa­ren genutzt. Weiße Texti­lien mit hohem Baumwoll­ge­halt werden zudem in der Möbel­in­dus­trie zur Ferti­gung von Tisch­plat­ten verwen­det.

DTV: Welche Vorteile ergeben sich daraus, für diese Produkte recycelte Fasern zu verwen­den?

Stien­e­mann: Zum einen spielen ökolo­gi­sche Aspekte eine wichtige Rolle – so führt die Nutzung von recycel­ten Fasern zu Energie­ein­spa­run­gen und schont gleich­zei­tig natür­li­che Ressour­cen. Zum anderen bieten recycelte Fasern teilweise auch bessere Dämm-Eigen­schaf­ten. Somit profi­tiert zusätz­lich auch die Produkt­qua­li­tät von recycel­ten Fasern.

DTV: Sind Alttex­ti­lien aus Gesund­heits­ein­rich­tun­gen auch fürs Recycling geeig­net?

Stien­e­mann: Die Gleich­mä­ßig­keit der Materi­al­ge­mi­sche sowie die Reinheit durch das vorhe­rige Waschen der Alttex­ti­lien aus Gesund­heits­ein­rich­tun­gen erleich­tern den Recycling­pro­zess. Im Vergleich zu Alttex­ti­lien aus dem Fashion­be­reich haben sie außer­dem weniger Störstoffe, wie etwa Knöpfe oder Reißver­schlüsse. Arbei­ten die Gesund­heits­ein­rich­tun­gen zudem mit Textil­ser­vice­an­bie­tern zusam­men, erleich­tert dies die Nachver­folg­bar­keit und Auskunft zu den Quali­tä­ten der Texti­lien für uns.

Man darf aber auch nicht die Heraus­for­de­run­gen vernach­läs­si­gen, die Alttex­ti­lien aus dem Gesund­heits­be­reich mitbrin­gen. Bei diesen handelt es sich nämlich oft um sehr feine Texti­lien, welche dadurch beim Recycling beson­ders aggres­siv behan­delt werden müssen, damit alle Stücke zur Einzel­fa­ser aufge­löst werden können. Dies kann zu einer Faser­kür­zung führen. Auch die häufi­gen Wasch­zy­klen führen dazu, dass die Fasern stärker verbraucht sind.

Rohstoffe im Kreis­lauf halten

DTV: Was macht aus Ihrer Sicht Textil­re­cy­cling somit attrak­tiv für Gesund­heits­ein­rich­tun­gen?

Stien­e­mann: Zunächst ist man damit Teil einer großen Bewegung im Sinne der Nachhal­tig­keit, mit dem Ziel, Rohstoffe künftig in einem Kreis­lauf zu halten, um die Umwelt zu schüt­zen. Gleich­zei­tig gibt es durch den techno­lo­gi­schen Fortschritt immer neue Möglich­kei­ten, recycelte Texti­lien weiter­zu­ver­ar­bei­ten. So können schon heute beispiels­weise Wäsche­hau­ben oder auch Trans­port­bo­xen aus recycel­ten Alttex­ti­lien herge­stellt werden.

Die Branche ist hierbei sehr kreativ und innova­tiv. Von dem hieraus entste­hen­den Stoff­kreis­lauf profi­tie­ren auch Gesund­heits­ein­rich­tun­gen, etwa durch gerin­gere Kosten für die Entsor­gung von Texti­lien.

Wir stehen aktuell zwar noch am Anfang dieser Entwick­lung, aber das Textil­re­cy­cling wird schon bald die Kreis­lauf­wirt­schaft grund­le­gend revolu­tio­nie­ren. Daher möchte ich auch an die Unter­neh­men appel­lie­ren, mutig zu sein und einfach den ersten Schritt zu wagen! Sie werden überrascht sein, wie viele Produkte Sie schon heute durch recycelte Ware erset­zen können.

DTV: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Stien­e­mann!

Das Inter­view führte Stefan Cieslak, Referent für Betriebs­wirt­schaft und Markt­da­ten beim DTV