Alttextilien in zirkuläres Modell integrieren
Umso wichtiger ist es, die Alttextilien in ein zirkuläres Modell zu integrieren. Denn verbindet man das Recycling von Alttextilien mit einer vorherigen langen Lebensdauer der Textilien, kann dies die Nachhaltigkeit des Geschäftsbetriebs deutlich stärken.
Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sind täglich auf große Mengen an Textilien angewiesen, von Bettwäsche, über Handtücher bis hin zu Arbeitskleidung für das medizinische Personal. Diese Textilien werden intensiv genutzt und unterliegen strengen hygienischen Anforderungen.
Um eine schnelle Abnutzung zu verhindern, ist die richtige Auswahl von Textilien sowie eine geeignete Pflege der Textilien unumgänglich. Der Textilservice ist darauf spezialisiert, genau diese beiden Faktoren professionell zu bedienen und gleichzeitig die Textilien einem Kreislauf zuzuführen.
Professionelle Waschverfahren verlängern Lebensdauer der Textilien
Die Textilservicedienstleister stellen dabei einerseits geeignete Textilien für den Krankenhausgebrauch zur Verfügung, welche sowohl die hohen Anforderungen an Qualität als auch an Widerständigkeit erfüllen. Andererseits verlängern die professionellen Waschverfahren der Dienstleister die Lebensdauer der Textilien, sodass diese zahlreiche Waschgänge überstehen können, ohne dass es zu Qualitätsverlusten kommt.
Hierdurch kann die Lebensdauer der Textilien enorm verlängert werden.
Sobald die Lebensdauer der Textilien überschritten ist, stellt sich jedoch die Frage, wie es mit den Alttextilien weitergehen soll. Traditionell wurden Alttextilien aus dem Gesundheitswesen oft verbrannt oder auf Deponien entsorgt, was erhebliche Umweltauswirkungen hat.
Die Verbrennung von Textilien setzt schädliche Gase frei und trägt zur Luftverschmutzung bei, während die Deponierung wertvolle Ressourcen verschwendet und Platz auf Deponien beansprucht. Eine weitere problematische Praxis ist der Export von Alttextilien in Entwicklungsländer, wo sie oft unter prekären Bedingungen weiterverarbeitet werden.
Die Textilservicebranche hat sich gegen die traditionelle Lösung entschieden und setzt dafür auf eine vielversprechende Alternative – das Textilrecycling. Alttextilien werden hierbei zunächst gesammelt, sortiert und dann per Recycling wieder zu Rohstoffen verarbeitet, welche im Anschluss erneut Teil einer Wertschöpfungskette werden können.
Doch was macht Textilrecycling so attraktiv? Diese Frage möchten wir im Gespräch mit Jan Stienemann, Research and Development Manager bei ALTEX Textil-Recycling, einem führenden Alttextil-Recycler in Deutschland, beantworten.
Interview mit Jan Stienemann
DTV: Herr Stienemann, Ihr Unternehmen sammelt und recycelt Alttextilien. Um welche Art von Alttextilien handelt es sich hierbei typischerweise? Spielen Alttextilien aus dem Gesundheitsbereich eine Rolle hierbei?
Jan Stienemann: Unser Unternehmen verarbeitet jegliche Arten von trockenen Textilien – von Anfahrtssträngen der Faserproduktion, Spinnerei- sowie Weberei-Abfälle, über Konfektionsreste aus der Modeindustrie oder sortierte Altkleider. Aber auch gebrauchte Kaffeesäcke werden von uns verarbeitet. Alttextilien aus dem Gesundheitswesen spielen bisher eine untergeordnete Rolle.
DTV: Wie kann man sich den Ablauf beim Textilrecycling vorstellen?
Stienemann: Wir nehmen die Alttextilien in gesammelter Form in Mengen ab 500kg aufwärts entgegen. Bei kleineren Mengen müssen einzelne Lieferungen gegebenenfalls gebündelt werden. Große Lieferungen ab 5 Tonnen können eigenständig verarbeitet werden. Grundsätzlich gilt, je höher die gelieferte Menge, desto besser. Anschließend wird die Qualität der Textilien begutachtet und es wird geprüft, für welchen Anwendungszweck diese weitergenutzt werden können. Über unsere großen Maschinen werden die Alttextilien im Anschluss in einem rein mechanischem Prozess zu Fasern aufgelöst.
Tischplatten aus Textilien
DTV: Welche Produkte können aus diesen recycelten Fasern hergestellt werden?
Stienemann: Wir mischen die Fasern anteilig in unsere Standardprodukte ein. Die Reißfasern werden zum Beispiel als Dämmmaterial in Automobilen oder auch bei Weißwaren genutzt. Weiße Textilien mit hohem Baumwollgehalt werden zudem in der Möbelindustrie zur Fertigung von Tischplatten verwendet.
DTV: Welche Vorteile ergeben sich daraus, für diese Produkte recycelte Fasern zu verwenden?
Stienemann: Zum einen spielen ökologische Aspekte eine wichtige Rolle – so führt die Nutzung von recycelten Fasern zu Energieeinsparungen und schont gleichzeitig natürliche Ressourcen. Zum anderen bieten recycelte Fasern teilweise auch bessere Dämm-Eigenschaften. Somit profitiert zusätzlich auch die Produktqualität von recycelten Fasern.
DTV: Sind Alttextilien aus Gesundheitseinrichtungen auch fürs Recycling geeignet?
Stienemann: Die Gleichmäßigkeit der Materialgemische sowie die Reinheit durch das vorherige Waschen der Alttextilien aus Gesundheitseinrichtungen erleichtern den Recyclingprozess. Im Vergleich zu Alttextilien aus dem Fashionbereich haben sie außerdem weniger Störstoffe, wie etwa Knöpfe oder Reißverschlüsse. Arbeiten die Gesundheitseinrichtungen zudem mit Textilserviceanbietern zusammen, erleichtert dies die Nachverfolgbarkeit und Auskunft zu den Qualitäten der Textilien für uns.
Man darf aber auch nicht die Herausforderungen vernachlässigen, die Alttextilien aus dem Gesundheitsbereich mitbringen. Bei diesen handelt es sich nämlich oft um sehr feine Textilien, welche dadurch beim Recycling besonders aggressiv behandelt werden müssen, damit alle Stücke zur Einzelfaser aufgelöst werden können. Dies kann zu einer Faserkürzung führen. Auch die häufigen Waschzyklen führen dazu, dass die Fasern stärker verbraucht sind.
Rohstoffe im Kreislauf halten
DTV: Was macht aus Ihrer Sicht Textilrecycling somit attraktiv für Gesundheitseinrichtungen?
Stienemann: Zunächst ist man damit Teil einer großen Bewegung im Sinne der Nachhaltigkeit, mit dem Ziel, Rohstoffe künftig in einem Kreislauf zu halten, um die Umwelt zu schützen. Gleichzeitig gibt es durch den technologischen Fortschritt immer neue Möglichkeiten, recycelte Textilien weiterzuverarbeiten. So können schon heute beispielsweise Wäschehauben oder auch Transportboxen aus recycelten Alttextilien hergestellt werden.
Die Branche ist hierbei sehr kreativ und innovativ. Von dem hieraus entstehenden Stoffkreislauf profitieren auch Gesundheitseinrichtungen, etwa durch geringere Kosten für die Entsorgung von Textilien.
Wir stehen aktuell zwar noch am Anfang dieser Entwicklung, aber das Textilrecycling wird schon bald die Kreislaufwirtschaft grundlegend revolutionieren. Daher möchte ich auch an die Unternehmen appellieren, mutig zu sein und einfach den ersten Schritt zu wagen! Sie werden überrascht sein, wie viele Produkte Sie schon heute durch recycelte Ware ersetzen können.
DTV: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Stienemann!
Das Interview führte Stefan Cieslak, Referent für Betriebswirtschaft und Marktdaten beim DTV