Sie und rund 20 weitere Mediziner nahmen im Rahmen des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) in Frankfurt am Main an einem Workshop teil, der verdeutlichte, wie körperlich eingeschränkt geriatrische Patienten tatsächlich sind. „Ich hätte auch nie gedacht, dass jeder Schritt, jede Armbewegung so viel Kraft kosten kann! Dies erlebt zu haben, lässt mich meine Patienten aus ganz anderen Augen sehen.“
Ungewöhnliche Situationen für die Altersmediziner
Diese Altersmedizinerin möchte nun die Anzüge auch an ihrer Klinik einsetzen, um hier das Verständnis ihrer Kollegen in Bezug auf Alter und Gebrechlichkeit zu schärfen. „Man muss es einfach selbst spüren! Die Altersanzüge machen in ihren verschiedenen Ausführungen die körperlichen Defizite des Alters am eigenen Leib erlebbar“, erklärte Workshop-Leiterin Dr. Gabriele Röhrig-Herzog, Oberärztin aus Köln. „Das ist Sinn und Zweck. Und die Aha-Erlebnisse sind groß, wann immer und mit wem immer durchgeführt.“
Durch das Tragen der Altersanzüge wurden Körpermotorik, Seh- und Hörmöglichkeiten stark eingeschränkt. An mehreren Übungsstationen mussten die Teilnehmer dann ganz normale Alltagstätigkeiten verrichten: Treppensteigen, Wasserflaschen öffnen, Kaffee trinken, Schuhe zuschnüren oder einfache Gespräche führen. Die Situationen waren für die teilnehmenden Ärzte so ungewöhnlich, dass kaum eine Übung auf Anhieb funktionierte. Bei aller Ernsthaftigkeit gingen die Geriater mit großer Neugierde und Elan an ihre Aufgaben heran.
Das eigene Erleben zählt
Der Workshop wurde außerhalb des Kongressgebäudes im nahe gelegenen Klinikum durchgeführt – direkt auf der Geriatrischen Station. So beobachteten auch Patienten und Besucher des Krankenhauses das spielerische Treiben der Spezialisten für Altersmedizin mit Interesse und gaben bei Bedarf hilfreiche Tipps in Punkto Gangstabilität oder dem Einsatz von Hilfsmitteln. „Darf ich den Anzug auch mal ausprobieren?“, scherzt ein hochbetagter Hausbesucher. „Dann weiß ich, was mit 120 auf mich zukommt…“.
„Simulationsanzüge sind eine wunderbare Möglichkeit das eigene Verständnis für körperliche Grenzen im Alter zu schärfen. Bücher lesen und Erzählungen Glauben schenken ist das Eine – es selbst zu erleben ist etwas ganz Anderes,“ weiß Dr. Gabriele Röhrig-Herzog. „Das bleibt im Gedächtnis haften!“