Warum Pausen so wichtig sind
Der Umgang mit den „Ruhepausen“ ist in der Kranken- und Altenpflege ein stetiges Reizthema. Gestresste, erschöpfte und übermüdete Pflegekräfte stellen ein Sicherheitsrisiko für die Patienten und Patientinnen sowie Bewohner und Bewohnerinnen dar, sodass bei der Durchführung von Pflegetätigkeiten ab einem bestimmten Zeitpunkt das Bedürfnis nach Erholung entsteht.
Der hohe Arbeitsdruck und unvorhersehbare Notfallsituationen machen jedoch oft einen Strich durch die Rechnung. Vielfach arbeitet das Krankenhauspersonal deswegen ohne Pause und übermüdet.
Die Problematik des Pflegepersonalmangels ist seit Langem bekannt. Ganz aktuell macht ein Beitrag unter dem Hashtag #Nichtselbstverständlich von Joko Winterscheidt und Klaas Heufler-Umlauf darauf aufmerksam. Sie gewannen ihr Duell gegen den Sender Prosieben und nutzten die dadurch gewonnene Sendezeit – die dieses Mal auf sieben Stunden statt der üblichen 15 Minuten erhöht wurde -, um auf die Pflege-Situation auf Intensivstationen während der Coronapandemie aufmerksam zu machen.
Dazu wurde die Krankenpflegerin Meike Ista während einer gesamten Pflege-Schicht an der Uniklinik Münster mit Kamera, aus der Ich-Perspektive, begleitet. Die Aktion ist auf ein enormes Echo gestoßen. In dem Videobeitrag äußert sich auch der Krankenpfleger und politisch aktive Alexander Jorde zu Wort:
„… Die Würde des Menschen fängt nicht beim Patienten an und hört beim Patienten auf, sondern sie geht auch beim Personal weiter. Auch wir haben ja das Recht vernünftig und würdig behandelt zu werden. Und was bringt es denn, wenn ich mich um meine Patienten kümmere, aber am Ende des Tages schlechter gepflegt, weniger getrunken und nichtmal die Möglichkeit gehabt habe, zur Toilette zu gehen und es meinen Patienten zwar gut geht, aber mir selber geht es schlecht.“
Alexander Jorde, Krankenpfleger
Jeder Arbeitnehmende hat das Recht auf eine Pause nach den arbeitszeitrechtlichen Gesetzen. Wie wichtig diese Pausenzeiten sind machen die Hilferufe aus der Pflegebranche nur umso deutlicher. Wie ist die Pause also aus rein juristischer Perspektive geregelt?
Juristisches zur „Pause“
- Bei einer maximalen Arbeitszeit von sechs Stunden müssen keine Pausen gewährt werden
- Liegt die Regelarbeitszeit zwischen sechs und neun Stunden müssen mindestens 30 Minuten Ruhepause gewährt werden (Normalfall)
- Bei überlangen Diensten bis zu zehn Stunden sind mindestens 45 Minuten zu gewähren
Auf der juristischen Seite steht eindeutig fest, dass die Ruhepausen vor Gesundheits- und Unfallgefahren aufgrund von Erschöpfung und Übermüdung schützen sollen und im Voraus festzulegen sind. Nach der zentralen Vorschrift zur Gewährung von Ruhepausen (§ 4 ArbZG) ist die Arbeit durch Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden zu unterbrechen. Beträgt die Arbeitszeit über neun Stunden müssen Ruhepausen von 45 Minuten genommen werden.
Einschub: Wer mehr arbeitet hat mehr Pausenzeit
Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Notwendige Arbeitsunterbrechungen wegen Toilettengängen werden angerechnet, während die Berücksichtigung der Zeiten wegen Raucherpausen in der Kulanz des Arbeitgebers liegen. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden (§ 4 Satz 3 ArbZG).
Entfällt die Pausenzeit wegen eines Notfalleinsatzes, wird diese Ausnahme durch § 14 Absatz 2 Nummer 2 ArbZG aufgefangen. Unaufschiebbare Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen lassen Ausnahmen von den Vorgaben des § 4 ArbZG zu. Kompensiert werden soll dies, dass die Pause spätestens vor dem Beginn der folgenden Arbeitsperiode nachgeholt wird.
Aber Achtung: Umgehungen der Pausenregelung können überdies nicht dadurch stattfinden, dass die Ruhepausen systematisch an den Anfang oder das Ende der Arbeitszeit gelegt werden. Die Zeit zwischen der Beendigung und dem Beginn der Arbeit wird vielmehr der von § 5 ArbZG geschützten Ruhezeit zugewiesen.
Ruhepause ist Ruhezeit
- Arbeitszeit ist die Zeit, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zur Verfügung stehen muss.
- Ruhezeit ist die Zeit, die dem Arbeitnehmer zwischen der Arbeit zum Zweck der Erholung zur Verfügung steht.
Diese Wertung wird auch der arbeitszeitrechtlichen Qualität der Ruhepause zugerechnet. Ruhepausen sind keine Arbeitszeit. Ruhepausen sind Ruhezeit.
Anders als zum Beispiel bei der Arbeitsbereitschaft ist es den Dienstvorgesetzten versagt, die ruhepausierende Pflegekraft zur Arbeit abzurufen. Nach der Rechtsprechung des BAG ist die Ruhepause dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist. Die Pflegekraft darf frei darüber verfügen, wo und wie die Ruhepause verbracht wird. Ruhezeit eben.
Die Ruhepause – bezahlt oder unbezahlt?
- Bezahlung bei entsprechender Regelung im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung
- „Zwangspause“ wegen einer betrieblichen Störung
- Kurzpausen bei Schicht- und Nachtarbeit
Die arbeitszeitrechtliche Wertung der Ruhepause strahlt auch auf die Vergütung aus. Grundsätzlich werden die Zeiten der Ruhepausen nicht entlohnt. Allerdings gibt es einige besondere „Pausenarten“, die der Arbeitszeit zugerechnet und damit auch vergütet werden. Ruht zum Beispiel die Arbeit aufgrund einer betrieblichen Unterbrechung, weil etwa ein Computerprogramm lahm liegt, werden diese Ausfallzeiten der entgeltlichen Arbeitszeit zugerechnet.
Ebenso zählen kurze Erholungspausen bei Schicht- und Nachtdiensten zur Arbeitszeit. Nach den Erkenntnissen des Arbeitsschutzes ist der Ablenkungs- und Entspannungswert derartiger Kurzpausen erwiesen. Sie sollen daher während dieser belastenden Dienstformen als regelmäßige, kurze Unterbrechungen der Arbeit genommen werden dürfen. Schließlich sind die Tarifvertragsparteien gemäß § 7 ArbZG sind berechtigt, Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen zu Ruhepausen und Ruhezeiten zu vereinbaren. Ob diesbezügliche Sondervereinbarungen bestehen, kann bei der Personalvertretung oder dem Einrichtungsträger erfragt werden.