Adipositas gilt noch nicht lange als Krankheit, sondern wurde immer als gesundheitliche Störung, verursacht durch einen ungesunden Lebenswandel, eingestuft. Erst 2020 wurde sie als Krankheit anerkannt. Dieses Leiden nimmt vor allem in Industrie- und Schwellenländern seit Jahren zu.
Laut dem Obesity Update 2017 der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development bzw. Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) haben Übergewicht und Adipositas in den OECD Ländern (dazu gehören fast alle EU-Staaten, USA, Japan, Südkorea, Australien, Schweiz und die Türkei) das „alarmierende Ausmaß einer Volkskrankheit“ angenommen.
In Deutschland sind laut einer Erhebung des Robert Koch-Instituts 23 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen adipös.
Symptome und Folgeerkrankungen der Adipositas
Adipositas steht seit Jahren im Fokus vieler Gesundheitskampagnen, da sie ein bedeutender Risikofaktor für viele Volkskrankheiten wie Diabetes Typ 2, Schlaganfall, Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung, verschiedene Krebserkrankungen, Schlafapnoe, Gicht sowie gynäkologische Probleme bei Frauen und Potenzstörungen ist.
Abgesehen davon reduziert sie nicht nur die Lebenserwartung, sondern auch die Lebensqualität erheblich. Die Gewichtszunahme sorgt für fehlende Ausdauer, schnelle Ermüdung und Kurzatmigkeit.
Sie schränkt die allgemeine Beweglichkeit ein und kann Schmerzen in Knie- und Hüftgelenken und der Wirbelsäule verursachen.
Auch auf die Psyche hat Fettleibigkeit oft einen negativen Einfluss. Ein geringes Selbstwertgefühl, soziale Unsicherheit, Ängstlichkeit und Depressionen können die Folgen sein. Die Betroffenen suchen teilweise Trost im Essen, um den Stress zu bewältigen, was die Probleme weiter verstärkt.
Ursachen von Adipositas
Die Ursache ist nicht kompliziert: Der Körper erhält zu viel Energie aus der Nahrung und verbrennt zu wenig durch Bewegung. Dieser Energieüberschuss wird in Fett umgewandelt und in den Fettzellen gespeichert.
Allerdings ist die Bekämpfung von Fettleibigkeit nicht so einfach, denn auf die Frage, warum so viele von uns ständig zu viel Energie aufnehmen, gibt es viele Antworten.
Zunächst spielen familiäre Disposition und Genetik eine Rolle. Unsere Gene können dafür sorgen, dass wir eine Vorliebe für süße oder fettige Nahrung entwickeln. Auch eine Störung des Hungergefühls kann genetisch bedingt sein. Zwillingsstudien geben Hinweise darauf, dass der BMI einer Person grundsätzlich eher der der biologischen Familie ähnelt als der der Adoptivfamilie.
Auch unser Lebensstil begünstigt Adipositas, weshalb Fachleute von den Industrieländern als „obesogenic environment“ (Lebensbedingungen, die Adipositas förder) sprechen.
Viele Menschen arbeiten in Berufen, die wenig körperliche Anstrengung erfordern. Essen ist ständig verfügbar und wird oft nicht mehr selbst gekocht, sondern durch fett- und zuckerhaltige Fertiggerichte ersetzt.
Immer mehr Menschen haben das Gefühl, ständig unter Zeitdruck zu stehen. Schlafmangel ist für viele die Norm und so wird die Entspannung oft nicht beim Sport oder einem Spaziergang gesucht sondern vor dem Fernseher mit Bier und Chips als Begleitung.
Diagnose: Wie wird Adipositas festgestellt?
Die äußere Erscheinung kann bereits erste Hinweise auf Adipositas geben. Von Adipositas spricht man, wenn der Body Mass Index eines Menschen über 30 liegt. Dabei wird zwischen Adipositas Grad I, II und III unterschieden.
Menschen mit einem BMI zwischen 30 und 34,9 leiden an Adipositas Grad I, wodurch sie nach der Definition der Deutschen Adipositas-Gesellschaft bereits ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen haben. Ein BMI von 35 bis 39,9 bedeutet Adipositas Grad II und damit ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen.
Die Adipositas Grad III oder Adipositas Permagna beginnt ab einem BMI von 40. Bei diesem Grad treten häufig bereits weitere Symptome auf, wie Gelenkschmerzen, starkes Schwitzen oder Kurzatmigkeit.
Das individuelle Gesundheitsrisiko wird nicht nur vom Körpergewicht, sondern auch von der Fettverteilung bestimmt. Dazu wird der Taillenumfang gemessen: Ein Umfang von mehr als 102 Zentimetern bei Männern beziehungsweise 88 Zentimetern bei Frauen gilt als gefährlich.
Eine Blutdruckmessung oder ein EKG sind sinnvoll, um Folgeschäden wie zu hohen Blutdruck oder weitere Risikofaktoren im Bezug auf den allgemeinen Gesundheitszustand zu bestimmen. Auch bestimmte Blutwerte wie Blutzucker, Blutfett- und Harnsäure sollten erfasst werden.
Adipositas-Therapie
Die Therapie bei Adipositas ist oft langwierig. Meistens wird eine dauerhafte Ernährungsumstellung empfohlen, kombiniert mit mehr Bewegung. So soll eine nachhaltige Gewichtsabnahme erreicht werden. Allerdings sind solche Lebensstiländerungen für viele Menschen nicht auf Dauer umsetzbar, so dass das Gewicht zunächst sinkt, dann aber mit dem Rückfall in alte Lebensgewohnheiten wieder ansteigt – oft nicht nur bis zum Ausgangsgewicht sondern darüber hinaus.
Die Verantwortung hierfür wird oft immer noch bei den Betroffenen gesehen – fehlende Motivation, ungenügende Selbstdisziplin. Doch so einfach ist es nicht, denn wie weiter oben beschrieben, trägt zumindest in den westlichen Industrieländern die Umgebung nicht zur erfolgreichen Gewichtsabnahme bei.
Der Schlüssel zur nachhaltigen Abnahme ist also zunächst die Akzeptanz, dass man die neuen Gewohnheiten den Rest seines Lebens beibehalten muss. Der Körper hat keine Reset-Taste: Man kann nicht – obwohl es immer wieder versucht wird – mit einer Crashdiät in kurzer Zeit 15 Kilo verlieren und danach so weitermachen wie vor der Diät.
Ob Ernährung oder Bewegung: Sinnvoll ist es, neue Gewohnheiten in kleinen Schritten zu etablieren – das hält meistens länger vor als das Ziel, ab morgen ein anderer Mensch zu werden. Viele Krankenkasse unterstützen die Abnehmpläne, indem sie eine Ernährungsberatung oder zertifizierte Sportprogramme ganz oder zum Teil finanzieren.
Eine ärztliche Beratung vor dem Sport ist bei hohem Gewicht ein Muss: Nicht jede Sportart ist geeignet.
Bei sehr hohem Gewicht kann eine Verhaltenstherapie helfen, die Ursachen für das aktuelle Essverhalten zu ergründen und alternative Strategien zu erarbeiten. Ab einem BMI von über 40 kommen auch operative Maßnahmen in Betracht. Die gängigen Verfahren sind Schlauchmagen und Magenbypass. Allerdings sollte man sich darüber im klaren sein, dass auch diese Eingriffe nur dann langfristig helfen, wenn sich auch die Kalorienaufnahme ändert.