Rudolf Henke, Erster Vorsitzender des Marburger Bundes, warnte demgegenüber eindringlich vor der Substitution ärztlicher Aufgaben durch pflegerischen Einsatz. Seine nüchterne Bilanz der aktuellen Debatte um die Kompetenzverschiebungen im Gesundheitswesen: „Den viel zitierten Paradigmenwechsel erkenne ich nicht!“
In welchem Umfang eine Delegation, Allokation oder Substitution ärztlicher Leistungen überhaupt möglich ist, zeigten anschließend die führenden Gesundheitsrechtler Deutschlands auf, die erstmals im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung die gesetzliche Situation in den ambulanten und stationären Versorgungsbereichen diskutieren konnten.
Prof. Dr. Christian Katzenmeier (Universität Köln) rückte die Haftungsrisiken des Arztes im multiprofessionellen Zusammenwirken in den Vordergrund, während die Pflegerechtler Prof. Hans Böhme (FH Jena), Rechtsanwalt Robert Roßbruch (Institut für Gesundheits- und Pflegerecht), Prof. Dr. Volker Großkopf (KFH NW) und Rechtsanwalt Heinz Sträßner ihre Schwerpunkte auf die neuen strukturellen Grundlagen des arbeitsteiligen Zusammenwirkens zwischen Arzt und Pflegekräften legten. Die unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven der Referenten führten zu zahlreichen kontroversen Diskussionen zwischen Publikum und Podiumsvertretern.
Der zweite Kongresstag beschäftigte sich mit den neuen Entwicklungen zur Rechtslage der gesetzlichen Krankenversicherungen (insbesondere § 63 Absatz 3b und 3c SGB V) und wurde von Repräsentanten aus Ärzteschaft und Pflegekreisen gestaltet, unter anderem Ingrid Pawlick (Deutscher Hausärzteverband), Franz Wagner (DBfK), Bernd Tews (bpa), Stephan Baumann (VDAB) und Uwe Brucker (MDS). Auch hier zeichnete sich eine unterschiedliche Sichtweise ab: Während die Pflege bereit ist, sich in allen Sektoren den Herausforderungen neuer Aufgabenfelder zu stellen, verharren die ärztlichen Vertreter auf ihrem Standpunkt, nämlich: Delegation – ja, Allokation – nein.
Die Veranstalter – Prof. Dr. Volker Großkopf, FairCongress und der G&S Verlag – begrüßten an beiden Tagen jeweils circa 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Unterstützung erhielten die Organisatoren durch das Medical Data Institute aus Starnberg. Als Fazit des 1. JuraHealth Congresses ist festzuhalten: Es wurde explizit auf den erforderlichen politischen Handlungsbedarf zur Neugliederung der Aufgaben im Gesundheitswesen hingewiesen – und hierfür gab es vielfältige Anregungen und Vorschläge.