„Der Pflege fehlt das Personal“ oder „der Pflegenotstand ist erreicht“ sind Sätze, die derzeit oft fallen, wenn es um die Pflege in Deutschland geht. Auch Arbeitsmarktauswertungen, in denen die Relation von offenen Pflegepersonalstellen zu tatsächlich Arbeitssuchenden offenbart wird, machen immer wieder auf den akuten Fachkräftemangel im Sektor Pflege aufmerksam. Doch die nun veröffentlichte Simulationsrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) lässt noch einmal weiter in die Zukunft blicken und wirft Zahlen auf, die zu denken geben sollten.
Demnach könnten schon 2035 vier Millionen Menschen auf Pflege angewiesen sein. Die Zahl der Pflegefachkräfte müsste auf eine halbe Million ansteigen, um den Pflegebedarf bundesweit decken zu können – das sind rund 44 Prozent mehr als heute. Mit etwa drei Millionen pflegebedürftigen Menschen im Jahr 2015 hat sich diese Zahl im Vergleich zu 1999 bereits verdoppelt.
Die Pflegefallzahlen für 2035 wurden auf Basis der Auswirkungen des demografischen Wandels simuliert. Das Institut hat in einer zweiten Rechnung zusätzlich berücksichtigt, dass sich die Pflegebedürftigkeit zunehmend ins höhere Alter verschiebt. Dann kann man mit knapp 3,9 Millionen pflegebedürftigen Menschen in 2035 rechnen.
Bund und Länder sind gefragt
Für IW-Wissenschaftlerin Susanna Kochskämper ist klar: Hier sind nun Bund und Länder, aber auch Sozialhilfeträger und Kommunen gefragt, für bessere Rahmenbedingungen zu sorgen, um einen „Kollaps“ zu verhindern. Und dabei gehe es nicht nur darum, das Gehalt anzuheben. Auch bei der Weiterbildung von Pflegehelfern sowie in der Entwicklung der Digitalisierung als helfende Stütze müsse man ansetzen. Man könne auch nicht erwarten, dass diese Hürde ausschließlich von Angehörigen gestemmt werden kann – dies sei bereits heute ein „eher unrealistisches Szenario“, erklärt Kochskämper weiter.
Quelle: IW