Long Covid
Wenn die Tests einfach nicht mehr negativ ausfal­len wollen… Bild: Desiree Gorges

Long COVID steht für eine ganze Reihe von Beschwer­den, die nach einer Corona-Infek­tion länger als 4 Wochen anhal­ten, erneut auftre­ten oder neu hinzu­kom­men.

Halten die Beschwer­den länger als 12 Wochen an, spricht man auch von Post COVID.

Der Unter­schied bezieht sich also auf die Zeitspanne, inner­halb der die Beschwer­den auftre­ten. Darüber hinaus gibt es noch das Post-Vac-Syndrom, das gleich­ge­la­gerte Beschwer­den nach einer Impfung hervor­ru­fen kann.

#1: Häufig­keit von Long COVID ist schwer zu schät­zen

Long COVID existiert, so viel ist klar. Wie häufig es vorkommt, ist dagegen nicht ganz klar.

Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) gibt in seinem FAQ zu Long COVID eine Krank­heits­häu­fig­keit von 6 bis 15 Prozent an. Die Behörde weist im Vorfeld aber darauf­hin, dass die Studi­en­lage aufgrund metho­di­scher Unter­schiede und häufig fehlen­der Kontroll­grup­pen weiter­hin nicht zulässt, die genaue Häufig­keit verläss­lich zu schät­zen.

Auch die Betrach­tung von Vorer­kran­kun­gen und die Zeiträume, in denen die Symptome auftre­ten, spielen eine Rolle.

So zum Beispiel ergab eine Meta-Analyse von 10 briti­schen Studien eine Häufig­keit von Long COVID, die nach 4 bis 12 Wochen zwischen 3 und 13,7 Prozent, und nach 12 Wochen bei 1,2 bis 4,8 Prozent lag. Eine deutsche Studie geht von einer Häufig­keit von mindes­tens 6,5 Prozent nach 6 bis 12 Monaten bei überwie­gend nicht im Kranken­haus behan­del­ten Fällen aus.

Regel­recht eindeu­tig erscheint dagegen die neueste Erkennt­nis zu Post COVID aus Bayern: 18- bis 45-jährige Frauen sind demnach überpro­por­tio­nal häufig von Langzeit­fol­gen betrof­fen.

#2: Long COVID: Viele Symptome & Risiko­fak­to­ren

Die Symptome bei Long COVID sind vielfäl­tig und treten in unter­schied­lichs­ten Konstel­la­tio­nen und Zeitin­ter­val­len auf. Oftmals gehen die Beschwer­den wie eigen­stän­dige Krank­heits­bil­der einher oder lösen diese aus, was die Abgren­zung zusätz­lich erschwert. Als häufig auftre­tende Long COVID-Symptome gelten:

  • Atemnot und Husten
  • Fatigue und Belas­tungs­in­to­le­ranz, das heißt chroni­sche Müdig­keit und schnelle Erschöp­fung
  • Brain Fog: Gehirn­ne­bel, der sich in Gedächt­nis- und Konzen­tra­ti­ons­pro­ble­men und Schwin­del äußert

Darüber hinaus werden auch Herz-Kreis­lauf-Beschwer­den, Muskel­schwä­che, Autoim­mun­erkran­kun­gen, psychi­sche Probleme, Venen­throm­bo­sen, Unter­leibs­be­schwer­den und zahlrei­che andere Symptome den Langzeit­fol­gen zugeschrie­ben.

Umgekehrt sollen Vorer­kran­kun­gen wie Depres­sio­nen und Angst­stö­run­gen, Diabe­tes melli­tus oder Asthma und generell ein schwe­rer akuter Krank­heits­ver­lauf das Long COVID-Risiko erhöhen. Zusam­men­ge­nom­men bieten Symptome und Risiko­fak­to­ren also ein breites Vermi­schungs­po­ten­zial – und ergeben so ein sehr komple­xes und indivi­du­el­les Krank­heits­bild.

#3: Es gibt keine einheit­li­che Thera­pie

Kein einheit­li­ches Krank­heits­bild, keine einheit­li­che Thera­pie: Um die Mecha­nis­men von Long COVID zu verste­hen, muss noch viel geforscht werden. Das fängt beim Diagno­se­ver­fah­ren an, das sich derzeit an einer Leitli­nie orien­tiert, weil es noch keine eindeu­ti­gen Tests gibt, die Long COVID anzei­gen.

Es gilt aber auch für die Behand­lung der Symptome selbst, zum Beispiel dem „Brain Fog“, zu dem irische Forscher gerade heraus­ge­fun­den haben, dass er auf einer körper­li­chen Ursache basiert und durch eine gestörte Blutver­sor­gung im Gehirn das Bewusst­sein trübt. Solche Erkennt­nisse sind für die Entwick­lung geeig­ne­ter Thera­pie­an­sät­zen auch im Hinblick auf andere Virus­in­fek­tio­nen wichtig.

Bei Long COVID richtet sich die Behand­lung nach den Sympto­men. Somit überschnei­den sich diverse medizi­ni­sche Fachge­biete, wie zum Beispiel die Pneumo­lo­gie, Psycho­lo­gie oder Neuro­lo­gie. Die erste Anlauf­stelle für Betrof­fene ist in der Regel die Hausarzt­pra­xis, die die Behand­lung und Überwei­sung an Fachkol­le­gen koordi­niert.

Darüber hinaus gibt es deutsch­land­weit Spezi­al­am­bu­lan­zen und Kompe­tenz­zen­tren für Long COVID. 126 dieser Anlauf­stel­len listet zum Beispiel das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums auf seiner Long COVID-Seite. Eine Suche im Verzeich­nis der Deutschen Kranken­haus­ge­sell­schaft liefert unter dem Suchbe­griff Long COVID 76 Treffer.

#4: Die allge­mei­nen Auswir­kun­gen von Long COVID sind ungewiss

Long COVID kann die Lebens­qua­li­tät und Teilhabe der Betrof­fe­nen stark beein­träch­ti­gen. Wie sich das in Zukunft auf die Allge­mein­heit auswirkt, zum Beispiel auf den Arbeits­markt, kann derzeit kaum prognos­ti­ziert werden.

Einen Eindruck über das Ausmaß im beruf­li­chen Umfeld liefer­ten 2022 Zahlen der Techni­ker Kranken­kasse: Demnach fielen Versi­cherte, die von Long COVID betrof­fen waren, im Durch­schnitt 105 Tage aus.

#5: Long COVID: Die Zeit heilt viele Wunden

Viele Fragen zu Long COVID sind noch offen. In einem Punkt scheint die Fachwelt im Großen und Ganzen aber zuver­sicht­lich zu sein: Long COVID muss sich nicht zu einem lebens­lan­gen Leiden entwi­ckeln.

Verschie­dene Studien und Analy­sen weisen darauf hin, dass die Beschwer­den inner­halb eines Jahres nachlas­sen oder komplett zurück­ge­hen – nicht in allen Fällen, aber in vielen.

Wie sich zudem gezeigt hat, dauern psychi­sche oder neuro­lo­gi­sche Beein­träch­ti­gun­gen augen­schein­lich länger an als körper­li­che Beschwer­den. Wie lange Long Covid letzt­end­lich anhält, hängt also auch vom Schwe­re­grad und der Art der Beschwer­den ab.

Quellen: RKI, KBV, Die Zeit, Bayeri­scher Rundfunk, BMG